der Kunst im Ailgemeinen sprechend, nur dem Orient, Grie-
chenland und Italien, und ausserdem Frankreich im 13. Jahr-
hundert Schulen von einem schépferischen Geist und von be-
deutendem Einfluss zugestehen will, so wird ihm hierin in Be-
treff auf Griechenland und Italien wohl zwar Niemand wider-
sprechen, wenn er aber sich ferner aussert, dass die tibrigen
Schulen nie von dem Genius der Kunst begeistert gewesen, so
muss ich offenherzig bekennen, dass mir aus den Werken der
van Eyck und ihrer gréssten Schiller, wie aus denen des Al-
brecht Diirer und Hans Holbein ungleich mehr des echten
Kunstgeistes entgenleuchtet, als in Allem, was ich bisher von
orientalischer Kunst, inclusive Aegypten zu Gesicht bekommen
habe. Jeder, dem die Kunstgeschichte nicht fremd ist, wird
die Ansicht des Verf. theilen, dass die Malerei in Frankreich
durch den Einfluss der Briider van Eyck von conventionellen zu
naturgemissen Formen gelangt ist, wenige aber méchten ihm
in der Behauptung beistimmen, dass diese naturwahren Formen
bei den van Eyck und ihrer Schule in nichts Anderem be-
standen, als einen in den Verhiltnissen etwas kurzen, etwas
	  rothbackigen und etwas gemeinen Typus sehr gelreu wieder
	  za geben. Bei dem gréssten Theil des Genter Allars, bei der
  Mehrzahl der Bilder Rogier van der Weyden des 4lteren

und vollends des Memling ist dieses durchaus nicht der Fall.
Billigerweise hatte der Verf. das allen ausgezeichneteren Bil-
dern dieser Schule innewohnende tiefe innige und naive reli-
gidse Gefiihl als cin Hauptmoment derselben geltend machen
wiissen. Allerdings ist dem Verf. zuzugeben, dass in den fran-
zosischen Nachahmungen dieser Richtung die Verhaltnisse meist
schlanker, die Form der Képfe edler, die Motive graziéser sind,
hiufig aber geschieht dieses auf Kosten der Mannigfaltigkeit
und Lebendigkeit. Schr richtig wird die mattere und blassere
Farbe des Fleisches, der allgemeine Silberton als eins der Kenn-
zeichen angegeben, wodurch man franzdsische Malereien dieser
Zeit und Weise von niederlandischen, in denen eine gréssere
Kraft, Klarheit und mehr die warme Farbenleiter vorherrscht,
unterscheiden kann, wie ich mich durch die genaue Verglei-
chung einer sehr grossen Zahl von Miniaturen in Manuscripten
in beiden Schulen tiberzeugt habe.

Unter den niederlandischen Malern, welche in der zweiten
Halfte des 15. Jahrhunderts an den Hof von Frankreich gezogen
wurden, befand sich auch ein Jehan Clouet, der noch, wie
eine vom Verf. beigebrachte Quittung beweist, im Jahre 1475
fir den Herzog Carl den Kiihnen von Burgund 26 Felder auf
Flaggen bemalt hatte. Dem Namen nach scheint er ein Wal-
lone gewesen zu sein. Spater hat er nach dem Verf. in Tours,
dem damaligen Siize des franzésischen Hofes, gelebt. Ueber
seine dort ausgefithrten Arheiten scheint aber nichts bekannt
zu sein, denn der Verf. fihrt nur noch an, dass ihm gegen
1485 ein Sohn geboren worden, welchem er denselben Vor-
namen Jean gegeben hat. Dieser muss sich schon friih in dem
Fache der Bildnissmalerei, welchem er sich widmele, ausge-
zeichnet haben, denn aus einem Zahlungsvermerk, welchen der
Verf. giebt, geht hervor, dass er bereits im Jahre 1523 als
Maler des Kénigs mit 240 Livres angestellt war und den Titel
Kammerdiener hatte. Aus einem anderen Vermerk derselben
Art erhellt, dass er im Jahre 1536 sich noch in derselben
Stellung befand. Andere ahnliche Documente beweisen, dass
ihm manche Bildnisse noch besonders bezahlt worden sind, und
aus einem vom Jahre 1529 ergiebt sich, dass er fir den Kénig
Franz 1, der cin ebenso grosser Freund der Kunst als der
Frauen war, wie friher Jan van Eyck far den Herzog Philipp
den Guten von Burgund, Bildnisse von Geliebten gemalt hat,
deren Namen auf Befehl des Kénigs in dem Document unter-
	driickt worden sind. Aus diesen urkundlichen Nachrichten er-
	indem, wie am braunschweiger Dom, mit Uebergehung eines
Pfeilers der jedesmal folgende ausser seiner Funktion als tra-
gendes Glied der Arkadenreihe noch fiir die Bestimmung eines
Gewélbtragers ausgebildet ist. Was jedoch dort einem Pilaster
libertragen wurde, wird hier von einer kraftigen vom Boden
aus aufsteigenden Halbsiule geleistet, von deren Kapitalgesims
die ziemlich breite undetaillirte Quergurte in kaum merklichen
Spitzbogen emporsteigt. Nebengeordnele Konsolen sttitzen die
rundbogigen, im Querschnitt halbrunden Kreuzgurte, deren
Schlusssteine verschieden gebildet sind. Die vier grossen Eck-
pfeiler der sogenannten Vierung sind machtiger gebildet und
reicher detaillirt. An jede der einander zugewandicn Pfeiler-
flachen legt sich eine sehr kraftige Halbsdule, welche die als
starke Wiilste geformten rundbogigen Quergurte trigt. Diese
sechs grossen Halbsdéulen haben ihre altische Basis (ohne Eck~
аи) in einer Hohe von etwa 8 Fuss vom Boden, von da ab
ist der untere Theil pilasterahnlich und zeigt die Spuren ehe-
mals angeordneter Balustraden. In die Pfeilerecken schmiegen
sich diinnere Halbsaulen, von welchen die Kreuzgurten aus—
gehen. Dieselbe Gewélbekonstruktion zeigen die Seitenquadrate
des Querschiffes. Nur der um wenige Stufen erhéhte quadra-
lische Chorraum hat auf Kragsteinen von einfacher Form ein
gurtenloses rundbogiges Kreuzgewélbe. Spitzbogig sind da-
gegen die Arkadenbogen des Langhauses. Auch die Seiten-
schiffe sind iberwélbt, und es fehlt auch hier nicht an einer
feineren Detaillirung. An der Wand sind den Arkadenpfeilern
gegeniiber Pilastervorspriinge angebracht, denen ahnliche Ver-
starkungen an den Arkadenpfeilern entsprechen, welche als
Gewélbtriger auch im Mittelschiffe durch eine Halbsaule ver-
stirkt waren; an den iibrigen Pfeilern vertritt die Stelle des
Pilasters ein einfacher Kragstein. Die breilen Quergurte der
Seilenschiffe sind im Halbkreisbogen gespannt; die Gierungen
	der hier befindlichen Kreuzgewolbe treten nur in der unteren  
	Halfte scharf hervor, wahrend nach dem Schlusse 4ез бе\зубез$
zu die einzelnen Kappenflichen in einander iibergehen. Das
Fehlen des Horizontalsimses, so wie die paarweise Gruppirung
der kleinen romanisch gebildeten Fenster zeugt von der Con-
sequenz, mit welcher hier das Prinzip des Gewélbebaues alle
Bautheile durchdrungen hat. Bemerkenswerth ist noch, dass,
wahrend jeder Querschiffarm seine Absis hat, das Hauptchor,
durch ein grosses gothisches Fenster erhellt, geradlinig ab-
schliesst. Nicht die mindeste Spur einer ehemaligen Hauptaltar-
tribiine war mir zu entdecken mdglich. Die ganze architekto-
nische Anlage bestimmt mich, den Bau, wie er hier vorliegt,
in das erste Viertel des 13. Jahrhunderts zu setzen. Das Ма-
terial der Kirche sind kleine unregelmassig geformte und ver-
bundene Feldsteine; nur die Ecken und Fenstereinfassungen
sind aus Sandsteinquadern gebildet. Die Lange der Kirche be~
	ragt im Lichten 124 Fuss, die grosste Breite 73 Fuss,
(Schluss folgt.)
	ОА чи ета ат”.
	La vrenaissance des arts & la cour de France par le
Comte de Laborde. Tome premier, peinture. Paris

ches L. Potier. 1850. XVIII und 563 Seiten.
	Von G. F. Waagen.
	(Fortsetzung.)
	Der erste, sehr ausfihrliche Aufsatz (S. 1—150), welcher
darauf folgt, ist ,,les trots Clouet“ diberschrieben. Der Verf.
nimmt indess Veranlassung, sich in demselben auch tiber vicle
andere Gegenstande der Kunst auszusprechen. Wenn er, von