bisweilen an das Gezierle streifenden Motive, jene tiberschlan-
ken Verhaltnisse nicht, wie gewdhnlich angenommen wird,
erst durch Rosso und Primaticcio nach Frankreich hingebracht
worden, sondern dort schon friher selbstandig zur Ausbildung
gelangt sind. Dass sogar jene italienischen Maler von diesem
nationalfranzésischen Geschmack sich viel angenommen, geht
aus einem Vergleich der Arbciten hervor, welche sie frtiher
in Italien und spater in Fontainebleau ausgefihrt haben. Die
Schule des Frangois Clouct lasst sich bis zur Regierung Hein-
reich IV verfolgen, von dessen Hofmaler und Kammerdiener
Benjamin Foulon sich im Kupferstichcabinet der National-
Bibliothek zu Paris noch 48 Kreidezeichnungen befinden, deren
eine Fulonius fecit bezeichnet ist, welche alle aber den Ein-
fluss des Janet zeigen. Zum Schlusse erwihne ich noch des
1619 gestorbenen, schon sonst in der Kunstgeschichte bekann-
ten, Martin Freminet, von welchem der Verf. urkundlich
beibringt, dass er 1609 eine ahnliche Stellung wie Foullon
erhielt.

Der nachste Abschnitt (8. 261 — 332) giebt urkundliche
Nachrichten von 78 Malern in Oel, in Fresco, in Glas und in
Miniatur, welche von Kénigen yon Frankreich vom Jahre 1484
bis 1620 beschaftigt worden, ohne férmlich yon ihnen angestellt
zu sein. Ich kann von diesen nur solche anftihren, welche
zufolge der Nachrichten als besonders bedeutend erscheinen,
oder von denen noch Werke vorhanden sind. Von Jean
	Poyet, der uns hier zuerst begegnel, ist schon oben die Rede  
	gewesen. Unter der grossen Zahl von Malern, welche in Fon-
tainebleau gearbeitet haben, erscheint Charles Dorigny, der
dort von 1533 ab beschafligt war und 1551 starb, als einer der
bedeutenderen, denn fiir ein Altarbild mit Fligeln, welches er
1548 fir den Herzog von Orleans ausfihrt, erhalt er die fir
jene Zeit betrachiliche Summe von 100 Thalern (ecus soleil).
Auch Michel Rochetel, der von 1540 an in Fontainebleau
thitig ist, gehért zufolge des Auftrags, den cr 1545 von Franz I
erhielt, fiir den schon erwahnten Emailmaler Leonard Li-
mousin die colorirten Cartons der awélf Apostel zu machen,
zu den namhafteren Kinstlern. Da die 1547 nach jenen Car-
tons ausgefihrten Emaillen noch in der Mariencapelle der Kirche
der heiligen Vater zu Chartres vorhanden sind, kann man das
Verdienst des Rochetel noch beurtheilen. Zu den angesehenen
Malern zur Zeit Heinrich IV gehért Francois Quesnel, Mit-
glied eincr zahlreichen Kiinstlerfamile, ein tibrigens zufolge des
nach Gemalden von und Kupferstichen nach ihm gebildeten Ur-
theils des Verf. nur missiges Talent. Schliesslich wird auch
noch Rubens wegen seiner fiir die Kénigin Maria von Medicis
gemalten Galerie von Luxemburg aufgefihrt.

Der vierte und letzte Abschnitt ,,comptes des batiments ro-
уаих“ tiberschrieben (S. 333—541) enthalt besonders ausfiihr-
liche und merkwtirdige Nachrichten fiber Arbeiten jeglicher Art,
welche im Schloss von Fontainebleau von Franz I bis zu Carl] IX
(1528—1571) ausgefithrt worden sind, und giebl tiber die Grésse
der fiir dieses Schloss verausgablen Summen, so wie tiber die
Thatigkeit und die Stellung so beriihmter Kinstler als Rosso,
Serlio, Primaticcio, Pierre Lescot, die beiden de Lorme
u. a. sehr interessante Aufschliisse, welche sich indess nicht
zu cinem Auszuge eignen. Nachstdem sind die Nachrichten
ther den Louvre und das Schloss von Boulogne (Madrid), wich-
tig. Doch hat der Verf. sich von dem ersten Vieles fiir eine
besondere Geschichte dieses Palastes, von dem letzteren fir
einen Abschnitt: ,, Les della Robbia* aufbehalten, in dem yon
Jerome della Robbia gehandelt werden wird, welcher dic
eigenthiimliche Kunstweise seiner Familic nach Frankreich ge-
bracht hat. Em Ende folgt, ausser einer Inhaltsanzeige tiber
die einzelnen Abschnilte, noch ein nach der Zeitfolgec angeord-
	netes Verzeichniss der sammtlichen, in diesem Theile behan-
delten Maler, welche vom Hofe von Frankreich von Ludwig XI
bis Ludwig XIV beschaftigt worden, so wie ein sehr ausfiihr-
liches alphabetisches Verzeichniss Бег saémmtliche erwdhnte
Gegenslande und Personen. Méige der beriihmte Verf. recht
bald im Stande sein, die folgenden Bande eines Werkes, wel-
ches eine solche Fille von neuen kunsthistorischen Thatsachen,
von neuen und geistreichen Bemerkungen enthalt, allen denen
zu geben, welche in Europa an der Kunstgeschichte ein wah-
	res Interesse nehmen.
	Hi olzselhmnittwerk.
	Holzschnitie beriihmter Meister. kine Auswahl
von schinen, charakteristischen und seltenen Original-
Formschnitien, oder Bléitern, weiche von den Erfindern,
Malern und Zeichnern eigenhiindig geschnitten worden.
In treuen Copieen von bewiihrten Kiinstlern unserer Zeit
und als Bildwerk zur Geschichte der Holzschneidehunst,
herausgegeben von Rudolph Weigel. FErstes Heft
in & Blittern auf chin. Papier, auf Cartons aufgelegt

nebst Text. In einer Mappe. Fol. Preis: 3 Thir. Leip-
sig, Rudoloh Weigel. 1851.
	(Schiuss.)
	Der Raum gestallele in der vorigen Nummer nicht inchr,
zur weileren Erklarung des Burgkmair’ schen Bildes, dessen
liebenswirdiger und anziehender Inhalt unsere Leser gewiss
angesprochen hat, auch noch die betreffende Stelle aus dem
Text des Weisskunig mitzutheilen. Wir holen dies heute
nach. Das Buch berichtet tiber diese originellen Sprachstun-
den also:

Alls Nan die frewdt, der Hochtzeit verganngen, vnd ein jegclicher
widerumb haim zu hawsz kumen was, begunnt der Jung kunig, von
tag zu tag, sich gegen seinem gemaehl in lieb vnd freundschafft zu
offenbaren, vnd als Sy also, ain zeit bey ain annder wonneten, hue-
ben Sy an, Ains das annder, sein sprach zulernen, ynd ain yedes,
ward insonnderhait beflissen, des anndern sprach in kurtz zulernen,
Nan erfordert die grosz notturfft, das der Jung weisz kunig seiner ge-
mah! sprach, Nemlichen die Burgundische sprach, pald lernet, Damit
Er seiner gemahi lannd, desterpasz Regiren mocht, Alsdann ainem Je-
den kunig not thuet, seiner Unnderthannen sprach zu kundten, упа
aus solicher Ursach, het der Jung kunig, zu seiner gemahl sprach,
sondern vleiss, vnd lernet dieselb sprach in kurtzer zeit, vnd kundt
dieselb sprach alls wol reden, versteen, vnd schreiben, als were-Er
ain geborner von derselben sprach gewest, Solich sprach Ime, in vil
mercklichen sachen, vnd nemlichen in den grossen kriegen, zu sonn-
dern Nutz vnd guetem kam.“

Das zweite Blatt ist von Lukas Cranach dem Aelteren:
»Christus und die Samarilerin®. Diese Darstellung zeigt in ho-
hem Grade die gliickliche Naivelat der Auffassung und genauc
Naturbeobachtung, die den Meister Cranach vorzugsweise aus-
zeichnen, und die seinen Werken eine so lebensvolle Realitat
zu geben vermégen. Der Christus mit sciner deducirenden Gestc
und Miene, welche ganz der Sinnigkeit und Gewichligkeit sei-
nes Ausspruchs Бег den ewigen Lebensbrunnen entspricht,
die Magd mit dem aufmerksamen Gesichte, in dem sich das
Bemiihen malt, die Worte des Heilands zu versteken; Er, be-
quem hingelehnt tiber den Rand des Brunnens, sie in der Ar-
beit des Schépfens plétzlich innchaltend, die hindernden Rock-
falten zwischen die Knie geklemmt, nach Art der Wasser-
schépferinnen — das Alles ist in seiner Auffassung so direkt
aus dem Leben genommen, dass eine natitirlichere und naivere