102 befindet sich nur ein Kenotaph), gehdrt zu den bedeutenderen dieser interessanten Bauanlagen. Bruck an der Muhr in Steiermark besitzt an einer Seite des Marktes eine reizende Arkadenreihe in zwei Geschossen tibereinander. Bedeutender aber stellt sich ein anderer Bau dieses Gebirgslandes, die ehemalige Domkirche zu Sekkau in Obersteiermark, eine miachtige Quaderbasilika, aus der Milte des 12. Jahrhunderts, mit norddeutschen Kirchen jener Zeit eng- verwandt, namentlich mit Paulinzelle, Hamersleben und S. Go- dehard in Hildesheim; die Gewilbe sind erst spater, im Anfange des 16. Jahrhunderts, eingezogen; ein prachtiges Grabmonument aus dem Ende desselben Jahrhunderts umschliesst die Gebeine des Erzherzogs Carl und anderer Glieder des ésterreichischen Hauses. Viele kleinere Kirchen der Umgegend zeigen den spat- gothischen Styl in sehr liebenswiirdig phantastischer Ausbildung, namenilich jene zu S. Магееп. Schloss Wolfsburg im Lavant-Thale, einst der Sitz der Vice~Dome von Bamberg, auf hoher Platte, im Angesichte der Karnthner Alpen gelegen, wird gegenwirtig zerstért, um einer kleinlichen Nachahmung von Windsor-Castle Platz zu machen, die wieder, der schlechten Zeitumstinde wegen, ins Stocken gerathen ist. Die benachbarte Domkirche zu S. Andra in La- vant dirfte die jaimmerlichste der 53 Cathedralen sein, welche Deutschland (mit den incorporirten Slavenlandern) noch aus dem Mittelalter erhalten hat. Desto voraiiglicher ist die Kirche des benachbarten Klosters S. Paul, das, im 11. Jahrhundert ge- stiftet, einen ausgezeichneten Bau der Bliithezeit des romani- schen Styls, vom Ende des 12. Jahrhunderts, zeigt, dessen Struk- tur und reichgeschmiickten Kapiltale als Fortsetzung der einfa- cheren Anlage von Sekkau gelten kinnen. Auch der Dom von Gurk, obschon eine Stiftung des 11. Jahrh., gehdrt in seiner erhaltenen Architektur erst dem Ende des 12. Jahrh. an. Von weissem krystallinischem Marmor erbaut, der nur durch Eisen- oxyd am Aeusseren einen braungelblichen Ton angenommen hat, ist er, neben den beiden vorgenannten Kirchen, unter die ausgezeichneteren Bauwerke jener an sich schon so reichen Periode in Deutschland zu rechnen. Die Kirche selbst eine ein- fache Pfeilerbasilika. Unter dem hoheu Chor befindet sich je- doch eine Krypta mit hundert Sadulen, welche vielleicht von keiner anderen, weder in Deutschland, noch im tibrigen christ- lichen Occidente iibertroffen wird. Nicht minder ausgezeichnet ist das reichgegliederte Portal innerhalb einer Vorhalle, deren Wande und Gewdélbe mit alien Wandmalercien ganz bedeckt sind, die nur noch durch die Wandmalereien des ehemaligen Nonnenchors, oberhalb dieser Vorhalle, tibertroffen werden, welche sich daselbst an den Seitenwanden und zweien Kuppel- gewélben befinden. Sie gehéren schlechthin zu dem Bedeu- tendsten, was wir der Art besitzen, und schliessen sich zu- nichst den bertihmlen Wandmalereien des Doms in Braun- schweig an.“ Die genannten drei Basiliken, welche fir die Zukunft eine nicht unbedeutende Stelle unter den alteren Monumenten Deutsch~ lands einnehmen werden, waren bisher noch so gut wie vdllig unbekannt. Selbst in Wien war es dem Referenten nicht ge~ lungen, nahere Nachrichten tiber das Vorhandensein Alterer Bauwerke in Steiermark und Karnthen bei denjenigen Mannern einzuziehen, bei denen vorzugsweise eine solche Kenntniss vor- auszusetzen war. Beilaiufig mége noch bemerkt werden, dass in dem so verdienstvollen Sprunnerschen Atlas falschlicherweise Sekkau bei Leibnitz in Untersteiermark als Sitz des Bischofes hezeichnet ist, anslatt des in Obersteiermark belegenen; jenes Sekkau oder Sekkauberg war nur der gewéhnliche Wohnsitz der Bischofe. Hierauf legte der als Gast anwesende Herr Gruner aus dergabe der Formbildungen anerkannt werden. Von dem an- stossenden Schlosse daselbst fehlt es: selbst nach dem Erschei- nen des Puttrich’schen Werkes, noch immer an geniigenden Darstellungen, was um so mehr zu bedauern ist, da dasselbe, nichst dem Marienburger Schlosse, wohl als die bedeutendste Fiirstenwohnung anzuerkennen sein dirfte, welche Deutschland aus dem Mittelalter besitzt. Wie herrlich mtissten diese Riume sich darstellen, wenn sie von den Hin- und Anbauten der Porzellanfabrik befreit, ihrer urspriinglichen Bestimmung zu- riickgegeben wiirden! Solche Hoffnungen darf man wohl von einem Konigshause erwarten, dessen prasumtiver Thronerbe selbstthitig an der Spitze des verdienstvollen Alterthums- Ver- eins steht. Unter den Bauwerken der Lausitz wurden besonders die grossartigen Ruinen des Klosters auf dem Oybin bei Zittau und die vielen und reichen Monumente von Gérlitz hervor- gehoben, namentlich die finfschiffige S. Peter-Paulskirche da- selbst, deren drei mittlere gleich hohe Schiffe zu den héchsten Aniagen der Art mit iiberaus schlanken Zwischenpfeilern gehd- ren, denen sich die drei gleich hohen Schiffe der Pfarrkirche gu Sorau sehr nahe anschliessen. Auch die leichten Verhalt- nisse der drei gleich hohen Schiffe des Doms zu Bautzen wurden hervorgehoben. „т Schlesien frappirt der Unterschied des Materials. Wah- rend der Steinbau in dem stidwestlichen Striche lings des Ge- birges herrscht, gehért der gréssere ebene Theil des Landes dem Gebiete des norddeutscheu Ziegelbaues an. In beiden fin- det man hochaufstrebende Verhaltnisse, namentlich in den vielen und schénen Kirchen Breslaus, welche durchgehend dem Zie- gelbau angehéren. Olmiitz, die ehemalige weliliche und jetzt noch geistliche Hauptstadt Maihrens, bewahrt, unter der Menge moderner Bau- werke, noch das nur kleine Schiff seines Domes in frihgothi- scher Bauweise, wahrend der moderne Chor ein einziges Ton- nengewélbe von 60 Fuss Spannung bildet und daher zu den bedeutendsten Bauwerken der Art in Deutschland gehért. Die Mauritz-Kirche ist ein eleganter spatgothischer Bau. Wien besitzt neben dem mit Recht beriihmten S. Stephan noch eine Reihenfolge beachtenswerther Kirchen des Mittelal- ters, unter denen, ausser Maria Stiegen, welche sich auch eines verdienten Rufs erfreut, besonders die Michaeler Kirche als eine ausgezeichnete spdtromanische Uebergangs ~ Architektur hervorzuheben ist, die Minoritenkirche durch die Weite ihrer drei gleich hohen Schiffe, die Augustiner Hofkirche durch de- ren schlanken Verhiltnisse u. s.w. Auch die Umgebung Wiens enthalt zu Kloster Neuburg, Heiligenkreuz, Tuln u. s. w. viele héchst merkwirdige Architekturen, namentlich auch der rund~ bogigen und altgothischen Baukunst, von denen nur Einzelnes durch wiirdige Publikationen im weiteren Kreise bekannt ge- worden ist; denn leider ist das schéne Werk von Ernst und Oescher tiber die alten Bauwerke Niederdsterreichs durch des Letzteren friihzeitigen Tod in Stillstand gekommen. Dagegen wird die Vorsorge mit Freuden begriisst, welche nunmehr die kaiserliche Regierung, in Nachfolge der preussischen, durch Errichtung einer besonderen Behérde zur Conservation der Kunst~ denkmaler, den letzteren kinftig wird angedeihen lassen. Recht bedeutend sind die alten Bauwerke in Neustadt an der Wien. Die Pfarrkirche, welche mehrere Jahrhunderte hin- durch selbst den Rang einer Cathedrale genoss, zeigt in ihren Haupttheilen einen spitzbogig rumanischen Gewélbbau mit zwei Thiirmen, deren in Stein vollendete Spitzen zu den vollende- teren in Deutschland gehéren. Auch die tiber der gewélbten Durchfahrt des Schlosses gelegene spatgothische Schlosskapelle, in welcher die Gebeine des Kaisers Max ruhen (in Inspruck