34 streiter Luther und Melanchton, jener mit der heiligen Schriff, dieser mit der Augsburgischen Confession in den Handen. Das Bild macht durch seine Behandlung den Eindruck eines Oel- gemialdes. Der Leib Christi ist kraftig und modellirt herausge- arbeitet, die Portraitképfe sind von markiger Farbung und сва- rakteristischem Ausdruck. Den Hintergrund bildet die Stadt Wittenberg, nach einem alten Holzschnitte gemalt, der sich auf dem dortigen Rathhause befindet. Der Grund ist golden, und die grosse einférmige Fliche durch mosaicirende Bemalung mit braunen Linien unterbrochen, Eine andere Bestellung des Kénigs, welche eben in der Arbeit ist, sahen wir im Atelier vy. Kléber’s. Es sind dies drei russische Heilige auf Tafeln von 2! Fuss in Quadrat, fir die Kirche der russischen Kolonie bei Potsdam bestimmt. Hier treffen wir nun schon eine Kunstiibung, die, im vollen Be- wusstsein all ihrer technischen Mittel, dieselben mit Sicher- heit und Leichtigkeit handhabt. Zwei Bilder sind bereits voll- endet: Christus mit dem Reichsapfel in segnender Bewegung gegen denselben und Alexander Newski, der eben fertig geworden, und den wir nicht bloss im Atelier sahen, sondern auch durch die Bereitwilligkeit des Kiinstlers im Freien anzu- schauen Gelegenheit halten. Das Bild ist von ganz vortreff- licher Wirkung und prdasentirt sich als ein in gesaltigter Far- benkraft durchgefiihrtes Oelbild. Und in dem Glanze, womit die Bilder da vor uns stehen, versprechen sie, unveranderlich und unantastbar durch die Un- bilden unseres rauheren Klima’s, auszuharren. Wollen wir den heitern Schmuck der Aussenwande nicht entbehren, so mussten unsere Kiinstler schon auf sehr troizige Mittel denken, dass die niederen Gewalten der Natur nicht blindwiithend wieder zer- stéren, was ihr héherer Sinn immerdar entstehen und férdern hilft: das Werk der bildenden Kunst. Darum entfesselt gerade der Mensch den Kampf der chemischen Elemente miteinander, aber die dabei entwickelte Kraft muss ihm nach seinem Zwecke dienen; er schligt das Widerstrebende mit eigenen Waffen und brennt dem feuergebornen Stein den Stempel seines Geistes in das starre Fleisch, dass er ihn spaiten Jahrhunderten noch auf- weisen muss in nie vernarbender Frische, in immer lebendiger Gegenwart. Durch die erlangten Erfahrungen und Fertigkeiten ist also die ganze Lavamalerei aus dem vagen Gebiete unablassiger Ver- suche, welche v. Kléber und Mertins mit grossen Opfern und grosser Beharrlichkeit stets von Neuem anstellten, in den ge-. ordneten Verkehr einer Werkstatt-Thatigkeit tibergegangen, wo Zeit und Mittel nach geregeltem Maasse gemessen werden kén- nen, wo es nicht mehr darauf ankommt, das Gewollte tiber- haupt nur zur Erscheinung zu bringen, sondern vielmehr, es auf die einfachste, am wenigsten kostspielige, mittel- und zeit- raubende Weise darzustellen. Schon bildete y. Kléber in seiner Werkstatt mehrere junge Kistler, die sich mit Vorliebe diesem Zweige der Malerei gewidmet haben; wir erblicken eine wer- dende Schule. Unter so bewandten Umstanden war’ es allerdings eine sehr wiinschenswerthe Sache, wenn die Regierung ihren alten Plan wieder aufnehmen und eine Anstalt fiir Malerei auf Lava griinden wollte. Mit der gréssten Leichtigkeit wiirde sich damit eine Anstalt fiir Glasmalerei verbinden lassen, wobei dieselben Krafte und Mittel nach zwei Richtungen hin benutzt werden kénnten. An Privatbestellungen wiirde es gewiss nicht fehlen. Wir hérten die Versicherung, dass bei praktischer Einrichtung und knapper Benutzung aller Vortheile, die Preise sehr innerhalb der Er- schwingbarkeit fiir Privatpersonen liegen und entschieden wohl- feiler sein werden, als die Mosaiken in gefarbtem Thon, welche fiir ahnliche ornamentistisehe Zwecke enkaustisch auf gréssere mechanischem Wege die chemische Verbindung zwischen Guss und Steinplatte unterstitzt. Er bemerkte, dass dieser Guss dadurch die grésste Schwierigkeit bereite, dass der Stein ihn weichiliissig verlange, die Farben ihn aber so strengflissig wie méglich haben wollen, dass es also zuletzt Sache der Erfah- rung, Uebung und Fertigkeit bleibe, hier stets und sicher dic richtige Milte zu treffen. Diese Fertigkeit hat nun Mertins in einem so hohen Grade erlangt, dass er, weit entfernt davon, seine Glasurstoffe mit einer ungewissen Erwartung dem Feuer anzuvertrauen, vielmehr den Erfolg so vollsténdig beherrscht, dass er nach Belieben verschiedene Niiancirungen, theils nach Absicht schafft, theils noch versucht. Die hierher gelangten franzésischen Proben zeigten sich z. B. voll kleiner Risse, welche der Flache das Ansehen von hier und da aufliegenden Haaren gaben. Die Platten des Hrn. Mertins dagegen prasentiren sich nicht blos in vollkommener Spiegelglatte, sondern er weiss auch diese wieder zu einem gewissen grain abzudémpfen, welcher die Tafeln ganz vorztiglich zur Annahme der Farbe gecignet macht, so dass es nach der Versicherung v. Kléber’s eine Freude ist, darauf zu malen. Noch mehr: die Bestellung, dass einige heilige Figuren, auf die wir weiter unten zuriickkom- men, eine vertiefte Aureole um das Haupt bekommen sollten, machte Hrn. M. keine Schwierigkeit. Es ist bewunderungs- wirdig, wie scharf ausgeschnitten sich der Heiligenschein dar- stellt; vom Anhaufen der fltissigen Glasur in den Vertiefungen keine Spur. So dass also der Schmelzktnstler sein Element wirklich vollkommen in der Gewalt zu haben scheint. Ein mindestens zweimaliges Brennen macht jede Platte zur Bemalung fertig. und in der Werkstait v. Kléber’s herrscht schon eine solche Geiibtheit in der Farbenbehandlung, dass das Bild sehr selien mehr als zweimal Feuer bekommt. Die Malerei geschieht nun mit Farben aus feuerbestindigen Metalloxyden. Herr Mertins hat in der Zubereitung derselben eine grosse Geliufigkeit erlangt. Das Gold, welches nament- lich bei Kirchengemalden in Anwendung kommen muss, da die- selben oft auf Goldgrund ausgefiihrt erscheinen sollen, wird nicht mit dem Pinsel aufgetragen, sondern in Platten aufgelegt, welches den Glanz um Vieles erhéht und lebhafter macht. Da- bei haftet es mit einer Festigkeit an dem Stein, dass wir es an den dargelegten Proben nur mit Mihe mittelst einer spitzigen Feile abzukratzen vermochten. Statt des Silbers nimmt man Platina, weil jenes an der Luft schwarz wird. Eilen wir indess zu den Werken, welche bisher durch die unablassigen Bemiihungen der Herren у. Kléber und Mertins zu Stande gekommen sind. Wir sahen ein Spitzbogenbild, welches der Kénig fir die Kirche zu Wittenberg bestelit hat. Bei die- ser Gelegenheit bemerken wir, dass dieses denkwirdige Got~ teshaus iberhaupt der Gegenstand einer in Aussicht genommenen Restauration geworden ist. So ist vor der Hand die Renovi- rung des Portals angeordnet, dessen Gesammtentwurf von Herrn v. Quast herrtihrt. Bronzene Thorfligel, an welche die berithm- ten 96 Theses nach dem Wortlaute mit £ Zoll hohen Buchstaben geheftet werden sollen, werden ktinftig die Kirche éoffmen und schliessen. Die Dekoration daran rihrt yon dem Bildhauer Holbein her, neun reizende, musicirende Knabenfigiirchen, die dazu verwendet werden, sind von Drake modellirt. Auch der Thirbalken, der das Bild tragen wird, mit der Inschrift, ist von Holbein entworfen, der auch noch zwei Kurfiirstenstatuen, zu den Seiten des Spitzbogens auf Konsolen zu stellen, nach Drake’schen Modellen anfertigen wird. Das Spitzbogenfeld aber wird jenes Lavagemalde aus dem Atelier v. Kléber’s enthalten. Der Stein ist 8 Fuss 4 Zoll lang und hat die dem flachen Bogen entsprechende H6he von etwa 5 Fuss. In der Mitte erblickt man den gekreuzigten Erléser. Zu beiden Seiten knieen die Gottes-