Blatt die Darstellung zweier, an einem kleinen Gewasser ste-
henden, stark belaubten Eichen auf ebencr Flache, wahrend
man schon bei dem dritten Blatle, auf dem zwischen Buchen
hindurch ein Pfad in das Innere des Waldes fiihrt, einen Ueber-
gang zu den reicher ausgestatteten Landschaften bemerkt. Diese
beginnen wiederum mit einer héchst einfachen Studic, bei wel-
cher wir durch dic Scheunenihnlichen Baracken, welche auf
einer sich in den See erstreckenden Landzunge liegend, an
ahnliche Compositionen dlterer Meister, wie z. B. des Weirotter,
erimert werden. Diesem Blatle folgt eine ganz meisterhaft be-
handelte Winterlandschaft, deren dirrer, von Eichen und Buchen
gebildeter Waldrand, in dessen neblichtes Dunkel sich ein cin-
geschneiter, thauichter Fussweg verliert, und wo man, iiber die
beschneite Ebene hinweg, im Hintergrunde ein awischen trocke~
nen Stimmen liegendes Dorf erblickt, eine hohe geistige Auf-
fassung der Natur bekundet. Als Schluss dieses Heftes be-
trachten wir die Mondscheinlandschalt, auf der sich das Gew6lk
trib iber einem, sich bis in den Hintergrund verlierenden, mit
Schiffen besetzten Fluss ausbreitet und dessen Ufer zu heiden
Seiten zwischen Laubholz einige armliche Hitten tragen.

Wenn schon dic in diesem Hefte getroffene Wahl der Ge-
genstinde durch ihre mannigfache Abwechselung interessirt, so
wird das volle Interesse an diesen Blaltern wesenilich durch
ihre wahrhaft kiinstlerische Behandlung erhéht. Ausser der
Charakteristik des Einzelnen in den Linien, worin wir z2unachst
das genaue Verstindniss der Form erblicken, zeichnen sich
noch diese sechs Darstellungen durch ihre malerische Behand-
lung aus, die ganz besonders in den beiden letztgenannten
Blallern, und da wieder zumeist in der Winterlandschaft zur
Geltung kommt. Bei Betrachtung derselben vergessen wir leicht,
wegen des schénen Gleichgewichts in welchem ein jeder Ton
zu den tibrigen gehalten ist, dass wir es mit einer Darstellung
zu thun haber, deren Wirkung nur auf die Skala der zwischen
Weiss und Schwarz liegenden Tinten beschrankt ist. Eine
solche Wirkung aber konnte der Kiinstler nur durch die sichere
Beherrschung der technischen Mittel und ihrer entsprechenden
Verwendung erreichen, und indem er sich neben der Radirnadel,
	aur gréssern Weichheit und Abtonung des durch Schieifen der
	Platte hervorgebrachten fones, sowie durch die glucklich ge-
troffene Abstufung in den mehr oder weniger stark geézten
Ténen nur wenig der kalten Nadel bediente, zeigt er sich als
Meister auf diesem Kunstgebiet.

Vergleichen wir diese Arbeiten mit den in den Monats-
heften enthaltenen Jandschaftlichen Radirungen von L. Schon
und C. Grefe, so finden wir in ihnen, bei vielem Vortrefflichen,
trotz aller gewandten Technik und ungeachtet der Kenntniss
und Anwendung gleicher Mittel, dennoch nicht so durchgangig
diesen Grad der Meislerschatt.

Jedes dieser ftinf Hefte, aus zwei Blaltern bestehend, ent-
halt eine Arbeit von beiden Kiinstlern. In ihnen herrscht simmt-
lich mehr ein ausserliches Streben nach Effekt, welches durch
ein scharfes Abgrinzen von Licht und Schallen, besonders im
Laub der Baume unangenehme Harten erzeugt, und zwar findet
sich dies besonders in mehreren Veduten von L. Schén. Wir
nennen die Gegend ,bei Bruck an der Leitha“, da hier die
Licht und Schatten vermittelnden, zarteren Tine im Laub der
Biume fast ganzlich mangeln, wahrend hei der ,Ueberschwem-
mung im Prater“ noch zu diesem Mangel cine in gewisser Be-
лето kleinliche Behandlung des trockenen Baumgeistels hin-
zukommt, was, bei der sonst irefflichen Ausfihrung des Uebri-
gen, #. В. der im Vorgrunde liegenden, malerisch behandelten
Schiffstriimmer, die Gesammtwirkung stort. Nachst den klei-
neren Darstellungen, welche eine Ansicht , bei Erdberg an der
Donau* und von ,Kaltenleutgeben in Wien* enthalten, bei denen
	 

die beregien Mangel weniger hervortreten, finden wir das Bild
aus der ,Tabor-Au“ unzweifelhaft das beste; es stellt sich in
Form und Farbung den Arbeiten van Haanen’s wirdig an die
Seite, und so beruhen die berihrten Mangel der erstgenannten
Blatter auch mehr auf einer nicht zweckentsprechenden Ver-
wendung der gebotenen Mittel, als auf Fliichtigkeit in der viel-
mehr fleissig durchgefiihrten Behandlung, oder auf Missver-
stehen der Form; hauptséchlich aber fehlt den Arbeiten das
wahrhaft Malerische der Darstellung, was jedoch bei fernerer
Uebung in der Technik und somit bei ausdauerndem Streben
erreicht werden kann.

Was die Arbeiten von C. Grefe betrifft, so zeigt sich in
ihnen eine ausserordentliche Gewandtheit in Fihrung der Nadel,
die zugleich durch grosse Zartheit der Behandlung erfreut.
Dennoch aber treten auch hier stérende Hirten schroff zu Tage,
und wahrend auf dem sonst so vortrefflichen Blatte , Gulp-
higel an der Brithl* der Vorder- und Mittelgrund mit einer
gewissen Meisterschaft behandelt ist, so erscheint dagegen der
Hintergrund fest und massig; so auch finden sich, trotz des
stark angewandten aufgeschliffenen Tones, arge Harten im Baum-
schlag bei der ,Parthie vom Lichteneck nachst Forchtenheim“,
und hier scheint uns diese Stérung besonders darin zu beruhen,
dass der Kiinstler nicht sorgfaltig genug beim Aetzen der Platte
verfahren ist, wodurch denn die Schatten zu tief im Verhaltniss
zu den Lichtténen hervortreten. Andere Blitter dagegen sind
von vortrefflicher Behandlung; so wtirden wir die Gegend ,bei
Gloggnilz* vollendet nennen, wenn nicht auch hier im Hinter-
grunde sich einzelne Hirten fanden. Besonders aber ist es
eine gewisse Manier in der Darstellungsweise, in der sich der
Kistler zu gefallen scheint und vor der wir ihn freundilich
warnen méchten, indem durch sie leicht das Charakteristische
ausartet und entweder zur Karrikatur der Natur oder zur All-
gemeinheit und Verflachung fihrt. Dies fiel uns ganz besonders
bei Betrachtung des sonst so vortreffiichen Blaltes ,Weg zum
Brandhof* auf, bei welchem die dort angebrachten Fichten und
Kiefern in ihrer, dem Charakier des Nadelgehdizes fremden,
rundlichen Behandlung sich schon von der Natur entfernen.

Das bereits oben, tiber die Arbeiten von L. Schén, aus-
gesprochene Urtheil, findet nun auch im aligemeinen’ seine An-
wendung auf die von ihm nach der Natur gezeichneten und
radirten Landschaften“, wenngleich hier in einzelnen Blattern
eine gréssere Gewandtheit und wahrere Auffassung der Natur
nicht zu verkennen ist, die bei einer noch ruhigeren Behand-
lung des Gegenstandes noch mehr zur Gellung kommen wiirde.
Unter diesen Blattern miissen wir die Parthieen beim , Jettle-
Зее“ und bei ,Flinfkirch in Ungarn*, die ,Ueberschwemmung
im Prater im November 1849%, und ,,Niisdorf* als besonders
gelungen hervorheben. Eine zu dieser Folge gehérende Dar-
stellung von dem im Jahre 1848 zeririimmerten Wien am
Schiitt* in welcher die Ausfiihrung der Architektur erfreut,
fiihrt uns zur Betrachtung der vom Kiinstler radirten EKinzel-
blatter, bestehend in einer Landschaft nach J. Ruisdael, einer
»Praterstudie“, einer Ansicht von der ,,Brigitten- Au“, einer an~
deren, der ,,Brandstatte in Wien vom Jahre 1848% und in zwei
sehr kleinen Blattchen mit Ansichten aus der ,Umgegend bei
Oedenburg *.

Nachst dem besonderen Inleresse, welches cin Theil dieser
Darstellungen gewihren michte, zeichnet sich dic durch Brand
und Kugeln zerstérte Architektur (Brandslatte in Wien), die
wohl geeignet ist, ein treffliches und wahres Bild von der hier
staltgehablen Verwiislung zu geben, durch ihre gediegene kitnst-
lerische Behandlung und technische Vollendung vortheilhaft aus.
Weniger interessant ist die Praterstudie, da sie ausser. drei,
keinesweges sehr malerischen Baumstimmen und wenig Hinter-