07 projektirten Centralkommission wirklich Sachverstandige in der (archdologischen) Hauptrichtung der Anstalt sich vorfinden sollten, so wird diess reine Sache des Zufalles sein, eine Basis, auf der man solide Bauten sonst nicht zu errichten pflegt. Allein auch damit ist der Widersinn noch nicht geschlossen. Eine wahrhaft ungeheuere Thatigkeit, auch fiir die Sachverstandigsten nur mit eiserner Beharrlichkeit und vollster Hingebung zu be- waltigen, wird die Centralkommission zu entfalten haben. Sie -besteht aber durchaus aus Mannern, deren Amtsberuf ihre Zeit und Kraft in ganz anderen Richtungen in Anspruch nimmt, welche also der neuen Anstalt nur ihre Nebenstunden, nur ihre ge- ringste Krafl zuwenden kénnen. Wie man bei den trefflichen Mustern, die Frankreich, Belgien darbieten, wie man im Hin- blick auf deutsche wenn auch minder genigende abnliche An- stalten, so ganz gegen alle Erfahrung und, sagen wir es nur ganz offen, so ganz ohne Sachverstaindniss, logisch schlecht gegliederte Paragraphe in wenig wiirdiger Sprachform zusam- menselzen und das fiir die Gliederung einer neuen Staatsanstalt fix Erhaltung und Erforschung der historischen Denkmale des Kaiserreiches halten konnte, wird eben nur begreiflich, wenn man die Art des Zustandekommens kennt. Eine Hoffnung blieb den tiber die Verordnung des Handelsministeriums Erstaunten noch ubrig, dass néimlich der Herr Handelsminister selbst Ge- legenheit gefunden habe, sich die Organisation néher zu be- sehen und sie dann, da er seine vortreffliche Absicht verfehlt sah, zu verwerfen. Man vernahm auch bald, dass der Unter- richtsminister sich mit seinem Kollegen in Einvernehmen iiber die Herstellung einer zweckmassig eingerichteten Staatsan- stalt fiir die historischen Denkmale gesetzt habe und eine Commission von Sachverstaéndigen zusammenzurufen beabsichtige, welche die Grundsatze, von welchen bei einer solchen Organi- sation auszugehen sei, feststellen sollte, um dann den Delegirten seines Ministeriums als Instruktion fiir ihr Verhalten bei jener aus Ministerialbeamten und Sachverstindigen zusammenzusetzen- den allgemeinen Commission, welche die ganze Einrichtung zu berathen und zu beschliessen hatte, als Norm und Leitfaden zu dienen. Wirklich ergingen auch die Einladungen zu diesen Be- rathungen im Unterrichisministerium an die HH. Chmel, Eitel- berger, Feil, Hauslab, Heider, Melly, Résner durch den Ministerialrath Grafen Franz Thun, welcher den Sitzungen prasidirte, bei welchen die Einigungspunkte bald gefunden waren. Seitdem sind sechs Wochen verflossen, ohne dass iiber den weiteren Fortschrilt der Verhandlungen irgend etwas verlautet hatte, wir fiirchten, ohne dass seitdem irgend ein Fortschritt staitgefunden habe, In der Zwischenzeit aber ruht das Werk der Zerstorung nicht. Nachrichten von Vandalismen aller Art, durch die friher erwahnten Anlasse veriibt, kommen fort und fort in allen Kronlindern vor, die der Eintritt der milderen Jahreszeit zu einer erschreckenden Héhe steigern wird, wenn bis dahin die mit gutem Willen so leicht und rasch einzurich- tende Staatsanstalt noch immer nicht angefangen hat, aus der papiernen Hille heraus ins praktische Leben zu treten. Ein Staatsschiff, dessen Anker im historischen Grunde am sichersten haften, hat alle Ursache fiir den Schutz und die Befestigung desselben zu sorgen, ein Reich, das sich zu den Cullurstaaten zahit, darf an dem edelsten unersetzlichen Nachlasse seiner Vergangenheit keine Minderung durch fremde Barbarei und eigene Gleichgiltigkeit eintreten lassen. Ist das Ministerium wirklich so von der politischen wie wissenschaftlichen Wich- ligkeit der historischen Denkmale durchdrungen, wie es nach dem Vorangegangenen angenommen werden muss, so wird es nicht Iange zégern, die Staatsanstalt, welche ausschliesslich dafiir bestimmt ist, in zweckmassiger Gestalt und zu rechter das heisst: nachster Frist ing Leben treten zu lassen. Wir richtungen“ zu diesem Zwecke in Aussicht stellt. Mit Freuce und Dank begriissten die Freunde der heimischen Kunst und der nationalen Denkmale diesen Erlass, (wie insbesondere Be- richte aus Salzburg erkennen liessen) mit Spannung sahen sie den ,,umfassenden Einrichtungen“, die endlich unseren Denkmal- schatz bewahren, feststellen, zuganglich machen sollten, ent- gegen. Zwar war manches beunruhigende Gerticht aufgetaucht, aber man wollte nicht daran glauben. Am 31. Dezember er- hielt der Vorschlag des Handelsministeriums die Sanktion des Kaisers und in dem von diesem Ministerium besonders heraus- gegebenen Verordnungsblatte vom 4. Jénner d. J. sind bereits die ,Grundztige* der Organisation fiir die Staatsanstalt ,,zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmialer* enthalten. Diese Einrichtung aber ist eine ganzlich verfehlte, weil sie von Prin- zipien ausgeht, welche in ihrer Anwendung die Zwecke der Anstalt nicht nur nicht erreichen lassen, sondern diesen Zwecken geradezu entgegenarbeiten. Wahrend die Privatthatigkeit weder ausreichend noch forderlich zur Erhaltung der historischen Denk- male des Reiches sich erwiesen hatte, wird der gréssere und wichtigere Theil der Altributionen der neuen Anstalt der Privat- thatigkeit tiberlassen. Wahrend bittere Erfahrungen bewiesen haben, dass das Halbwissen der Dileltanten den Denkmalen argen Schaden zugeftigt hat, wird auf die Privatthatigkeit haupt- sichlich der Dilettanten Werth gelegt. Wahrend die Gefahr, welche die archiologische Unwissenheit der Baubeamten den schadhaften Denkmalen bringen kann und gebracht hat, Nie- mand verkennen kann, sollen die Restaurationen von diesen Baubeamten besorgt, sollen sie den Dilettanten zur Verfiigung gestellt werden. Wahrend bei der Gleichgiilligkeit der Land~ bevélkerung und der Kleinstadigemeinden ein freiwilliges Ein- gehen auf Winsche, die irgend unbequem oder wohl gar kost- spielig sind, nicht im Geringsten zu erwarten ist, ist weder den dilettirenden Conservatoren eine offizielle Autoritat einge- réumt, noch durch einen behérdlichen Mittelpunkt dafiir ge- sorgt. Wa&ahrend die mannigfachste Verschiedenheit der Besitz- titel und der Eigenthumsverhalinisse bei den Erhaltungs—Kosten- anschlagen und bei dem Einschreiten der Anstalt in Betracht kommt, ist weder durch Einzelbestimmung noch durch einen allgemeinen Grundsatz iiber die Dependenz eines historischen Denkmals vom Staate auch nur eine Sylbe vorgesehen. Wah- rend die laufenden Geschafte und Arbeiten der Anstalt eine fixe Geldausstattung derselben unumgéanglich nothwendig machen, wird von dem Vorzuge der Kostenlosigkeit, den sie durch Ueber- weisung ihrer Aufgaben an die Privatthatigkeit habe, gesprochen, da doch die geringste Position irgend eines praktischen Falles die grobe Tauschung, die den Verfasser blendete, klar machen musste. Damit ist aber die Verkehrtheit der Einrichtung bei weitem nicht erschépft. Den Mittelpunkt, in welchem dic geld- lose, dilettanto - btireaukratische Privatthatigkeit in den Kron- landern sich konzentrirt und von dem wieder die Impulse dahin ausstrahlen, ist die Centralkommission in Wien. Man sollte nun vermuthen, dass wenigstens die volle Sachverstindigkeit der Leitenden im Centrum die Mangelhaftigkeit der Krafte in der Peripherie weniger fihlbar machen, deren bésen Geliisten einen straffen Ziigel anlegen kénne. Man wiirde gross irren. Nicht Sachverstandigkeit ist das Erforderniss eines Mitgliedes der Centralkommission, sondern dasselbe muss einer der folgenden Corporationen angehdren: Ministerium des Innern, item des Cultus und Unterrichtes, item des Handels, Akademie der Wis- senschaften, Akademie der Ktinste. Bei allen diesen Corpora- tionen ist Kenntniss der Archdologie ein hors d’oeuvre, mit Ausnahme der Akademie der Wissenschaften, die aber ein ein~ ziges Mitglied hat, das rémische und keines, welches christ- liche mittelalterliche Archiologie betriebe. Wenn also in der