aber schliessen mit dem Wunsche und in der Hoffnung, dass
das ésterreichische Kaiserreich damit endlich in die Zahl jener
Staaten Europas eintreten mége, welche ahnliche, zum gréssten
Theile trefflichbewahrte, Anstalten fiir die Erhaltung ihrer histo-
rischen Denkmale, fiir die Verbreitung ihrer Bedeutung, und
damit fiir die dauernde Basis echter Vaterlandsliebe wie fir den
Ruhm und die Ehre des Landes langst getroffen haben.
Briinn, im Februar. WV. Z
	Pariser Kunstausstellung von 1850 —5l.
	(Fortsetzung.)
	Stelle der entthronten Gétter, Helden und Kénige zu setzen.
Unc unter Volk ist hier nicht etwa die Gesammtheit der Staats—
biirger verstanden, sondern ausschliesslich die niedirgste Klasse
der Gesellschaft; die Art aber, wie der Kiinstler in seinen
Bildern dieses Volk auffasst und darstellt, kann dem letztern
selbst unmdéglich schmeicheln, und ist sicher nicht geeignet,
dem Kinstler und seiner Weise von irgend einer Seite Sym-
pathien zu erwecken; so dass er also, in Widerspruch mit sich
selbst verwickelt, seinen Zweck offenbar verfehlen muss.

Ein zweites Bild von Courbet, ,,die Steinklopfer“, stellt
in Lebensgrésse einen alten Mann, auf der Heerstrasse Steine
zerschlagend vor, wahrend cin junger Bursche einen Korb voll
Steine zutragt. Hine rein kiinstlerische Idee hat hier den Maler
nicht geleitet, denn dieser Gegenstand ist nicht unbefangen und
anspruchslos wiedergegeben, wie in ihrer Guimithigkeit Ostade
und die Hollander einen solchen darzustellen im Stande gewesen
waren, oder Velasquez in seinem schlichten und edlen Natur-
gefihl: es ist nicht der Reiz der malerischen Behandlung, ein
schmeichelndes Spiel von Licht und Schatten, eine abendliche
Stimmung oder dergleichen, was dem nichtssagenden Gegen-
stand Bedeutung verleiht: hier ist vielmehr Sinn und Bedeutung
im Gegenstande selbst, und der Beschauer kann etwa folgende
Lehre herauslesen: ,Sehet, so muss in unsern gesellschaftlichen
Verhaltnissen der Arme, dem die bevorzugte Kaste der Unter-
driicker seinen Antheil an den Gentissen des Lebens vorent-
halt, von der Wiege bis zum Grabe, mit gekriimmtem Ricken,
im Sonnenbrand wie im SchneegestOber sein ktimmerliches Da-
sein fristen.“

Von wohithuenderem EHindruck, weil absichtsloser, erschei-
nen mir ,die vom Jahrmarkt heimkehrenden Bauern‘, in hal-
ber Lebensgrésse. Allerdings neigen sich Courbet’s Landleute
auch hier wieder ganz entschieden dem Ideal der Hasslichkeit
zu, und aus ihren Ziigen spricht eine gewisse geistige Stumpf-
heit. Doch fehlt es diesem kraftig gemalten Bilde von guter
malerischer Wirkung nicht an Ziigen von Humor. Dass im
Vordergrund des Bildes einer der heimkehrenden Bauern (und
zwar unverkennbar ein Israelit) von dem vor ihm herlaufenden
Schweine am Stricke gezerrt und gleichsam fortgefiihrt wird,
wollen wir ebenfalls als humoristischen Zug oder als harmlosen
Scherz auslegen. Verhielte es sich damit anders, so ware dies
eine neue Bestaligung unserer obigen Bemerkung, dass C. mit
seiner Absicht im Widerspruch, statt Sympathien nur Ekel und
Abscheu erregen kann.

Ausser diesen drei Bildern hat C. noch zwei landschaft-
liche Ansichten und vier Bildnisse ausgestellt. Wir beschran-
ken uns darauf, unter den letzteren sein eigenes Bildniss
hervorzuheben. Wenige Gemalde der ganzen Ausstellung sind
mehr besprochen und bewundert worden als dieses Portrait,
das Brustbild eines Mannes von mittleren Jahren, mit dunklem
Haar und Bart, etwas finsterem, menschenfeindlichem und er-
greifendem Ausdruck, doch zu gleicher Zeit von energischem
und entschlossenem Charakter; eine kurze, schwarzangerauchte
Kélnerpfeife zwischen den Zahnen. Trivial, fast abstossend in
der Auffassung, erreicht dieses Bild durch die unvergleichliche
Wahrheit, die breite, fette Behandlung und den meisterhaften
Vortrag eine Hohe, die ihm neben den hollandischen und spa-
nischen Portraitmalern des 17. Jahrh. eine Stelle anweisen.

Das Bild, das Aller Augen auf sich zieht, beim Kintritt in
den grossen, von oben erleuchteten Saal des provisorischen Ge~
biudes ist: Charles Miller’s ,Verlesung der letzten Schlacht-
opfer der Schreckenszeit (Gefangniss von St. Lazare)“. Diese
grosse Composition ist, was vor vier Jahren Couture’s „Абшег
aus den Zeiten des Verfalls* waren, — das Hauptbild und die
	Krone der Ausstellung. Ch. Miller hat seit etwa 10 Jahren
413 +
	Yendenz- und Revolutionsmaler: G. Courbet, Charles
Miller, A. Vinchon, Philippoteaux, Debay, E. La-
coste, A. Leleux, Meissonnier uw. A.
	Gehen wir jetzt zur Betrachtung der einzelnen Kunstwerke
Uber. Da wir uns aber zur Aufgabe gestellt, einen etwaigen
Fortschritt der Kunst, ein neues Element, das in Gegenstand,
Auffassung oder Behandlung im Gefolge der politischen Ereig-
nisse der letzten Jahre das Gebiet der bildenden Kinste erwei-
tert haben kénnte, zu bezeichnen: so miissen wir hier zundchst
eine nicht gleichgtiltige Erscheinung in’s Auge fassen, die zwar
von vornherein als eine Verirrung zu bezeichnen ist. Von einem
seit wenigen Jahren erst gekannten Kinstler, Gustave Cour-
het, ist eine Reihe von Bildern auf der Ausstellung erschienen,
die Kinstler, Kritiker und Publikum in Bewegung setzen. Das
Hauptbild, dem die Ehre des grossen miltleren Saals zu Theil
geworden, und um welches man_ bestindig lebhaft bewegte
Gruppen versammelt sieht, stellt ein ,,Leichenbegangniss in
Ornus“ vor. (Die Heimath des Kiinsilers und der Schauplatz
aller seiner Darstellungen ist die gebirgige Umgegend von Be-
sangon, in den Auslaufern des Jura, gegen die Schweizergranze
zu.) In colossalen Verhalinissen auf einer Leinwand von mehr
als 15 Fuss Breite, sehen wir hier einen Vorgang aus dem all-
taglichen Leben, das Begrabniss eines Dorfbewohners sich ent-
rollen, mit grosser Meisterschaft der Behandlung, gewandter
Handhabung der technischen Miltel, mit malerischem Sinn in
der Anordnung, in der kraftigen Zusammenstellung der Farben
und in dem entschiedenen Helldunkel; andrerseits aber mit deut~
lich ausgesprochener Hinneigung zum Niedrigen und Gemeinen
in Form, Charakter und Ausdruck, ja sogar mit offenbarer,
absichtlicher Heraushebung und Uebertreibung des Unedlen,
des Hasslichen und Lacherlichen in Ziigen und Haltung der An-
wesenden, eine Uebertreibung, welche in den Gestalten der
zwei in ihrer scharlachrothen Amistracht erscheinenden Schép-
pen oder Kirchendiener zur vollstandigen Carrikatur ausartet.

Ware dieses Bild in kleinerem Maassstabe ausgefiihrt, hatte
es nicht in der malerischen Behandlung das bedeutende Ver-
dienst, das wir darin anerkennen miissen, so wire es, trolz
der nicht undeutlich darin ausgesprochenen Tendenz, unter
hundert andern Genrebildern unbemerkt, wenigstens unbespro-
chen geblieben; so aber fordert es die Kritik heraus, und ist
dem hellsehenden Pariser Publikum die moralische Bedeutung
dieser Darstellung nicht entgangen. In der That liegt das Ab-
sichiliche in der Wahl des Gegenstandes bei diesem wie bei
allen andern Gemalden Courbet’s auf platter Hand; zu allermeist
aber scheint mir in den kolossalen Verhaltnissen, in denen die~-
ser triviale Gegenstand behandelt ist, die Anmaassung ausge-
sprochen zu sein, nicht nur den Gegenstinden aus dem ge-
meinen Leben dic gleiche Berechtigung mit geschichtlichen
und heroischen Stoffen einzuraumen, sondern vielmehr das Volk
vorzugsweise, wo nicht einzig und allein zum Gegenstande der
kiinstlerischen Darstellung zu machen, somit das Volk an die