Harmonie und Ригево 9ипо е5ег beiden enlgegengesetzten
Welten auf keine Weise vollstandiger, inniger und nachhaltiger
zu Stande komme, als in der Handlung, in der That. In der
Kunst, hat man deshalb ganz richtig gesagt, steht Alles
unter dem Princip der Handlung. Die Handlung, sagt
Jean Paul einmal, malt eine Gestalt am besten. Denn die
Bedeutung der Handlung liegt eben darin, dass die Aeusser-
lichkeit ganz und vollsténdig ein Ausdruck der Innerlichkeit
werde, dass sie so zu sagen ganz durchgeistet und vom Willen
des Menschen durchweht und durchdrungen sei; und dass auf
der andren Seite, das Subjekt, die Innerlichkeit nun auch ganz
in die Wirklichkeit, in die Aeusserlichkeit des Geschehenen
tbergehe. Sind dies nun nicht aber die Elemente auch zugleich
aller und jeder kiinstlerischen Darstellung? Besteht nicht auch
diese nur in einer vollstandigen Durchdringung des Sinnlichen,
der Erscheinung durch das Subjektive des Geistes? Ist sie
etwas anderes als eine in der Erscheinung sich vollistandig dar-
stellende und darin gleichsam aufgehende Innerlichkeit? In
beiden hat die Erscheinung ihren Werth nur als begeistete, die
Subjektivitét schlechthin nur als erscheinende. Diese Ueber-
einslimmung ist in der That tiberraschend, sie wirft ein neues
Licht auf die Bedeutung der dramatischen Malerei. Dass es
unbedacht sei, vielleicht nur wegen einer zufalligen Ideenasso-
ziation die dramatische Weise der Darstellung herabzusetzen
oder gar von der Malerei ganz ausschliessen zu wollen, wird
ein Jeder leicht zugeben. Aber aus jener Uebereinstimmung
des Begriffes der Handlung mit den Elementen jeder malerischen
Darstellung, folgt noch bei weitem mehr und Wichtigeres; es
folgt daraus die Bestimmung, dass das Wesen der Malerei im
Allgemeinen als ein dramatisches bezeichnet werden kénne.
Die Malerei ist in der That die dramatische unter den bil-
denden Kiinsten, und eben darum ist sie die vollendetste. Wenn
die Architektur in ihren grossen Kunstwerken uns die Substanz
des Gedankens als eine gewaltige objektive Macht gegentiber-
stellt, so lasst sich dies aus mehr als einem Grunde als eine
epische Kunstweise betrachten, indem auch das Epos in objek-
liver , rein gegenstindlicher Weise und obne allen naheren Bezug
auf die Persénlichkeit seine Gebilde hinstellt. Die Skulptur, in-
dem sie die auf sich selbst bezogene Persénlichkeit, das nach
innen gekehrte und vollstandig abgeschlossene Subjekt in seiner
beschaulichen Isolation darstellt, ist rein lyrisch, indem gerade
der unbehinderte Ausdruck der auf sich selbst gestellten Per-
sonlichkeit mit allen ihren rein subjektiven Empfindungen und
Gefiihlen den Gegenstand der Lyrik ausmacht. Dramatisch da-
gegen wird die bildende Kunst erst in der Malerei, indem hier
zum ersten Male die ganze durch den menschlichen Willen zu
bestimmende Aeusserlichkeit, die Welt der Erscheinung dar-
gestellt werden kann, in der dann das Subjekt thatig schaltet
und waltet; der Mensch selber tritt dem Menschen hier gegen-
ber, die dargestellten Individuen gerathen in mannigfaltige Be-
ziehungen; es trilt eine Verschiedenheit der Interessen hervor,
welche lebendige und wahrhafte Konflikte erzeugt, wie sie keine
andre der bildenden Kiinste darzustellen vermag. Dies alles
aber sind rein dramatische Elemente; alle thitige Beziehung
verschiedener Subjekte, die ihre wesentlich verschiedenen In-
teressen gegeneinander geltend machen, ist dramatisch und ge~
rade dies ist es, was die malerische Darstellung vor allen an-
	deren voraus hat. (Schluss folgt.)
	Die netesten Werke der Malerei in Minchen.
Von Dr. Ernst Firster,
	Г.
(Fortsetzung.)
	Hin zweiltes Unternehmen, dessen Ausfihrung unter Konig
Ludwig begonnen, das aber von Kénig Maximilian tibernommen
worden, ist ,,das Nibelungenlied“ in dem Neuen Kénigsbau. Das
Werk ist fortgeschritten bis zum vierten Saale (Saal der Rache),
in welchem die Kampfe in der Burg Ezels und der Untergang
der Helden dargestellt sind. Schnorr ist, leider, durch ein
Augeniibel verhindert gewesen, sein Werk selbst zu fordern.
An seiner Stelle hat im Laufe des nun verflossenen Sommers
Dir. G. Jager aus Leipzig gemalt. Das Bild, das er tiber die
Halfte vollendet, nimmt eine ganze Wand ein und schildert den
Tod Kriemhildens. Die Scene geht in einer Halle des Palastes
vor, in welche man von einem Saulengange uber eine breite
Treppe herabstcigen kann, und in die eben der verhiillte Leich-
nam des von Kriemhilden erschlagenen Kénigs Gunther herab-
getragen wird. Unten liegt das zweite Opfer von Kriemhildens
Rache, Hagen, ermordet am Boden, und uber ihm sinkt diese
seine Todfeindin, die eben noch triumphirend den Fuss in seinen
Nacken gesetzt, getroffen vom Schwerte Hildebrandts, der den
Mord der Helden nicht ertragen konnte, zusammen und in Ezels
Arme; Hildebrandt steckt, noch ganz in Aufregung des fiirchter-
lichen Zornes, sein Schwert wieder in die Scheide, wahrend
sein Zégling, Dietrich von Bern, an der andern Seite der Halle,
in Schmerz versunken, dem tragischen Ausgang des grossen
Ereignisses nachsinnt.

Erschiitternd und doch beruhigend ist der Eindruck dieses
Gemaldes, das auch im Ernst der Farbe und Haltung dem Ge-
genstand ganz entspricht. Ueberhaupt tragt der ganze Saal mit
seiner purpurrothen Decke und mit allem Ornament das Geprage
finsterer und verhdngnissvoller Begebenheiten, zu denen kein
Strahl der Freude dringt, und auf eigenthiimliche Weise hat
Schnorr auch durch die Conception und Anordnung der Bilder-
folge die Wirkung gesteigert. Er hat namlich nicht die Scenen
aneinander gereiht, wie das Gedicht sie eime nach der andern
bringt, sondern es ist der Gedanke der Rache, der, immer von
Neuem anfangend, immer an dasselbe Ziel kommt, bis endlich
der Racherin selbst ein Ziel gesetzt wird. Den Mittelpunkt der
Decke nimmt ein Bild ein, in welchem die wahrsagenden Do-
naunixen, von Wogen umfluthet, wieder erscheinen, um an das
durch sie verkindete Wort vom Untergang der Helden zu er-
innern. Dieses Bild ist eingefasst mit den Wappenschilden der
Helden. Zwei Stichkappen, sich gegenitiber, enthalten Thierge-
stalten, deren Bedeutung im Grundmotiv des ganzen Nibelun-
genliedes zu finden ist, ein Lowe (Hagen), der den Adler (Sieg-
fried) wirgt, und ein Drache (Kriemhild), der den Lowen mit
der Zunge durchbohrt. Auf dem blutrothen Deckengrunde er-
scheinen sodann vier kleinere Gemilde von Kriemhildens Rache,
wie sie die Hunnen um Beistand anfleht, wie sie dieselben mit
Geld gewinnt, wie sie sie zum Schlossbrand anfiihrt und wie
sie zuletat dem gefesselten Hagen das Schwert Siegfrieds aus
der Scheide zieht, um ihn unter Vorhaltung des abgeschlagenen
Hauptes von Gunther zu ermorden. Nun folgen vier Lunetten
mit Darstellungen in etwas grésserem Maass: wie Hagen den
Reisepfaff tiber Bord wirft, weil er nach der Wasserfrauen
Prophezeihung der einzige Ueberlebende sein sollte; wie Kriem-
hild und Ezel die Nibelungen als Gaste empfangen; wie Ridiger
зешез Gegners Hagen durchléchertes Schild durch ein neues
ersetzt, und wie Kriemhild die beiden Todfeinde Gunther’ und
	Hagen gefesselt neben ihrem Throne liegen halt. Vier Thuren

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