auf jeder Ausstellung Beweise seiner Thitigkeit gegeben, so dass er nicht wohl in Vergessenheit gerathen konnte. Jm Jahre 1841 schon stellte er ein grosses Bild aus, ,, Heliogabel, von sei- nen Buhlerinnen im Triumph durch die Strassen Roms gezogen“; andere Darstellungen grésseren Umfangs entlehnte er aus der heiligen, so wie aus der franzésischen Geschichte; noch an- dere aus der Mythologie, aus Ovid, aus Shakespeare und By- ron. Trotz dieser ernsten Wahi seiner Gegenstinde ist es Mil- lern nie gelungen, fir einen Geschichtsmaler zu gelten. Da- gegen ruft sein Name unwillkirlich und unvermeidlich Bilder der Sinnlichkeit, tanzende Madchen, Nymphen, die sich im gri~ nen Walde ergehen, oder den schelmischen Sylphen Puck, auf einem grossen Schwamme sitzend, in’s Gedachtniss. Denn diese Darstellungen sind es in der That, denen er seine Sympathien zuwendet, sie sind es offenbar, die dem Wesen seines Talentes am meisten zusagen. So erscheint ihm auch ein geschichtlicher Gegenstand, wenn er einen solchen behandelt, nicht in seiner ganzen geisligen Grésse, in seiner tiefen und ernsten Bedeu- tung; er fasst ihn vielmehr von der zunachst in die Augen fal- lenden Seite auf, und seine Idee findet daher ihren Ausdruck und ihre Verkérperung nicht in strengen Linien, nicht im feier- lichen Ernst des klassischen Styls, dem wiirdigen Trager отоз- ser geschichtlicher Charaktere; er sucht vielmehr und vor allen Dingen schénes tippiges Fleisch, glinzende Gewander und an- genehme Bewegungen mit malerischer Wirkung und in reicher meisterlicher Behandlung dem Auge vorzufihren. Diese Be- merkungen enthalten denn auch die Kritik seines diesjihrigen Bildes, das in der Auffassung etwas Theatralisches, in der An- ordnung etwas Gesuchtes hat. Es ist sicherlich kein kleiner Fehler, wenn nach dem Beschauen eines historischen Bildes, beinahe in den Vordergrund des Gedachinisses eine himmel- blaue Scharpe, ein apfelgriinseidenes Mieder und einige Atlas- kleider treten, wie es hier der Fall ist. Vertheilung des Lich- tes und Schaltens, besonders die Concentrirung des Lichtes auf den Mittelpunkt des Bildes und die Hauptgruppen, ist gliicklich zu nemen. Dagegen sind die Schatten und der ganze Hinter- grund, die Mauern des Gefingnisses vorstellend, von schwe- rem, triibem, undurchsichtigem, graubraunem Ton. Doch ist, trotz alle dem, dieses Bild eine sehr bedeutende Schépfung, die dem jungen Meister Ehre macht, und die den Mittelpunkt des Bildes einnehmende Gestalt André Chenier’s, kann sich dem Schénsten anreihen, was in unsern Tagen hervorgebracht wor- den ist. Unberiihrt yon den Schrecken des Todes, die sich auf den leichenblassen Ziigen aller Umstehenden malen und den Beschauer mit kaltem Schauder durchzucken, sitzt der Dichter, ein Schreibtafelchen und einen Griffel in der Hand, den begei- stert sinnenden Blick des tiefliegenden Auges nach innen ge- kehrt, und zu gleicher Zeit in die Zukunft schauend, als Seher und Prophet seiner eigenen Unsterblichkeit. Jedenfalis hat das Talent dieses Kinstlers bisher noch nie die Hohe erreicht, auf der uns die diesjahrige Ausstellung dasselbe zeigt. Das Bild, das zunichst die Aufmerksamkeit in Auspruch nimmt und das sich mit jenem in die Gunst des Publikums theilt, ist A. Vinchon’s ,Einschreiben der Freiwilligen (22. Juli 1792)“. Nachdem die gesetzgebende Versammlung von den Schritten der fremden Machte und dem drohenden Anmarsch der verbiindeten Truppen gegen die Grenzen Frankreichs in Kenntniss geselzt, die feierliche Erklarung abgegeben: ,Biirger, das Vaterland ist in Gefahr!* so bilden sich augenblicklich auf den Platzen der Hauptstadt Versammlungen, Geriiste werden errichet und die stadtischen Beamten tragen die Namen der zahlreich herbeistrémenden Freiwilligen ein. Der Kistler hat den Augenblick gewahlt, wo der erste Trupp von Freiwilligen, bewaffnet, in Reih und Glied abzieht, nachdem sie sich aus den Umarmungen von Frau und Kind, von Freunden und Angeho- rigen losgerissen; Andere dringen sich zu, um dem Ruf der Pflicht und dem begeisternden Beispiel zu folgen. Der General Dumouriez, vor dem Amphitheater stehend, richtet Worte der Aufmunterung an die jungen Manner, wahrend Petion, Maire von Paris, den weinenden Miittern die Zusicherung giebl, dass die Stadt fir die Zurtickgebliebenen sorgen werde. Unter den Anwesenden machen sich die Haupter der Girondins bemerk- lich; ferner Camille Desmoulins, Marat, Robespierre und André Chenier. Unter den Frauen, die die Tribiine fiillen, erkennt man Madame Roland. Dramatischer und fiir die kiinstlerische Darstellung geeigneter kann nicht leicht ein geschichtlicher Moment gedacht werden. Der Kiinstler, der seit langen Jahren mit der Darstellung ergreifender Scenen aus der franzésischen Geschichte vertraut, im Jahre 1835 schon seinen , Prasidenten Boissy d’Anglas, den auf einer Pike ihm vorgehaltenen Kopf Feraud’s griissend*, zur Ausstellung brachte, und mit diesem Bilde verdienten Beifall erntete, hat leider diesmal seine Auf- gabe verfehit, und die Gelegenheit, ein Werk von bleibendem Werth zu schaffen, unbenutzt gelassen. Deutlichkeit der Com- position und eine gewisse Handhabung der dussern Mittel, ist Alles, was sich zu seinem Lobe sagen lisst. Die Zeichnung ist ohne Charakter; mehrere der Hauptfiguren sind von ganz- licher Bedeutungslosigkeit, und der Mangel einer entschiedenen Beleuchtung, die gleichmassig helle kraftlose Farbung, das ro- senrothe Fleisch, die oberflachliche Behandlung deuten einer-~ seits auf ein Verkennen gewisser Grundbedingungen der mo- numentalen Kunst, andererseits auf die Unfahigkeit, gliicklichen Ideen, wie ehedem, den passenden Ausdruck zu geben und den Stempel des Geistes aufzudriicken, und bezeichnen somit einen Riickschritt im Talente dieses KiinsUers. Das dritte Gemalde aus den Zeiten der franzésischen Re- volution, den zwei ersten jedoch an Umfang weit nachstehend, ist Philippoteaux’ ,letztes Mahl der Girondins“. Dieses so vielfach beschriebene Symposium der neuen Zeit eignet sich weit eher fir die schriftliche als fiir die bildliche Darstellung, und nur ein Kiinstler des ersten Ranges kénnte, die Schwierigkeiten dieses Vorwurfes gliicklich umgehend und in gleicher Entfer- nung von sentimentaler und von melodramatischer Uebertreibung sich haltend, die gleichsam verklarten Gestalten dieser ehrwiir- digen Schwérmer, dieser Martyrer ihrer Ueberzeugungen, im Vorgefih! ihres nahen Endes mit stoischer Gemiithsruhe ther Unsterblichkeit der Seele und tber des Vaterlandes Zukunft sich unterhaltend, abbilden. Philippoteaux, wenn ich nicht irre, ein Schiiler und Gehiilfe Horace Vernet’s, jedenfalls sein Nach- ahmer, bekannt durch Schlachtengemalde in der Art зетез Meisters, ist dieser Aufgabe in keiner Weise gewachsen, und trotz einiger guter und ergreifender Motive — die Kerzen sind fast zu Ende gebrannt, und durch das Fenster des Hintergrun- des bricht der nahende Morgen herein — hat das Gemalde kaum eine Kigenschaft, die den gebildeten Beschauer fesseln und be- friedigen kénate, selbst nachdem der wnangenchme Eindruck der triben, stumpfen und einténigen Farbung iberwunden ist. Die Képfe, auf denen hier offenbar das Hauptinteresse ruht, sind hélzern-und geistlos ausgefiihrt. Dem Inhalte nach schliesst sich an diese Darstellungen an Debay’s , Episode von 1793 in Nantes“. Auf dem dffentlichen Platz von Nantes ist das Blutgertist aufgestellt — dem Blick des Beschauers zwar verhiillt — und der Henker ist in voller Thi~ tigkeit. Die Treppe, die zum Schaffot fiihrt, ist mit Schlacht- opfern gedrangt gefiillt. Zu Fiissen des Geriistes, im Vorder- grund, zieht eine Gruppe von Frauen, verzweifelt und hande- ringend, doch im Gebet Trost suchend, hauptsichlich die Auf- merksamkeit auf sich. Durch das Talent des Kiinstlers und durch