Es liegt also auf der Hand, dass die Scheidung der nord- deutschen metallenen Grabplatten in Messingschnitt- und Kupferstich-Platten von der altergréssten Bedeutung fiir die Geschichte der Entwickelung der deutschen Kunst ist. Von Kupferstich finden sich selten ganze Platten. Ge- wohnlich sind einzelne Theile des Grabmonuments, wie die Figuren der Verstorbenen, Schilde, Helme, Inschriftstreifen etc., ausgeschnitten, gravirt und dann in Verliefungen des Leichen- steins eingelassen und befestigt. Solche Grabsteine finden sich in den Kirchen zu Stralsund und Libeck viele, wenn auch Kugler sich solcher Arbeiten in Deutschland nicht , entsinnt.“ In Milde’s Denkmalern I. ist cine grossartig reiche Platte auf den Burgemeister Tidemann Berk und seine Frau vom J. 1521 aus der Marienkirche zu Libeck abgebildet. Auf dieser Platte sind alle Haupldarstellungen gravirt, der Grund scheint aber in Messingschnitt gearbeitet zu sein, so dass hier beide Kunst- zweige vereinigt erscheinen. In den Kirchen zu Wismar finden sich mehrere treffliche Wappen und in der Kénigskapelle zu Gadebusch findet sich auf dem Leichenstein das ganze Bild der Kénigin Agnes (+ 1432) mit Wappen und (jelat nicht mehr vorhandener ) Inschrift. Jedoch sind Arbeiten dieser Art in Norddeutschland so selten nicht und diirften sich allein in den deutschen Ostseelandern mehr finden, als in England. Die jetzt bekannt gemachten 140 englischen Monumente in Boutell’s ,,.Monum. brasses“ gehdren alle der Classe des Kupfer- oder Messingstiches an. Der Messingschnitt scheint ganz und allein dem 14. Jahrh. anzugehéren; der Kupferstich (und Messingstich) beginnt im 14. Jahrh. und erhalt seine grésste Ausbildung und Verbreitung im 15. Jahrhundert. Diese Andeutungen werden gentigen, um die grosse Wich- tigkeit der alten Grabsteine in’s Licht zu setzen und alle For- scher zu ermuntern, die metallenen Grabtafeln nach Zeit, Metall und Kunst zu untersuchen und bekannt zu machen, damit man einen sichern Grund gewinne, die wichligen neuern Erfindungen des Holzschnittes (und der Buchdruckerei) und des Kupfer- stiches aus ihren wahren und ersten Veranlassungen zu ent- wickeln, abgeschen von dem innern und zeitgemaissen Werthe, welche alle diese Denkmaler in sich tragen. Schwerin. г. С. С. Е. Lisch. Steindruckwerk. Lhe Gallery of Illustrious Americans. Nach Daguerreotypen von Brady, lithographirt von d’ A- vignon, herausgegeben von C. Edwards Lester. New- york 1850. Sechstes Heft, enthaltend: Bildniss und Bio- graphie des Obersten Charles Fremont Preis: 20 Dol- lar (26 Thir. 20 Sgr.) fir die ganze Sammlung. Ein- zelne Portraits: 1 Dollar. Agent ftir Deutschland: Georg Westermann in Braunschweig. assung zum Holaschnittdruck und zur Erfindung der Buchdruckerkunst liegt. Diese Ansicht hat schon Sotzmann beilaufig in seiner ,»Aeltesten Geschichte der Xylographie und der Druckkunst“ in y. Raumer’s Histor. Taschenbuch, VII. 1837. S. 490. ff. auf- gestellt, Er nennt die Kunst des Messingschniltes, nach Plinius Vorgange, opus interrasile, und beginnt mit derselben folge- recht die Geschichte der Druckkunst, sowohl mit Holzschnitt, als mit Lettern. Ich habe darnach in den Jahrbiichern des Vereins fiir mecklenburg. Geschichte und Alterthumskunde, XII. 1847. S. 479. diesen Gegenstand weiter verfolgt und durch die Scheidung zwischen Messingschnitt und Kupferstich festzustellen gesucht. Diese ungew6hnlich kunstreichien Grabplatten in Mes- singschnitt sind bisher nur in Norddeutschland und Danemark beobachtet und lassen sich zahlen. Kugler scheint nur die drei Platten: zu Stralsund, Thorn und eine in Liibeck zu kennen. Es sind deren aber viel mehr bekannt. In den verschiedenen Kirchen Libeck’s habe ich einmal zwi6lf gezahit. Die Doppelplatte auf den Grabern der Litibecker Bischéfe Burchard v. Serken (+ 1317) und Johann vy. Mul (+ 1350.) im Dome zu Libeck, welche jetzt in Milde’s Denkmaler bildender Kunst in Ltheck, Heft I., ganz abgebildet und in einzelnen Theilen in Contre- Druck wiedergegeben ist, gehért 2u den schénsten Erzeugnissen der Kunst des Mittelalters und des Spitzhogenstyls. Ihnen ganz ahnlich in Styl und Arbeit sind die beiden Doppelplatten (also A Platten) auf den Grabern der Schweriner Bischéfe aus dem Hause v. Bilow im Dome zuSchwerin: die eine auf den Gra- bern der Bischéfe Ludolf (+ 1339) und Heinrich (+ 1347), die andere auf den Grabern der Bischéfe Gottfried (+ 1314), welche 1375 nachgesetzt ist, und Friederich (+ 1375). Die letztere Doppelplatte ist wahrscheinlich die grésste und schénsle yon allen, welche vorhanden sind. In der Kirche zu Ring- sted liegt eine Plalte auf dem Grabe des Konigs Erich Menved und seiner Gemahlin Ingeburg (++ 1319), welche in ,,Antiqvar. Annaler“ Kopenhagen III. 1820. Tab. I. abgebildet ist. Die beiden bekannten Platten: zu Stralsund auf dem Grabe des Витое- meisiers Albert Hévener in der Nicolaikirche und zu Thorn auf dem Grabe des Burgemeisters Johann von Soest in der Jo- hanniskirche sind vortrefflich und den Liibecker Platten auf den Gribern weltlicher Personen ahnlich. Wenn ich nicht irre, liegt auch in Liineburg eine solche Platte. Dies diirften die Platten in Messingschnitt sein, welche sich im Norden finden. Es ware wohl der Miihe werth, sie vergleichend zu untersuchen und zusammenzustellen. Als Quelle scheint Litbeck betrachtet werden zu miissen, nachdem man aus Boutell’s ,,Monumental brasses of England“ gelernt hat, dass England, wohin man sonst wohl den Ursprung dieser Arbeit verlegen zu miissen geglaubt hat, keine solche Platte besitzt. Eine ganz andere Arbeit zeigen uns die Grabplatten т Kupferstich, wie wir sie nennen wollen. Dies sind Platten, welche ganz voll geblieben sind; diese Grabplatten sind Nach~ ahmungen der alten Kaiksteinplatten. Die darzustellenden Ge- genstinde sind, wie auf den alten steinernen Grabplaiten, nur durch eingegrabene Umrisse, je nach Licht oder Schatten breiter oder tiefer, dargestellt und der ganze Grund, mit Aus- nahme dieser Umrisse, ist stehen geblieben. Dieses Ver- fahren ist also wesenilich das beim Kupferstiche angewandte. Das Metall dieser Grabplatten ist bald Messing, bald Kupfer; jedoch scheint mit dem Fortschritte der Zeit das Kupfer mehr angewandt zu sein. Diese ,gravirten* Platten, welche man allein so nennen kann, sind ohne Zweifel die Vorlaufer des modernen Kupferstiches und dessen Druckes. Ein ganz ahnliches Unternehmen, wie das Weigel’sche, welches wir in No. 1. dieses Jahrgangs besprachen, unterschei- det es sich von demselben ganz durch den Charakter der Aus- stattung und etwa noch durch die Anzahl der zu lieferden Portraits, welche hier auf 24 begrenat ist, nicht aber durch die Idee. Denn auch dieser Galerie liegt die Absicht zu Grunde, den Mitlebenden vaterlindische Zeitgenossen in miglichst ge- treuen Portraits vor Augen zu stellen, welches ebenfalls durch die Hilfe des Daguerreotyps geschieht. Charakteristisch ver- schieden aber ist, wie gesagt, die fussere Erscheinung eines Heltes der amerikanischen Unternehmung von der deutschen.