ДАЛИ.
	Organ
der deutSchen Kunstvereine.
	4eitung
	fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FOrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
		Die Zugdnglichkeit der Museen.
	Wi. haben unsern Lesern vor Kurzem von der Weihnachts—  
ausstellung berichtet, welche der Kinstler -Unterstitzungsverein
dem Publikum hier in Berlin in Gestalt von Transparentgemalden
nach klassischen Meistern vorgefihrt hat. Die heiligen Bilder,
verbunden mit den getragenen Ténen klassischer Compositionen,
welche vom Domchor ausgefihrt wurden, gaben fiir das stets
zahireich versammelte Auditorium einen ernsten, erbauenden Ge-
nuss inmitten der Puppenspielheiterkeit eines lustigen Weihnachts-
marktes. ‘rotz des gegen alle andern Schaustellungen héheren
Eintrittspreises versdumte nicht leicht Jemand den Besuch, und
an den Sonntagen konnle der Zuschauerraum die Zustrémenden
nicht fassen. Wie bei allen Gelegenheiten, ist auch hier das
Sonntagspublikum ein anderes als das Werkeltagspublikum.
Namentlich der Handwerkerstand, der noch am meisten auf die
schone Sitte der Sonntagsfeier giebt, ist dann da zu erblicken,
wo man sein Gemiith entweder in ernster Erbauung dem Herrn
oder in heiterer Zerstreuung der Fréhlichkeit widmet. Mit grossem
Rechte wurde daher kiirzlich in einer hiesigen, vielgelesenen
Zeitung auf die Nothwendigkeit hingewiesen, auch im Theater
den Sonntag durch die Auffihrung klassischer Sticke zu
heiligen. Es ist das gewiss eine des héchsten Institutes im
Staate fiir die dramatische Kunst héchst wiirdige Aufgabe, deren
Lésung unmiltelbar in die Nationalerziehung eingreift. Aber
sollten nicht auch die Institute fir den Genuss der bildenden
Kinste dieses Beispiel nachahmen? Gewiss! Es giebt keine
segensvollere Wirksamkeit eines Museums, als wenn es seine
Pforten weit aufschlagt, damit ein Jeder, méglichst zu jeder
Zeit, heranireten kénne an die Zeugnisse des Genies, um sein
Gemitth anzufiillen mit einem Stick Erhebung, um einen frischen
Trunk zu thun aus dem Born der Schénheit, welcher dem
Oberonsbecher zu vergleichen ist, der fiir die Muhseligkeiten
und Kampfe des Lebens erfrischt und starkt.

Aber es sind nicht bloss die, welche die Wochentage mit
ihrer Hande Arbeit ausfillen, nicht bloss Beamte, denen ,,des
Diensles ewig gleichgestellte Uhr schlagt“, es sind die Mit-
glieder aller Stinde, welche geistig oder kérperlich arbeiten,
es sind auch die Kiinstler, die ihren Studien in stiller Werkstatt
obliegen, es sind endlich die durchreisenden Fremden, welche
das Geschaft des Genusses haben, fir die also der Sonntag
ein Arbeitstag ist, kurz, es ist von Allen Niemand, der nicht die

Il. Jahrgang.

 
	redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin.
	 

Montag, den 27. Januar.
	 

 

4uganglichkeit der Museen am Sonntage, als eine héchst er-
wuinschte und segensreiche Einrichtung begriissen wiirde. Will
man uns einwerfen, dass die Galeriediener nicht von ihrem sonn-
laglichen Gotlesdienste abgehalten werden sollen, so verweisen
wir auf Dresden, wo die Ocffnung der Museen nach der Kirche
stallfindet und dafir bis in spaétere Stunden dauert. Fthrt man
an, dass man einen Tag zur nothwendigen Reinigung der Ge-
baude brauche, so bitten wir, wiederum das Beispiel von Dres~
den und auch von Minchen nachzuahmen, wo der Sonnabend
dazu bestimmt ist.

Dresden tiberhaupt scheint, nachdem es lange genug an
dem grossen Uebelstande gekrankt hat, seine Sammlungen nur
im Sommer 6ffnen zu kénnen, mit der Nothwendigkeit der Ab-
hilfe dieses Mangels fiir die nachste Zukunft auch die der
grésseren Zuganglichkeit wenigstens eines Theiles der Kunst-
schatze erkannt zu haben. Denn schon seit dem vorigen Frith-
jahr sind die Hauptgalerien, stalt bis 1 Uhr Mittags, bis 5 Uhr
Abends geéffnet, welches wir Miinchen zur Nachahmung em-
pfehien, wo der Schluss der Pinakothek um 2 Uhr und der der
Glyptothek gar um 12 Uhr, offenbar zu frith ist. Andere Dres-
dener Sammiungen freilich sind immer noch mehrentheils nur
gegen Einlasskarten fiir sechs Personen 2u sehen, so wie es
uns itberhaupt so vorgekommen ist, als sei das Dienstpersonal
ein wenig auf Geldentschadigung von Seiten des Publikums
angewilesen.

Am schlimmsten aber sieht es in dieser Beziehung in Wien
aus. Die besuchtesle Sammlung, die Gemaldesammlung im
oberen Belvedere, ist dem Publikum nur zweimal wochentlich
in den Stunden von 10—4 Uhr gedffnet, was um so beschran-
kender erscheint, als der Besuch des Belvedere wegen seiner
Abgelegenheit und der enormen Fiakerpreise ohnehin erschwert
ist. Zugestanden muss freilich werden, dass den Fremden auch
an den andern Normatagen (wie man in Wien sagt) der Zu-
trilt geslattet ist; doch schliessen die Sonn und Festtage un-
bedingt fiir Jedermann.,

Wir haben diese wichtige Angelegenheit nur anregen wollen.
Es ware uns sehr lieb, wenn zur Sprache gebracht wirde, was
einem ausgedehnteren Schaugenuss hindernd in den Weg tritt.
Wir sind iiberzeugt, dass sich manche Hindernisse bescitigen
lassen. Nur mége man nicht geltend machen wollen, — was
wir allerdings zugeben, — dass zahlreicher Besuch den Kunst-
werken, besonders den Gemilden, schade. Denn das ver-
	schlossene Kunslwerk existirt nicht und es arbeitet ohnehin so
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