mehr oder minder prachtiger Ausslatlung gestifiet worden. So sieht man gleich auf dem ersten Blatt das ,Kyrie* mit sehr reichem Schmucke der Rander und der Initiale. Letztere, ein colossales M., wird auf dem schénsten Purpurgrunde von jenen geschmacklosen Schnérkeln gebildet, welche der antikisirenden Architektur jener Zeit eigen sind, und enthalt den reuig flehen- den David, welchem Jehovah erscheint. Der Rand zeigt an der Seite unter dem Namen des Stifters, mit der Jahreszahl 1569 und dessen Wappen, den Simson, welcher den Lowen zerreisst, unten aber in sehr widriger Weise Judith, welche dem Holo- fernes das Haupt abgeschlagen und in der Ferne der Sieg der Juden, als Reiterschlacht sehr lebendig in der Weise aufge- fasst, dass die Juden als Ritter, die Heiden als Tiirken ег- scheinen. Unter den tibrigen bemallen Seiten, deren einige von recht tiichtigen Kiinstlern herrihren, hebe ich nur die, mit dem sehr fantastisch aufgefasten Wallfisch’, welcher den Jonas ausspeiet, nebst einer schénen von Reben gebildeten Ini- tiale und die von einem Jana Lastowitzky.wegen des echt hussi- tischen Inhalts, heraus. Schon die Enthauptung Johannes des Taufers in. der Initiale bezieht sich hier offenbar als Vorbild auf den Martyrertod des Johann Huss. Auf dem Rande aber sieht man auf der Seite oben Wiklef, welcher mit Stein und Stahl Feuer angeschlagen, darunter Huss, der an dem brennenden Zunder ein Licht anztindet, endlich zu- letzt Luther, welcher die Fackelin seiner Rechlen an dem Licht des Huss angesteckt hat und in der Linken die Bibel halt. Sein Gesicht ist, offenbar absichtlich, ausgewischt. Der untere Rand enthalt endlich in einem grossen Bilde die Verbrennung des Huss mit einer grossen Zahl von Figuren zu Pferde und zu Fuss, unter welchen auch viele Mitglieder des Concils, ein sowoh] in den guten und mannichfachen Motiven, als in der Zeichnung verdienstliches Bild. Bei der Diirfiigkeit der deutschen Malerschule im Lauf des 17. Jahrhunderts ist es erfreulich das Verzeichniss wahrhaft aus- gezeichneter Maler um einige vermehren zu kénnen. Mathias Zymbrecht, oder Symbrecht, welcher, obwohl in Minchen geboren, in Prag den Ort fir sein Schaffen ge- funden, und auch dort im Jahre 1680 gestorben ist, dirfie alle deutschen Maler seiner Zeit an Reinheit und Adel des religidsen Gefiihls tibertreffen. In der formellen Schénheit der Kopfe und Leiber, in der Art der Composition, in dem guten Geschmack der Gewander erkennt man ein gliickliches Studium des Raphael. Mit diesen Eigenschaften vereinigt er in der Mehrzahl seiner Bilder eine warme und kréaftige Firbung. Eins seiner Haupt- werke ist das Martyrium des heiligen Stephanus auf dem Hoch- altare der Kirche dieser Heiligen zu Prag. Das religiése Ge- fiihl tritt indess noch reiner in zwei Bildern der standischen Sammlung eben da hervor, der Maria, welche Anna und Joachim lesen lehren, und der Heimsuchung Maria, in welchem letztern indess die Farben minder harmonisch gebrochen und kiihler sind, als gewohnlich. Johann Georg Heintsch, ein geborner Schlesier, wel- cher ebenfalls in Prag gelebt und dort auch [713 gestorben ist, schliesst sich als Kirchenmaler dem Zymbrecht wirdig an. Er hat sich besonders nach Screta gebildet, von welchem er sich indess durch eine mehr ideale Richtung und eine kithle, dem Guercino verwandte, nur im Ganzen hellere Farbengebung sehr wesentlich unterschcidet. Mit einer glitcklichen Anordnung ver- bindet er ein lebhaftes Gefihl fir Anmuth der Bewegungen, und fiir Lieblichkeit der Képfe von Frauen und Kindern. Seine Behandlung ist bald meisterlich breit, bald wieder sehr zart. Von seinen Bildern neme ich hier nur folgende: Christus, wie er zwOlfjahrig im Tempel lehrt, in der standischen Sammlung zu Prag. Der Kopf des Christus erinnert an Borgognone, der Ausdruck in der Maria und dem Joseph ist wurdig und leben~ dig. — Maria stehend auf einem Altar der Kirche zum Karls- hof in Prag, blass aber von edlen Formen und reinem Aus- druck. — Christus, von Engeln bedient, nachdem der Satan nach der Versuchung yon ihm gewichen, im Sommerrefecto~ rium des Klosters Strahow zu Prag. Von sebr origineller und ergotalicher Auffassung! Christus sitzt an einem Tisch, der von vielen anmuthigen Engeln reich mit Speisen besetzt wird, unter denen Christus sich eine Auster als wiirdigste Speise gewahlt hat. Ein Engel fliegt mit einer Schiissel, worauf ein grosser Krebs, herbei. Man wiirde sich aber irren, wenn man _ hier irgend eine Absicht diesen Gegenstand in’s Liacherliche zu zie- hen voraussetzte. Der Heiland ist vielmelir in Form und Aus- druck durchaus wiirdig, ernst und edel, die Engel ,voller Ehrfarcht. Auch in der ersten Halfte des 18. Jahrhunderts besitzt Boéhmen in dem 1686 in Prag geborenen Wenzel, Lorenz Reiner einen fir jene Zeit recht ausgezeichneten Kiinstler, der in der Vielseitigkeit seines Talents und der erstaunlichen Leichtigkeit seines Hervorbringens eine gewisse Verwandtschaft zum Luca Giordano verrath. Mit einer sicheren Vertheilung und Beherrschung grosser Massen verbindet er viel Sinn fiir Bewegung, und ein tiichtiges Nalurstudium im Nackten. Seine Képfe sind lebendig, dfter selbst edel, die Farbung in Ver- haltniss zum Gegenstande bald warm und kraftig, bald von féinem Silberton, immer aber klar. Die Fresco, wie die Oel- malerei behandelte er mit gleicher Meisterschaft. Der Sturz der Giganten an der Decke des Treppenhauses im Palast Czer- nin, ist ein Werk von einem ausserordentlichen Kraftaufwand und erslaunlicher Wirkung. Leider geht es mit diesem ganzen Palaste seinem Untergange entgegen. Vier Bilder in der stan- dischen Sammlung, welche darstellen, wie die Jesuilen bei der Verbreitung des Christenthums den Tod in allen Elementen, auf der Erde, in der Luft, im Wasser, wie im Feuer erleiden, eehéren zu seinen Werken von feinerer Ausbildung. Urkundliche Beitrige zur italienischen Kunstgechichte. (Vel. No. 47.) 3. Bau des Palastes Bentivoglio zu Bologna. »In der Versammlung der erlauchten Herren sechzehn Re- formatoren, am 12. November 1460. — Nach einhelliger Ab- stimmung mittelst der weissen Bohnen wird hiermit verordnet, dass Messer Sante de’ Bentivoglj fiir alle Gegenstinde und Dinge, deren er zum Bau seines Palastes bedarf, sci es dass er sie hier ausfiihren lasst, sei es dass er dieselben oder Theil der- selben aus der Bolognesischen Landschaft zum Behuf des Baues holen lassen muss, von jeder Steuerpflicht befreit sein soll, so dass er keinen Zoll und Eingangsrecht, weder ordentliche noch ausserordentliche, zu entrichten haben wird bis zur Vollendung der Arbeit und Ausstattung besagten Palastes, iiber welche Steuer- befreiung ihm das Decret in gehériger Form mitzutheilen ist.“ Aus dem Archivio del reggimento zu Bologna in G. Goz- zadini’s Memorie per la vita di Giovanni II. Bentivoglio, Bo- logna 1839, Urkunden No. I. Sante Bentivoglio, aus der Dunkelheit, in welcher er zu Florenz lebte, plétzlich zur Herrschaft iber seine Vaterstadt ge- langt, wie Machiavelli im 6ten Buche der Florentinischen Ge- schichte so anschaulich erzahlt, legte am 24, April 1460 den Grundstein zu dem grossen Palaste, dem leider nur kurze Dauer beschieden war. Einen geeigneten Bauplatz fiir denselben zu gewinnen, waren sechzehn Hauser neben den Bentivog]jsehen Wohnungen in Via dei Castagnoli angekauft und niedergerissen