zidsen Detailhildung nach, den letzten Decennien des 12. Jalir- hunderts an, Gehen wir nun zu dem nicht viel spdter erbauten Braun- schweiger Dom iiber, den Heinrich der Lowe von 1172 bis 1194 neu umbaute, so finden wir hier zwar nicht die zierliche Delaillirung der éstlichen Theile von Kénigslutter, aber auch nicht die unorganische Anlage des Langhauses. Ist demnach der Eindruck ein strengerer, minder malerischer, so zeigt da- fir auch der Gewélbebau cine héhere, consequentere Durch- bildung. Die Krypla, die sich von der alten Anlage her noch vorfand, wurde mit in den Plan des Neubaues aufgenommen; der bedeutend erhéhte Raum des Chores und der Querarme erhielt seinen Hauptschmuck in den vor einigen Jahren aufge~ fundenen und ungeschickt restaurirten Wandgemalden. Im Lang- hause wurde, mit Ueberschlagung je eines Pfeilers, der nachst~ folgende durch einen Pilastervorsprung verstirkt, der den Ge- wolben zur Stitze diente; vier Gewélbequadrate bilden dem- nach das Mittelschiff. Durch das Weglassen der Ecksiulen wurde der Ornamentik jeder Raum zur Entfaltung abgeschniltten. Der Mangel des Dekorativen wird aber, wie gesagt, durch den Fortschritt des Construktiven aufgewogen. Spater erhielt der Dom zu den vorhandenen Nebenschiffen noch zwei neue gothische. Wie erfinderisch man in diesen Gegenden war, den Ge- wilbebau umzugestalten und fortzubilden, mit wie reger Theil- nahme man das an andern Orten bereits Giiltige bei sich ein- zubiirgern suchte, wird noch klarer werden, wenn wir nun eine andere Kirchen-Anlage den friiheren hinzufiigen, die wie- der in anderer Weise durchgefiihrt ist. Es ist die kleine Temp- lerkirche zu Siipplingenburg. Dieser Stammsitz eines der altesten sachsischen Grafengeschlechter liegt in der Mitte zwi- schen Konigslutter, Marienthal und Helmstaédt auf einem Wie- sengrunde, zwischen Gebtisch ganz versteckt, und da auch das kleine auf der Durchschneidung von Langhaus und Querschiff angeordnete Glockenthiirmchen kaum aus den Baéumen hervor- ragt, so entgeht dem spahenden Blicke des kunstforschenden Wanderers leicht ein Denkmal, das bei genauerer Prtifung gleichwohl des Interessanten Mancherlei bietet. Schon bei der Vertreibung der Templer im Anfange des 14. Jahrhunderts (circa 1320) mégen die meisten urkundlichen Schatze der Stiftung verloren gegangen sein, so dass es Бег die Baugeschichte der Kirche an Daten ganzlich fehlt. Das Eine wissen wir durch H. Meibom’s Chronik, dass Lothar von Siipplingenburg, der deutsche Kaiser, im Jahre 1130 sein Stammgut den Tempel- herrn schenkte. Das Aeussere der Kirche spricht auch fiir diese Zeit der Erbauung; zugleich aber redet es in deutlichen Spuren von einer spateren baulichen Veraénderung, von welcher die geschriebenen Nachrichten schweigen. Die Mauermassen sind naimlich in der hergebrachten Weise durch Lisenen und Halbsiulchen gegliedert, welche oben durch einen Rundbogen- fries horizontal verbunden werden; die Mauern des Kreuz- schiffes sind ausserdem durch einen in halber Hohe angebrachten Rundbogenfries in zwei Stockwerke getheilt. Jener obere Fries aber, der regelmassig dicht unter der Dachlinie sich befindet, liegt hier 5 Fuss circa unter dem Anfange des Daches, und da wo die Rundbogen nicht mehr sich erhalten haben, zeugen die Konsolenképfe von seinem friiheren Vorhandensein. Man hat also einmal Querschiff, Chor und Mittelschiff der Kirche bedeu- tend erhoht. Der Grund fiir diese Umgestaltung wird beim Eintritte ins Innere gleich augenscheinlich: das ganze Innere ist gewOlbt, und da aller Wahrscheinlichkeit nach urspring~ lich die kleine Kirche flach gedeckt war, so musste man des Ueberwoélbens wegen die Grundmauern tberhohen. Welche Ursache des Neubaues vorgelegen hat, lasst sich freilich nicht ermitteln, Das Mittelschiff besteht aus drei Gewolbquadraten, 10 * benchoren, den drei Quadraten des Kreuzschifles ist das ur- spriingliche gurtenlose, rundbogige Kreuzgewdlbe erhalten; die tragenden Glieder sind aufs reichste und edelste gegliedert, indem Halbsdulen mit prachtvoll verzierten Kapitaélen die Pfeiler- ecken ausfiillen, als Trager der Verstarkungen der Scheidhogen und der Kreuzgewolbe. Ware das hier zu hoher Anmuth aus- gebildete System durch alle Theile des Baues consequent bei- behalten worden, so wire diese Kirche unbedingt das edelste Produkt der romanischen Architektur in den ganzen deutschen Landen, und selbst die besten Monumente des rheinischen Ge- bietes, obwohl an Pracht der Ausstattung allen verwandten An~ lagen Deutschlands weit tiberlegen, dirften sich an harmoni- scher, einheitlicher Durchbildung mit ihm nicht messen. Nun aber hért mit dem Beginne des Langhauses plotzlich jene feine Ausfiihrung auf; das Mittelschiff ist kahl und einformig, und die offenbar spiter eingesetzlen spitzbogigen Gewdlbe, de- ren Pilasterstiitzen auf baroken Konsolen unschon dicht tiber dem Horizontalsims ruhen, und deren Schildbégen hart in die Halb- bégen der Fenster einschneiden, geben einen unerfreulichen Eindruck. In den Seitenschiffen ist nur das erste Gewdlbequa- drat noch in der Weise der angrenzenden éstlichen Theile zier- lich mit Pilaster und Halbsdulchen gegliedert; von da ab ver- fallt alles Uebrige gleicher Niichternheit, und merkwiirdig ge- nug begegnet uns beim Aeusseren der Kirche gerade auf der- selben Stelle die letzte Spur zierlicher Detaillirung, da die Wandflachen des Langhauses im Uebrigen kahle, unbelebte Mauermassen bieten. Mit der westlichen Vorhalle ist schon frih eine Veranderung vorgenommen worden; man gab nam- lich, wie dies oftmals anderwarts geschehen ist, den westlichen Eingang, der ohnehin niemals Haupteingang war, auf, ver- mauerte das Portal und schuf den Raum der Vorhalle zu einer eruftartigen Kapelle um, deren niedriges rundbogiges Kreuz- gewolbe in zwei Sdulen seine Stitzen fand. Zwischen diesem Gewélbe und dem Boden der Loge ist noch jetzt ein Raum vorhanden, der zur Balgenkammer dient und dessen Tonnen- gewolbe das der ehemaligen Vorhalle ist. Man entdeckt an demselben noch die Spuren einer Bemalung, unter welcher wir ohne Zweifel die alte zu erkennen haben. Denn diese bauliche Umgestaltung der Vorhalle geschah in den letzten Zeiten des romanischen Styles; dafir sprechen die rundbogigen Kreuzge- wolbe, die Kelchform der Saulenkapitéle und die hereils im Spitzbogen tberwélble Thiir, die aus dem Mittelschiffe hinein- fihrt. Gegenwirtig ist eine Untersuchung dieser Gemalde nicht ausfiihrbar. Das schon von mir erwahnte seltsam gestaltete Haupt-Portal hat leider viele Verstiimmelungen erfahren ; bei einer genaueren Durchforschung der Kirchenraume erst ent- deckte ich in einigen durcheinandergeworfenen Steintrimmern die Tatze des een Lowen, welche den Oberkérper eines zier- lich gelockten Kindes gefasst halt; wahrscheinlich war dem anderen Ungethiim ein ahnliches Bild beigegeben. Die Stel- jung der Lowen ist nicht, wie in den meisten italienischen Kir- chen, dem Herantretenden entgegengewendet ), sondern ein- ander zngekehrt, wie an der Kathedrale von Cremona und 8. Quirico bei Sienna. Das Material der Kirche ist ein vortreff- licher Kalkstein, den die Steinbriiche des nahen Elms bieten; die grossen sorgfaltig bearbeiteten Quadern sind sehr genau zusammengefiigt, die Fugen ausserst schmal, und an dem gan- zen Mauerwerke vermag auch die scharfste Uutersuchung kei- nen Riss zu entdecken. Lange der Kirche 233 F. rh., grosste Втене 1101. Der prachtvolle Kreuzgang gehért, seiner gra- 1) So an San Zenone und der Kathedrale zu Verona, San Donino bei Parma, der Kathedrale von Trient, Sta Maria in Toscanella, den Kathe- jralen zu Monza und Modena und, doch bier ohne Séulen, San Pietro in Spoleto.