19 dern weil es darstellbar, fiir die schéne Darstellung geeignet und mit der kiinstlerischen Schénheit verwachsen ist.“ Ferner S. 177 in ganz bestimmter Beziehung auf die ge- schichtlichen Gegenslande der Kunst; ,der Kiinstler wird nur zu solchen Gegenstanden greifen, die innerhalb der Bedin- gungen eines bestimmten Faktums, bestimmter Persénlichkeiten, einer bestimmten geschichtlichen, wie allgemein menschlichen Bedeutung zugleich auch die Bedingungen malerischer Schénheit enthalien und den gewinschten Eindruck 4sthe- tischer Erregung und Befriedigung versprechen. Der Maler malt ja nicht Geschichte, weil sie Geschichte und als solche ebrwiirdig und nitzlich ist; sondern er nimmt seine Gegenstande aus ihr, nur insofern sich in ihnen die Idee des Schénen erkennen lasstund sie selbst sich zu kiinst- lerischer Darstellung eignen.“ Und wenn Hr. Dr. Menzel im beabsichtigten, sehr stark betonten, Gegensatze zu meinen und den Berliner Kunstansichten tiberhaupt am Schluss seij- ner Beurtheilung ausruft: ,Weder das kunsigeschichtliche In- teresse am Meister, noch das geschichtliche Interesse des ш- halis vermag einem Bilde wahren Werth zu geben, dieser kann nur in seinem specifischen Kunstwerth liegen,“ so kann ich darin nichts anderes finden, als was ich selbst mit den Wor- ten ausgesprochen habe (S. 72.): ,,das Kunstwerk — ist als Kunstwerk nichts werth, wenn es durch etwas Anderes, als durch die Kunst gefalit. Gut ist es nur, wenn es nur durch die Kunst gefallt.“ Dies die mir gemachten Vorwiirfe. Mit denen, die zum Schluss unserer guten Stadt Berlin und ihren Kunstansichten ge-— macht werden, verhalt es sich nicht viel anders. Dass ,das Ber- liner Museum in Bezug auf schéne Bilder mit den Gallerien in Dresden, Minchen, Wien, Paris u. s. f. nicht konkurriren kann, ist ein allerdings trauriges, zugleich aber auch unverschuldetes Faktum; dass man nun aber in Berlin, wie Hr. Dr. Menzel 8, 279 meint, ,den Mangel des Schénen durch das vergétterle Geschichtliche zu ersetzen trachte,* dies ist ein Vor- wurf, der mir, in solcher Allgemeinheit ausgesprochen, ungerecht za sein und auf einer Téuschung oder einem Missverstandnisse gu beruhen scheint. Das Herder-Zimmer im Schlosse zu Weimar. Bekanntlich sind vier Zimmer im grossherzoglichen Schlosse zu Weimar dem Andenken der vier grossen Dichtergenossen aus der Zeit Carl August’s gewidmet. Schiller“ und ,,Géthe« sind von Neher bearbeiiet, ,Wieland’s* Zimmer hat Preller mit Landschaften geschmiickt, zu denen Oberon die Staffage geliefert, das ,,Herder“- Zimmer, das letztvollendete in der Zeit- folge, verdankt seinen Hauptinhalt dem Maler Gustav Jager, Director der Kunstschule in Leipzig. Die ihm angewiesenen Raume beschranken sich auf ein etwa 4} Fuss hohes rings um- laufendes Fries, davon jede der vier Seiten (zwei schmale, zwei breite) in drei Felder getheilt wurde. Gegeniiber dem unbegrenzten Raume, auf welchem sich denkend, dichtend und handelnd Herder bewegte, erscheint es fast unmdglich, inner- halb der gegebenen Schranken nur bis zur Andeutung des Noth- wendigen zu kommen: ich glaube, dass es Jagern durch eine glickliche Conception gelungen ist, die Hauptziige seines Dich- ters zu fassen, so dass wir etwas Wesentliches nicht vermissen werden. _ Dem Mittelbild jeder Wand gab er einen allegorischen In- halt und gewann damit das Mittel zur Bezeichnung der ver- schiedenen Richtungen von Herders literarischer Thatigkeit: nach Griechenland und dem Orient, nach Dichtkunst und Geschichte, nach U Sa ge U C nd L 5 ere е und nach d с The h gre anita Gegensaize“ der Zeiten darzustellen und zu einer lebendigen konkreten Anschauung zu bringen. Dabei hat man aber nicht bedacht, dass von einer abstrakten Existenz solcher Gegensatze in der Geschichte iiberhaupt gar nicht die Rede sein kann; dass die Ideen in der Geschichte ja nicht nackt gleichsam um- herfliegen, sondern dass sie immer und ohne Ausnahme, wo sie nur auflreten, auch sogleich zu einer realen, konkreten, sinnlichen Erscheinung gelangen, die eben nur ihnen eigen- thiimlich und deshalb auch charakteristisch und zu kinstlerischer Darstellung wohl befahigt ist. In der Geschichte leben und existiren die Ideen nur in sofern, als sie Gestalt und Form gewinnen, und nur in sofern sie sich in threr iusseren Erschei- nung erkennen und fassen lassen, nur in sofern kann man von ihrem Leben und ihrer Wirksamkeit in der Geschichte spre- chen. Was Ranke einmal sagt: ,,Es ist zuweilen als traten die Ideen, welche die Dinge bewegen, die geheimen Grundlagen des Lebens, einander sichtbar gegeniiber“, das, glaube ich, konnte man fiiglich von allen Ideen in der Geschichte sagen. Denn es scheint mir jede Idee in der Geschichte sich sogleich in bestimmte Erscheinungsformen umzusetzen und zu verkor- реги; sie beseelt Persdnlichkeiten und Individuen, denen sie dann auch ihre eigene Bestimmtheit, ihren eigenen Charakter aufdriickt; sie bildet sich durch in ganzen Nationen, Stammen und Sténden, in besonderen Kreisen des Lebens und der Ge- sellschaft; sie ruft besondere Zustinde und Verhaltnisse hervor, denen sie auch eine entsprechende Weise der Erscheinung mit- Мей. Eben so werden die Gegensatze solcher Ideen, ihre Kaémpfe und Konflikte, nur durch und an Individuen, ihre Ver- miltelung und Einigung nur durch Umgestaltung von Zustanden und Verhaltnissen realisirt. Ein abstraktes Verhiltniss, ein dialeklischer Kampf oder eine spekulative Losung derselben exi- stirt gar nicht. Dies Alles aber ist darstellbar und die Malerei kann die Ideen der Geschichte, ihren Kampf und ihre Verséh- nung zur Erscheinung bringen, ohne ihren Bereich der sinn- lich-kiinstlerischen Anschauung auch nur auf einen Augenblick verlassen zu dirfen. — Dies die Méglichkeit einer wabrhaft dra- matischen Geschichtsmalerei; die Wirde und die kunstgeschicht- liche Bedeutung derselben stellt sich nach dem Vorhergehenden von selbst heraus. Es sei mir bei dieser Gelegenheit gestattet, hier elnes mir von Herrn Dr. Wolfgang Menzel gemachten Vorwurfes zu er- wihnen , den ich, wenn er mich wirklich trafe, als einen sehr ge- grideten und gerechten anerkennen wiirde, und dessen ich hier um so eher gedenken darf, als derselbe, wenn er gerecht ware, zugleich die ganze Kunstgattung treffen wirde, auf welche in den obigen Zeilen Bezug genommen ist. Hr. Dr. Menzel sagt nim- lich in einer Beurtheilung meines oben angefithrten Buches (Lite- raturblatt v. J. 1848. No. 70. S. 278) in Bezug auf mich wortlich: „Е thut uns aufrichtig leid einem Schriftsteller tber die Kunst, der in jeder Hinsicht heweist, dass er bona fide schreibt, sa- gen zu miissen, er habe das Ziel der Kunst verfehlt, wenn er ein anderes fiir méglich halt, als — die Schénheit. Von der Schénheit aber spricht er gar nicht. Er spricht immer nur von der Verséhnung des Objektiven und Subjektiven im geschichtlichen Faktum u. s. w.“ Ich freue mich sehr, mit dem wohlwollenden Beurtheiler trotz mannigfalliger anderweiti- ger Differenz unserer Ansichten, in dem Einen ganz tiberein- stimmen zu kénnen, dass die Schénheit das einzige Ziel der Kunst sei. Um so mehr muss ich es aber bedauern, dass demselben mehre Stellen meines Werkchens, in denen gerade dieselbe Ueberzeugung, und zwar in sehr bestimmter Weise ausgespro- chen wird, entgangen zu sein scheinen. So S. 69: Die Kunst stellt nicht dar, weil etwas gut, moralisch, tugendhaft ist, son-