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	die Hauptschwierigkeit, die Bezeichnung der Humanitat als der
Verwirklichung des Princips der reinen Menschlichkeit, durch
die gewahlte Darstellung nicht gehoben ist. Glticklich ist die
Wahl des ,,barmherzigen Samariters* fir eines der Seitenbilder,
indem hier nicht nur die Humanitét im reinsten Lichte erscheint,
sondern auch noch durch die tiefen Schatten der Inhumanitat,
welche Levit und Hoherpriester werfen, bedeutend gehoben
wird. Ebenso gliicklich ist die Wahl des theologischen Bildes,
der ,, Transfiguration auf dem Berge Tabor“, um das tibernattir-
liche Wesen Christi auf das Sprechendste zu bezeichnen. Die
Anordnung isi, so dass Moses und Elias von der Linken heran-
schweben, wahrend die drei Aposte] zur Rechten Christi kniend
emporschauen, dieser aber, beide Arme erhoben ausbreitend,
von einer Glorie umflossen, aber auf festem Grunde, vor ihnen
steht.

Der Kindruck, den diese Gemilde machen, ist durchaus
еде] und wohlthuend; sie entsprechen ganz dem klaren, milden,
allem Ausserlichen Schein abholden, in Empfindung und Aus-
druck wahrhaftigen Geiste Herders. Allerdings kommt ihnen
die Neuheit der Aufgabe zu Statten; denn nur selten dirfte
Herder von der bildenden Kunst in Betracht gezogen sein; aber
auch davon abgesehen leuchten die Verdienste von Jagers Werk:
srosse Einfachheit der Composition, klare und geschlossene
Anordnung, Schénheit der Formen und in den Bewegungen ein
sehr gehaltenes Maass; in der Farbung ist es licht und leicht
und harmonisch ohne stark wirkende Farben und Gegensatze,
ohne Manier aber auch ohne die Absicht der Naturnachahmung ;
die Behandlung gleichfalls nicht auf den natirlichen Effect des
tauschenden Hervoriretens gerichtet, mehr im Sinne des Bas-
reliefs (wie es fiir einen Fries sich gehért) als des Hochreliefs
gehalten, das der Naturalismus erfunden.

Soviel mir bekannt, wird eines der Bilder (Poesie und Ge-
schichte) nichstens im Kupferstich herauskommen; méchten ihm
bald die andern, wenigstens der Sophronios, folgen!

Ausser diesen Gemalden enthalt das Zimmer an Kunst~
werken noch zwei Sculpturen: die Biste Herders von Ludwig
Schaller und ,die Andacht“, eine knieende weibliche Kinder-
gestalt von vy. Hoyer, beide aus Marmor von Carrara. ef.
	Messingschnitt und Kupferstich des Muittetaiters.
	Im Deutschen Kunstblatt, 1850, No. 17. 8. 100. und ferner
No. 26. S. 206. bespricht Kugler wiederholt die kunstreichen
,bronzenen Grabplatten des Mittelalters*, nachdem er die~
selben schon frither in seiner Pommerschen Kunstgeschichte,
1840, (Balt. Stud. VIII. 1.), S. 179., und in seinem Handbuch
der Kunstgeschichte, in beiden Aufl., S. 592. und 622., auf
dieselbe Weise behandelt hat. Es geht aus allen diesen Stellen
unbezweifelt hervor, dass Kugler, und mit ihm gewiss viele
Kunstfreunde, alle mittelalterlichen, metallenen Grabplatten fir
Werke einer und derselben Kunstthatigkeit oder Fertigkeit halt:
der Beweis liegt schon darin, dass er die im Kunstblatt No. 17
von ihm angezeigten, jiingst in Holzschnitt herausgegebenen
140 englischen Monumente fiir gleiche Arbeit mit den bertihmten,
auch von ihm besprochenen, norddeutschen Kunstdenkmalern
halt, obgleich diese vollig verschieden von jenen sind, und es
jetzt scheint, als wenn England kein Denkmal in der bekannten
norddeutschen Kunstweise aufzuweisen hat.

Die Gleichstellung aller mittelallerlichen metallenen Grab-
platten ist aber durchaus unrichtig und hat einen héchst schad-
lichen Einfluss aut die deutsche Kunstgeschichte, indem eine
scharfe Scheidung wid Beobachtung viel wichtiger ist, als
es auf den ersten Blick scheinen mag, ja eine absolute und
	grosse Wichtigkeit hat. Man muss die mittelalterlichen me-
tallenen Grabplatten sowohl nach dem Metall, als nach der
Art der Arbeit strenge in mehrere Classen scheiden, von
denen jede, wie es scheint, einen bedeutenden neuern Kunst-
zweig hervorgerufen hat.

In den norddeutschen Landern, so weit der Ziegelbau reicht,
fehlt es fast ganz an jenen monumentalen und decorativen Stein-
bildern, welche in Siiddeutschland itberall stehen; es giebt nur
wenige Beispiele, dass sleinerne Statuen zum Schmuck der
Architektur benutzt worden waren; in Libeck findet man z. B.
einige Beispiele in und an den Kirchen zum Heil. Geist und
S. Katharinen; in Mecklenburg ist dagegen kein einziges Bei-
spiel bekannt. Eben so verhalt es sich mit den Grab -Monu-
menten mit ganzen Figuren, die nie in Stein, sondern nur in
einzelnen Beispielen in Messingguss erscheinen, z. В. im
Dome zu Liibeck die Statue auf dem Grabe des Bischofs Hein-
rich von Bokholt (+ 1341) und in der Dominikaner- oder
Schwarzen-— Kloster -Kirche zu Wismar die Statue auf dem Grabe
	der Herzogin Sophie von Mecklenburg (+ 1504); eine andere,
die friher auf dem Grabe des Bischofs Gottfried v. Bilow
(¢ 1314) im Dome zu Schwerin stand, ist im 14. Jahrh. von
dem Grabe genommen und im vorigen Jahrh. eingeschmolzen.
Dagegen ward durchgehends Eichenholz mit Gold- und Farben-
schmuck zu Statuen in Altaren, Tabernakeln etc. verwandt.

So glatt nun, wie die Wande der Ziegelbauten, sind auch
alle Denksteine. Man nahm in den altesten Zeiten grosse schwe-
dische Kalksteinplatten und grub die fiir die Denkmaler be-
stimmten Darstellungen mit Linien in den Stein. Die nérd-
lichen Lander besitzen viele vortreffliche Arbeiten dieser Art,
jedoch kein einziges Relief aus alter Zeit, dh. bis zum An-
fange des 16. Jahrhunderts.

Zur Zeit der héchsten Ausbildung des Spitzbogenstyls und
aller ihn begleitenden Kiinste kamen aber im nérdlichen Deutsch-
land zur Herstellung von Grabplatten die beiden Kiinste zur An-
wendung und Ausbildung, die ich in der Ueberschrift an die
Spitze dieser Zeilen gestellt habe.

Ich muss naémlich gegen Kugler entschieden in Abrede
nehmen, dass es in Norddeutschland ,bronzene* Grabplatten
gebe; ich glaube nicht, dass hier die ,Bronze* je zu Grab-
platten in Anwendung gekommen ist. Ferner muss entschieden
verneint werden, dass die grossen Grabplatten, welche Kugler
meint, ,gravirt® geien, insofern man unter Graviren die Dar-
stellung eines Gegenstandes durch Eingrabung der Umrisslinien
in die volle Platte versteht.

Dagegen entstand im 14. Jahrh. in Norddeutschland eine
neue Kunst, welcher man keinen andern Namen als Messing-
schnitt geben kann und der im 15. und 16. Jahrh. auch wohl
in Stein nachgeahmt ist. Alle jenen berihmten, grossen Grab-
platten, welche Kugler bespricht und meint, sind namlich alle
aus Messing, nie aus Bronze, weil Bronze und Kupfer fiir
diese Darstellungsart viel zu weich sind; ferner sind die Dar-
stellungen nicht durch eingravirte Umrisslinien, sondern durch
Aussparung der ganzen Bilder zur Anschauung gebracht.
Es sind Messingplatten, auf deren polirter Oberflache die
darzustellenden Gegenstande mit starken Umrissen abgegraben
wurden und in glatter, gleicher Fliche stehen blieben, der
Grund dagegen bis zu einer gewissen Tiefe durch Schaben oder
Graben vertieft, das Darzustellende also durch Aussparen zur
Anschauung gebracht ward. Man kann diese Arbeit nicht anders
als Messingschnitt nennen und sie ist dieselbe, die noch heute
bei Wappen ete. in der Buchdruckerei angewandt wird. Das
Verfahren bei dem Messingschnitt ist also wesentlich dem
Verfahren bei dem Holzschnitt gleich, und es ist mehr als
wahrscheinlich, dass in diesem Messingschnitt die erste Veran-