nicht mehr auf die Bedurfnisse der Provinztal-Industrie be- schrankte, sondern nach und nach die der Gewerbe und Kiinste des gesammten Vaterlandes ins Auge fasste. So erwuchs in einer kurzen Reihe von Jahren ein Mu- seum, wohl einzig in seiner Art, fiir dessen dusseren Umfang sich am Orte ein Lokal zur Aufstellung bald nicht mehr fand. Die K6nigliche Munificenz trat hier helfend cin. Se. Ma~ jestét, den weittragenden, ins Leben greifenden Zweck dieses Instituts wiirdigend, geruhte, cinen anselnlichen Theil des zum Konig]. Absteigequartier bestimmten Raumes im Kénigl. Schlosse zur Benuizung fiir diese Zwecke zu bestimmen. Auch Seitens der obersten Staats-Behdrde zeigte sich ein dankenswerthes Interesse. Schon im Jahre 1844 beauftragte das K6nigliche Finanz-Ministerium den Glasmaler Finsch zu Warmbrunn mit einer Untersuchung der Abtheilung der Samm- lung fiir die Glas~Industrie, behufs Nuizbarmachung derselben fiir die Glasarbeiter im Schlesischen Gebirge. Zwei sehr voll-. stindige und dusserst belehrende Berichte sind die nachsten Resultate dieser Mission gewesen. Spiter entsandten die Ké- nig]. Ministerien fiir Cultus und fiir Handel und Gewerbe Kom- missarien in den Personen des Professor Gruppe von der Friedrich - Wilhelms-Universitét und des Professor Bétticher von der Akademie der Kinsle nach Liegnitz, um @Бег das In- stitut zu berichten und Vorschlige zu dessen mehrerer Nutz- barmachung vorzulegen, und die Kénigl. Regierung zu Liegnitz publicirte obige Bekanntmachungen. Das Kénigl. Provinzial-Ober-Prasidium zog die Frage der Gemeinniitzigkeit in nihere Erwigung. Auch das Kénigl. Fi- nanz~Ministerium schenkte ein kostbares Prachtkupferwerk und das Cultus-Ministerium stellte die Verleihung von Lehrmitteln in Aussicht. Derselben Liberalitét, welche das Unternehmen in gedachter Weise forderte, danken wir die Erlaubniss zur Benutzung der aus den Regierungsauftragen hervorgegangenen amtlichen Be- richte. Wir fiihren daraus hier nur Einiges an. Der Kommis- sarius des Kénigl. Cultus-Ministerii, der durch seine Werke und hohe Kennerschaft rihmlich bekannte C. Botticher, welcher vornehmlich die Bedeutung der Sammlung fiir die Provinz ins Auge fasst, sagt dariiber unter Anderem Folgendes: »Die Sammlung entspricht dem oben angegebenen Zwecke ganz vollstindig. Schon die Aufstellung aller einzelnen Ge- genstinde in ihrer Gesammtheit zeigt, dass ihre Anordnung und Classifikation nicht nach einem nur auf das Antiquarische und blos Artistische gerichicten Plane gefasst sei, sondern nach dem Gedanken einer technischen Musterbildsammlung. Sie ist mit einer seltenen Einsicht in das Technische, mit einer gros- sen Kenntniss der Arbeiten und der verschiedenen Materialien und Stoffe geordnet. Zwei Gegenstande, fiir die gewerblichen Interessen Schlesiens von der hichsten Bedeulung, namlich die Topferei und die Glasmacherkunst, weisen “Gegenstinde auf, die za den Uniken der Kunstproduktion gchéren diurften. Wenn daher auch andere Gattungen Erzeugnisse oft in sel- tenen Exemplaren hier vertreten sind, wie z. B. Werke der Teppichgewebe, Waffenschmiede, Metallarbeiten in Guss, in Treiberei_ und Ciselirung, Miniaturen, Elfenbein- und Holz- schnilzerei u. dgl., so méchten diese doch dem provinzialen Interesse ferner liegen. Die Arbeiten in Ledertapeten mit Gold und Farben auf- gehdht, sind von grossem Interesse; die Arbeiten der Spitzen~ kloppel von einer Kostharkeit und Seltenheit, bei der man dem guten Zufall danken muss, welcher diese Arbeiten nach heinah 300jahriger Dauer so wohl und unversehrt erhalten hat. Die Arbeiten der T6pferei und Glasmacherei sind der ganzen Aufmerksamkeit werth und bekunden diejenige Stufe des Handwerks, auf welcher es vollig von der Kunst durch- drungen wird und in ihr aufgeht. Bei den Arbeiten dieses Bereiches ist jede Gattung der Glasschmelze und Hohlglastreiberei, jede Komposition und Mi- schung der Thonerde vertreten. Von den antiken und alten venetianischen Glasarbeiten an, bis zu den Erzeugnissen des vorigen Jahrhunderts, von den irdenen Geschirren und Porzel- lainen der Chinesen und Japanesen bis zu den irdenen Gera- then der Deutschen, den Majoliken der Italiener, dem Wedge- wood der Englander, den altern schlesischen Tépfen. Es beginnt die Sammlung mit Werken der einfachsten Form und Mischung und leitet bis zu den kiinsllichsten, oft nur aus dem Zufalle hervorgegangenen Kompositionen uber. Jede Art der Gefassarbeit ist dabei vertreten. Geridthe aus freier Hand auf der Scheibe gedreht oder in Formen gelassen, oder durch Hiilfe yon aufgedriickten oder frei aus der Hand modellirten Arbeiten hergestellt, glasirt oder naturell, email- lirt, oder in Schmelzfarben theilwcise ornirt, Alles wechselt lehrreich mit einander ab; es ist vom gréssten Prachtexemplar bis zum scheinbar unbedeutendsten Scherbel jede Weise der Technik repraésentirt und dabci jedes Exemplar in seincr Gat- tung so geordnet, dass es als Stufenleiter und Uebergangsglicd zu einem folgenden aus ihm hervorgegangenen oder ihm zu- nachst verwandten dient. In sehr bedeutsamer Weise sind aus diesem Grunde den wohlerhaltenen Gegenstainden auch Fragmente beigegeben, die entweder der Gattung derselhben angehdren, durch Scherbel und Bruch die Art und Weise der Verfertigung erklaren und den Weg dazu zeigen, oder aber eine Galtung erganzen helfen, fiir welche sich kein véllig erhaltenes Exemplar findet. Noch mehr tritt diese Absicht auf technische Belehrung in einer besonderen Sammlung von Fragmenten hervor, bei der ich nur an die tberaus wichtige Sammlung von Bruchsliicken antiker Glasgefasse und Glaskompositionen, deren Anzahl sich in die Tausende erstreckt und die sich in einem besonderen Spinde nach Arbeit und Gattung wohlgeordnet vorfindet. Diese Fragmente sind ganz und gar zur mechanischen Untersuchung geeignet und werden, verstaindig benulzt, sichere Aufschliisse ber Manches fiir uns als Geheimniss geltende geben, in des- sen Besitz die alte Glasmacherkunst vermége ihrer ausseror- dentlichen Praxis war. Ueberhaupt ist die Sammlung, was die Treiberei der Hohlglaser, des Schleifens derselhen, die Arbeit auf dem Stuhle oder an der Pfeife mit und ausscr der Hohl- form anbetrifft, vollkommen jener eben angedeuleten Absicht enlsprechend. Das Gleiche kann von den Arbeilen der Tépferei gesagt werden, sowohl der Scherbel- oder Geschirrtépferei, als wie der Ofen- oder Kacheltépferei; schon die Exemplare von Ofenkacheln aus dem Mittelalter, allein dic merkwirdige Grosse dieser Platten, ihr Brand und ihre Glasur, die Schén- heit ihrer Reliefbilder liefern, wenn man die ihnen angeschlos- senen Statuen aus Thon (die Ueberreste yon Kaminen sein mé- gen), so wie die italienischen Thonbilder dazu nimmt, einen Be- weis, welche Héhe der Vollkommenheit die Ofentépferei unserer Voraltern erstiegen hatte, und auf welcher niederen Stufe des Handwerks, trotz allem Vorschub, der gerade diesem Industrie- zweige, besonders in Berlin, von héchster Seite wie von Gewerhe- vereinen zu Theil geworden ist, unsere heulige Zeit stcht, ein Urtheil, welches insbesondere die gesammte schlesisehe Topte- rei trifft, die mit wenigen Ausnahmen in kaum glaublicher Un- hbeholfenheit sich Ieider fast noch in derselben Grenze bewegt, in der sie seit zwei Jahrhunderlen sich gehalten hal, ohne im mindesten einen anderen Schritt — als den nach rickwarts gethan zu haben; denn das ist eben das Kennzeichen des schlechten Handwerkes, dass es das vorhandene vortreffliche