»Prozession der Ligue* nicht an bedeutenden Eigenschaften in Composition und Zeichnung, seine ,Flucht nach Egypten* aber ist entsetzlich kalt, im Gefihl wie in der Farbe, trotz dem gelben Strahlenglanz, der das Haupt des Kindes umgiebt und dem Bilde sein Licht ertheilt. — Obschon an Al. Hesse’s Weise erinnernd, hat sich doch von seinen Fehlern fern zu halten und seinem Bilde Kraft ohne Harte zu geben gewusst Ch. M. de Pignerolle in seiner ,,venezianischen Gondel“. (Forts. folgt.) Hiolzschnitt. Nachbildungen alter Holzschnitte von Deis in Stutigart Zu den erfreulichen Erscheinungen der auch in Deutsch- wiedererworbenen kimstlerischen Behandtung des Holzschnittes gehéren auch mehrere neue Nachschnitle alterer Blatter dieser Kunst. Zu den gelungensten dieser Art zihlen wir namentlich diejenigen, welche wir der geschickten Hand des Hrn. Deis in Stuttgart verdanken. Derselbe hat es kiirzlich unternommen, die schénen Blatter der kleinen Passion von Albr. Diirer voll- stindig nachzubilden und bereils sechs Blatter davon vollendet. Sie sind mit wahrhaft meisterlicher Genauigkeit und Freiheit in Holz geschnitien und wohl die besten Copieen, welche wir da- von besitzen. Unser tichtiger Kinsler glaubt hierdurch nicht nur dem Wunsche der Freunde Direrischer Kunst entgegen zu kommen, sondern auch theilnehmenden Beifall in weiteren Krei- sen zu finden. Der Preis dieser ersten Lieferung zu 48 Kreuzer ist so billig gestellt, dass deren Erwerb fir Viele méglich wird. Mochte nun durch den guten Fortgang dieses Unternehmens Hr. Deis veranlasst werden, auch einige andere der schénsten und seltensten Holzschnitte Direr’s und anderer alter Meister паспиибИаеп, \уаз besonders Sammlern.wilkommen scin diirfle. Jd. №. P. E4upferstichwerk. Leichnungen von Asmus Jacob Carstens in der Gross- herzoglichen Kunstsammlung xu Weimar, in Unmrissen gestochen und herausgegeben von W. Miiller, mit Er- lduterungen von Chr. Schuchardt. Weimar, bei dem Herausgeber. Leipzig, bei Rud. Weigel. Mannheim, bei Artaria § Comp. 2. Heft. Q.-Fol. Preis } Thir, chines, Papier 1 Thir.; grissere Ausgabe, erster Abdr. chin. in Carton 12 Thir. Es ist kein Aberglauben, dass die zu Grabe gegangenen Jahrhunderte keine Rube finden, sondern umgehn unter den Lebendigen. Aber die meisten erscheinen dem Volk wie Ge- spenster, und Tieferblickende allein, die im Verkehr mit ewigen Gedanken ihr Herz gestihlt haben, erlragen ihre Nahe und horchen auf ihre Stimmen. Nur der griechischen Zeit war es vergénnt, mild und mensch- lich, versdhnend und belebend durch alle jiingeren Generationen forizuwirken, Woher ihr diese Macht stamme, ist oft unter~ sucht und mit Dank, Eifersucht oder selbsivergessner Hingabe anerkannt worden. Und so ist sie nach und nach ein Mass fiir den Menschengeist geworden, cine Wage, auf der Werth und Unwerth der Thalen und Gedanken gewogen wird; denn auch das Christenthum, das auf einer andern Wage wigt, hat dic Selinsucht im Menschen nicht ersticken kénnen, mit der er jener Tage gedenkt, wo cin reiches Volk nur die Gotter verehrte, die sein eignes Herz sich erschaffen, wo die Phanlasie nur ab- dankte, um ihren eignen Kindern den Thron zu sichern, und versagen droht. Vielfach bewundert von der Menge ist seine „ш- nere Ansicht eines Hofes* wegen der schlagenden Wirkung einer von der Sonne beschienenen weissen Mauer und eines Ziegelda- ches. Untersucht und besieht man aber dieses Bild in der Nahe, so ergiebt sich, dass diese, bei den hier angewendeten Gegen- satzen, tiberhaupt nicht so sehr schwer zu erreichende Wirkung, durch einen alles Maass tiberschreitenden dicken Farbenauftrag, mit darauf gesetzten reichlichen Lasuren, hervorgebracht ist, der~ gestalt, dass hier kaum mehr von Malerei die Rede sein kann, und man versucht wird za glauben, der Kiinstler habe mit der Maurerkelle gearbeitet. Vergleicht man mit diesem Ver- fahren z. B. das eines Peter de Hooghe, der mit den einfach- sten Mitteln und anscheinend mit der gréssten Leichtigkeit seine zauberhaften Sonnenlichtcr bewirkte, so steht dagegen der neuere Kiinstler unverkennbar und entschieden im Nachtheil. Mit Freuden gehe ich nun von diesen bewahrien, aber auch vom langen Kampf elwas ermiidelen Meistern zu einigen jungen Kinstlern tiber, auf die sich die Hoffnung eines kraftigen Nach- wuchses griinden lisst. Vor allen anderen. verdient Ernest Hebert mit seiner ,, Malaria“ genannt zu werden. Eine Bauern- familie aus der Umgegend von Rom hat sich, um der Anstek- kung zu entgehen, auf einen Nachen gefliichtet, und lasst sich nun, mit dem dumpfen Muth der Verzweiflung, oder im Ver- trauen auf den Schutz der heil. Jungfrau, ohne weiter Hand anzulegen, den Teverone hinuntergleiten. Auf dem Hintertheil des Schiffes sitzt die junge Multer, tiefen Gram in den vom Fieber gebleichten edeln Ziigen, neben ihr auf der Bank Jehnt das Familienheiligthum, ein Bildchen der Madonna mit dem Kinde. Ihr zunichst sitzt die greise Mutter, finster darein blickend, und grossartig wie eine Sybille Michel Angelo’s. Auf dem Schoosse der Grossmutter ruht der Saugling, ein Bild des Lebens und der Gesundheit. Neben dieser ein Knabe, den auch das schleichende Gift des Fiebers erreicht hat. Dem Beschauer den Riicken zuwendend sitzt auf der anderen Bank ein blond- gehaaries junges Weib. Am Vordertheile steht, auf den Ru- derhaken gestiitzt, mit der ganzen Wiirde eines Rémers, der Vater, in die Ferne hinausblickend. Vorn im Nachen liegen die Vorrathe an Lebensmitteln und obendrauf der Dudelsack. Das Wehen des Sirokko hat die ganze Natur in Grau gekleidet und ein bleifarbener Himmel lastet er driickend auf der Gegend. Tiefrithrend und ergreifend wirkt dieses Bild, indem der hichste Adel des Styls sich mit vollkommener Wahrheit und Anspruchs- losigkeit in einer Weise paart, wie solches nur einem achten Kiinsiler gelingen kann, der zu bleibenden Schépfungen berufen ist. Von manchem glanzenden Nachbar tiberfliigelt, zudem durch den fahlen, graugelben Ton der Farbung unscheinbar, drangt sich dieses Bild dem Beschauer nicht auf; wer es aber einmal gewahr worden, wer in dessen Verstandniss eingedrungen, dem wird vielleicht von den 3000 Nummern des Salons kaum eine andere héher stehen, selbst nicht die vielbewunderte Perle der Ausstellung, Meissonnier’s , Maler und Liebhaber*, das unmil- telbar unter der , Malaria“ seine Stelle hat. Nach diesem nenne ich L. N. Duveau’s , Abdankung des Dogen Foscari*. Unter den zahllosen Kinstlern, die sich mit der Hoffnung schmeicheln, als Frucht ihrer Studien in der Lagunenstadt die Palette, wo nicht Tizian’s, doch Paolo Vero- nese’s mitzubringen, ist D. ciner der wenigen, denen dieses annéhernd gelungen, und die sich als achle Nachfolger der grossen Venezianer ausweisen. Hiermit sei zum Ruhme dieses ausgezeichnelen Bildes genug gesagt. Zu den falschen Venezianern, zu den geschraubten Talenten rechne ich dagegen Alexander Hesse, dessen trockene Be- handiung, harte Farbung und blecherner Ton ihn von seinen Vorbildern immer mehr entfernen. Ausserdem fehlt es seiner