findung stilzen, berichtet worden. Die Wobhlfeilheit, Leichtig- keit und die verhaltnissmassig hohe Ausbildung dieser Methode macht ihre Beliebtheit erklarlich. Dennoch will es uns mehr als bedenklich erscheinen, die Daguerreotypie grésseren, be- deutsameren Unternehmungen zu Grunde zu legen, wie denn in den Eggers’schen Besprechungen das Zweifelhafte der Sache nicht verhehlt wird. Die Maschine des Daguerreotypisten @Ъег- rascht den Sitzenden, mag er sich noch so umsichtig vorbe- reitet haben, mag er noch so ,,gut sitzen“, jedes mal wie cin Dieb in der Nacht und hat ihin seine Ztige meistentheils schon gestohlen, eh’ er sich dess versieht. Daher kann mit hdhe~ rem Rechte von dieser Methode und ihren Ergebnissen gesagt werden, dass sie, vom Zufall abhingig, wie sie ist, auch nur ein Zufalliges zur Erscheinung bringe, aus dem sich nun jeder Betrachtende wohl oder tibel das Nothwendige heraussuchen mag. Wie anders das Schaffen des Portraiteurs! Mit der selbst- vergessenden liebevollen Hingebung des achten Kiinstlers ver- senkt er sich in seinen Gegenstand, und je mehr er selbst freiwillig in den Hintergrund zuriicktritt, desto klarer und voller entfaltet sich vor seinen Augen die ganze Personlichkeit des Abzubildenden, desto freier und unmittelbarer kann sie sich gebahren, desto unbewusster dem forschenden Blicke des Kiinst- lers das Eindringen bis in den innersten Angelpunkt ihres We- sens ermdglichen. So hat dieser den geistigen Kern seines Objekts sich erobert, und wenn er nun von diesem Punkte aus beginnt zu schaffen, so wird das Bild, welches er hervorbringt, nicht das blos Zufallige, Momentane der Erscheinung wieder- geben, sondern das Nothwendige, Bleibende treulich abspiegeln. Dazu kommt, dass das freiwillige ginzliche Zuriicktreten des Kunstlers in dem zu Portraitirenden eine unwillktirliche Erh6- hung eines schénen Selbstgefiihles hervorbringt, so dass die Ziige desselben den gréssten Vollgehalt seines Wesens darbie- len, und dass selbst eine minder bedeutende Persénlichkeit in ihrem giinstigsten Lichte sich giebt. Solche Bemerkungen drangten sich uns auf, als wir vor einigen Tagen die reiche Sammlung der Portraits von Zeitge- nossen kennen lernten, welche die Mappe des Herrn J. H. Schramm enthalt. Dieser geistreiche, aus Oesterreichisch- Schlesien stammende Kistler hat seine vielfachen Reisen dazu benutzt, jenen ausgezeichneten Schatz zu vermehren. Da ist jede Gattung der Kunst, der Wissenschaft, des Lebens ver- treten; manche hat die ersten ihrer jetzigen Koryphéen herge- geben. Die Ausfihrung ist zwar grésstentheils nur in Blei — einige wenige Blatter sind in Aquarell —, aber niemals sahen wir eine so meisterhafte Behandlung des Bleistifts. Die Кор sind, waihrend das Uebrige nur leicht angedeutet ist, mit héch- ster Sorgfalt ausgearbeitet, die Modellirung von vollendeter Feinheit und Durchbildung, und, was uns bei Bleisliftzeich- nungen am meisten in Erstaunen setzte, durch die virtuosen- hafte Technik kommt sogar die Verschiedenheit des Teints, die отбззеге oder geringere Durchsichtigkeit, Weichheit und Zart- heit der Haut, die Farbe des Haares, kurz Alles, was zum Ko- lorit gehért, in einer Weise zur Gellung, dass die erreichte Wirkung des Bleies zu der der Farbe sich etwa verhilt, wie die Beleuchtung eines vollen Mondscheines zu der des Tages- lichtes. So gering hier die Mittel der Darstellung sind, so genial hat der Kiinstler mit ihnen zu wirthschaflen gewusst, so dass z. B. beim Wiedergeben des Auges weder Farbe, noch Glanz und Ausdruck vermisst wird. Was aber der bewundernswirdigen Technik noch hdheren Werth verleiht, das ist der Geist, der in diesen Portraits lebt, die Kraft der Individualisirung und Charakterisirung, die sie durehdringt. Diesem hodheren Zwecke ordnen sich mit grosser эспитесзаткей dic Mittel unter, die Behandlung, die Strich- fihrung andert sich, und so tritt uns jedes Gesicht als das volle Geprage cines bestimmten geistigen Individuums entgegen mit einer Sicherheit und Klarheit der Conception und der Dar- stellung, die keinen Zweifel zulasst. Wir heben unter Ande- ren hervor Thorwaldsen, dessen Kopf, nach Waagen’s treflender Bemerkung, elbwas vom Léwen und etwas vom Kinde hat, das feine, geistvolle Gesicht Mendelsohn’s, ferner Lipinski, Rickert, Andersen, Gutzkow, und friedlich neben einander die strengen katonischen Ztige Dahlmann’s und den Typus aristokratischer Diplomatie im Fiirsten Metternich. — Sollte einmal eine Aus- wahl von diesen Portraits durch den Stich verdffentlicht wer- den, so sind wir tberzeugt, dass lrefflichere Vorlagen fir den Stecher nicht gefunden werden kénnten. W. Litbke. Metallene Grabplatten mit eingegrabener Umrissdarstelinng. Herr Dr. Lisch zu Schwerin hat tiber diesen Gegenstand in der vorigen Nummer des deutschen Kunstblattes, unter der Ueberschrift ,Messingschnitt und Kupferstich des Mittelalters “, neue Mittheilungen gemacht uud darin einige schalzbare No- tizen zur Bereicherung unserer Denkmalerkunde beigebracht. Es kann mich nur freuen, dass meine, schon in der ersten Auflage des Handbuches der Kunstgeschichte und spater mehr- fach (namentlich auch in No. 26. 8. 206 des deutschen Kunst- blaites v. v. J.) gegebenen Anregungen nicht erfolglos geblie- ben sind. Der Aufsatz des Hrn. Dr. Lisch ist jedoch vorwie- gend kritischer Art und wesentlich gegen mich gerichtet; so wird mir vielleicht, zumal bei dem hohen Gewicht, welches er auf seine Ausfihrung legt, eine Erwiderung nicht versagt sein. Hr. Lisch tadelt mich, dass ich friher von , bronzenen“ Grabplatlen gesprochen und die Darstellungen derselben als »gravirte* bezeichnet habe. Was das Material betrifft, so be- stehe dasselbe aus Messing oder Kupfer, nicht aus Bronze. Ich nehme diese Belehrung, wenn sie auf Grund genauer Unter- suchung der einzelnen Denkmiler naher festgestellt sein wird, bereilwillig an; ich bin mit meinem Ausdruck vielleicht nicht genau, oder vielmehr nicht allgemein genug gewesen. Aber, wie gesagt: es dirfte vorerst noch auf nahere Untersuchung des Einzelnen ankommen, denn bekanntlich ist es nicht immer ganz leicht, zu entscheiden, wo Messing aufhort und wo Bronze anfingt. Was die Technik anbetrifft, so befinde ich mich, nach Hrn. Dr. Lisch’s Auseinandersetzung, in einem gréblicheren Irrthum. Bei den von ihm sogenannten Messingschnitten (d. В. bei den Prachtarbeiten der in Rede stehenden Kunstgallung) sei namlich von einer Darstellung durch eingegrabene Umrisse gar nicht zu sprechen; hier sei umgekehrt die darzustellende Ge- stalt, durch Vertiefung des Grundes um ihren ausseren Con- tour, in gleichmassig erhabener Flache stehen geblieben, der Art: dass diese Behandlungsweise die erste Ver- anlassung zum Holzschnittdruck und zur Erfindung der Buchdruckerkunst gegeben habe. Ich weiss nicht, ob irgendwo Kunstarbeiten des in Rede stehenden Faches von so toller Beschaffenheit vorkommen, dass ein von ihnen unmit~ telbar zu nehmender Abdruck (denn darauf ecinzig und allein miisste es doch ankommen) eine naturgemasse Darstellung des Gegenstandes in Schwarz und Weiss und nicht das absolute Gegentheil gabe, So weit meine Kenntniss reicht, besteht die Darstellung tberall auch hier aus einer Zeichnung, deren Li- nien, wie im dusseren Umriss, so namentlich auch im Inneren der Darstellung selbst vertieft eingegraben sind, -— also iiberall aus dem diametral Entgegengesetzten der Holzschnitttechnik. Es ist méglich, dass Beispiele vorkommen, bei denen gleich- zeitig der gesammte Grund um den dusseren Contour herum