Akademte der bildenden Kiinste seine Jahresversammlung zu
halten pilegt, den Zéglingen Preise, Medaillen oder Lobeser-
hebungen spendet u.s.w., legte der Maler J. A. Krusemann
seinen Posten als Mitdirektor der Akademie, welchen er zwan-
zig Jahre bekleidet hal, nieder. Ich will es nicht entscheiden,
ob der Einfluss des Hrn. Krusemann, weicher, wiewohl tiichtig
und sehr beliebt im Modeportrait, einem etwas vagen Idealis-
mus huldigt, ein durchaus giinstiger auf die bereits herange-
bliihte und noch heranbliihende jiingere Kinstlergeneration ge-
wesen. Nichtsdestoweniger hat dieser Kinstler, sowohl durch
seine akademischen Reden, als auch durch mancherlei kiinst-
lerische Versuche auf das nothwendige Studium der Antike und
der klassischen Kunstepochen hingewiesen. Im Allgemeinen
hat man vielfach in 6ffentlichen Blattern der Akademie ihre ver-
haltnissmassig geringen Erfolge in Heranbildung ausgezeichneter
Kistler zum Vorwurf gemacht, und noch unlaéngst machte ein
einsichtsvoller Beurtheiler im , Handelsblad“ die Bemerkung,
dass die jungen Kiinstler erst dann etwas zu leisten anfingen,
nachdem sie sich allen akademischen Einflusses entschlagen.
So wahr diese biltere Bemerkung auch sein mag, so kann jener
	Уогууиг! doch nicht allein dem Lehrerpersonal der Akademie,
dem es durchaus nicht an ttichtigen Kraéften fehlt, zur Last ge-
	legt werden. Der Grund daftr liegt cher in der ganzen Ge-
schmacks- und Geistesrichtung der hollindischen Nation und
in der Saumseligkeit der Regierung, welche Nichts thut, eine
hohere Stimmung hervorzurufen. Eine Akademie soll und muss
doch in den bildenden Kinsten eine klassische Richtung er-
zielen, welche in der Malerei ihre héchste Blithe in der kirch-
lichen und geschichtlichen Malerei findet. Was sollen aber
junge Kiinstler beginnen, welche erst mit Mihe und Kosten ihr
Talent fiir jene héheren Richtungen ausbilden, aber sich nach-
her vergebens nach einem angemessenen Wirkungskreis daliir
umsehn? Die protestantischen Tempel Hollands zeigen weiss-
getiinchte, allen Bilderschmucks baare Wande, und bei der
grossen Kluft, welche Katholiken und Protestanten in Holland
trennt, werden die reformirten Christen nimmer Bilder in ihre
Kirchen bringen, um nur ja nicht einem katholischen , Bilder-
dienst* anheimzufallen; fiir die sonstigen 6ffentlichen Gebdiude
passende historische Gemalde malen zu lassen — und welch
késtliche Vorwiirfe béte die glorreiche hollindische Geschichte!
— hat die Regierung bislang keine Veranlassung gefunden;
iiberdies hangen alle 6ffentlichen Sale voll mit den beriihmten
Regentenstiicken aus der Glanzepoche hollandischer Kunst, und
diese etwas arrogante Silte der Vorsteher éffentlicher und ge-
meinnitziger Stiftungen, sich in corpore malen zu lassen, ist
langst zum Nachtheile der Portraitmaler abhanden gekommen.
Fir das Museum fiir Werke lebender Meister (Pavillon zu Haarlem)
ist schon seit langen Jahren nichts mehr erworben. — Hat sich
die hollandische Regierung doch nicht einmal gemissigt gefun-
den, aus der verkauften Sammlung des verstorbenen Konigs auch
nur ein Bild zu erstehen. Kunstvereine, welche jene héheren
Kunstrichtungen befordern konnten, giebt es hier nicht oder
sie sind noch zu schwach, kunstsinnige Firsten fehlen gleich-
falls und fiir Privatwohnungen sind monumentale und ernste
geschichtliche Gegensténde, die nothwendig einen angemesse-
nen Maassstab erfordern, nicht anwendbar. Von der Bildhaue-
rei, die hier am allerwenigsten Aufmunterung findet, will ich
lieber schweigen. Statt nun den Akademien ihre geringen Er-
folge vorzuwerfen, sollte man also viel eher fragen, warum
die Landesregierung tberhaupt Akademien unterhalt, Konkurse
eréffnet und Reisestipendien fiir Italien ertheilt, da unter den
obwaltenden Umstanden einfache Zeichnenschulen eben so nite~
lich und — viel wohlfciler waren. Den jungen, fiir die Hi-
storie ausgebildeten Kinstlern bleibt hier, wollen sie nicht als
	ktnstlerische Don Quixotte’s im Reiche nie verwesentlichter
Ideale schweifen, nichts Anderes tibrig, als sich je cher je
lieber von allen anerzogenen akademischen Fesseln zu hefreien,
um sich in den untergeordneteren Fachern irgend eine mehr
eintragliche naturalistische Domaine zu erkampfen. In der That
sind alle ausgezeichneten holléndischen Kiinstler von Rembrandt
bis auf Pienemann, von Ruisdael bis auf Schotel und
Schelfhout naturwiichsige Genies gewesen, die sich ohne
Akademien selbst gebildet und wovon sehr viele, statt mtthsa-
mer und kostbarer akademischer Studien, ihre praktischen Vor-
studien mit — dem Anstreicherpinsel machten.

Der Maler J. G. Schwartze, friiher Zégling der Diissel-
dorfer Schule, welcher hier als Portraitmaler eine wohlver-
diente Anerkennung findet, wie er denn auch bereits im Jahre
1844, wo er ein treffliches weibliches Portrait ausstellte, zum
Mitglied der Akademie ernannt wurde, hat ein historisches Ge-
malde gemalt: , Columbus vor einer Richterjunta in Salamanka“.
Ich hoffe spater darauf zurtickzukommen.

Nach dem ,Handelsblad* hat der Kénig fir gut befanden,
eine goldene Medaille erster Klasse einzustellen fiir diejenigen
Kiinstler, welche durch besondere Geschicklichkeit oder Ver-
dienste gegen S. Majestét Ansprache auf die allgemeine Ach-
tung erworben haben. Der Dekorationsmaler J. B. van Hove
im Haag ist mit derselben beschenkt worden.

Schliesslich noch ein Faktum, freilich mehr kultur- als
kunsigeschichtlichen Interesses. Bekanntlich ist man hier in
Holland sehr weit darin gekommen, kiinstliche und ausserst
feine Haararbeiten darzustellen, und der gemiithliche Hollander
liebt es, das Haar theurer hingeschiedener Personen in der
Gestalt von Urnen, Tempelchen etc. als kleine riihrende Epi-~
taphien aufzustellen. Nun hat ein Friseur nach einem engli~
schen Kupfersich ein ganzes Haarbild auf weissem Atlas gear-
beitet und dasselbe, ehe es zu der Londoner Gewerberausstel-
lung abging, in seinem ,Salon* éffentlich ausgestellt. Da Ab-
dera nirgends weit von Athen liegt, so strémte, wie man sich
denken kann, das kunstsinnige Publikum in verhdlinissmassig
weit grésserer Anzahl in den Salon des ,Haarkiinstlers*, als
in den Salon der Kinstlergesellschaft, wo eben Scheffer’s
Christus als Vergelter“ ausgestellt war — freilich nur mit ge~
wohnlicher Oelfarbe gemalt — und ein ,,Kunstliebhaber “ bot
sofort 1000 Gulden far den ,mit Haaren gemachten Kupferstich*.
Der Kiinsiler schlug jedoch diesen geringen Preis veriichtlich
aus, in der sicheren Hoffnung, in London eben so viele Pfunde
fir sein Werk zu erhalten, und hat den Entschluss gefasst,
einen noch viel grésseren und schéneren ,Haarkupferstich “ zu
unternehmen, ja er soll damit umgehen, sein schnédes Krausel-
eisen mit dem Grabstichel zu vertauschen und seinen prosai-
schen deutschen Namen — er ist ein Deutscher! — in einen
wohiklingenderen italienischen umzuwandeln, wie weiland der
geniale Peter Schénfeld den seinigen in Pietro Delcampo ует-

wandelte.
	0олее. Ве: Ч4ег КйгеМсвеп Усгмеюегипо der Sammlung
des Herrn Giroux, des Vaters, wurden dic niederlandischen
Bilder, im Ganzen, weniger gut bezahit, als die der аЦегеп
und neueren franzésischen Kinstler. Em J. Steen ging 2uU
3000 Frs., ein F. Mieris, eine Dame mit Kuchenbacken be-
schaftigt, fir 1055 Frs., ein Wynants zu 854 Frs. und ein P.
de Hoogh fir 800 Frs. weg. Dagegen wurde ein Pater (eine
Wahrsagerin) mit 1150 Frs., zwei Bonington (den man auch
zu den Franzosen rechnen kann) zu 1021 Frs., zwei Bouchers
zu 851 Frs., ein kleiner Prudhon, Amor als Verkiufer des
Vergniigens, mit 310 Frs. bezahlt. (B. N.)