was in Ahnlicher Richtung die Kunst des Kupferstiches geleistet
hat. Uns spricht in diesem Kopfe eine durchaus lebenvolle
Auffassung an, sowohl was das allgemeine organische Gefige,
als was jene feineren Elemente der Bildung, in denen sich der
besondre Ausdruck des Seeleniebens kundgiebt, betrifft. Die
Wirkung ist villig die der zarten, meisterlich berechneten ma-
lerischen Behandlung, die das Eigenthum eines Van-Dyck ist.
Sehen wir naher zu, so finden wir dies erreicht durch die so
kunstvolle wie freie und ihres Zweckes sichre Verwendung der
verschiedenartigen Mittel, welche der Grabstichel zur Gewin-
nung derartiger Effekte verstattet; die leisesten Wandlungen
und Stimmungen des malerischen Tones treten uns hier ganz
in Charakter der Farbe selbst entgegen. Dieselben Vorzige
gelten von der feinen Hand, welche auf die Hutkrempe gestreckt
ist. Es bedarf der naheren Anfihrung kaum, dass alles Ge-
sagte auch auf die Behandlung des Stofflichen in der Gewan-
dung, soweit es davon tiberhaupt gilt, seine Anwendung findet.
Die Seide des Mantels mit ihren kleinbriichigen Falten und der
zierlichen Nadelstickerei des Saumes, in verhaltnissmassig fei-
neren Strichlagen behandelt, steht zu der ruhigen volleren Breile
des sammtenen Aufschlages des Mantels und der entsprechenden
Ausfithrung desselben im wirksamen Gegensatz; ebenso sind
fiir die eigenthiimliche Arbeit des Spitzenbesatzes an Kragen
und Manschetten, fiir den grossen Silberstern auf dem Mantel,
dessen schillernde Lichter und Schatten im Original mit flich-
ligstem Pinsel angegeben sind, fir den derberen Stoff der Tep-
piche des Tisches und vor einem Theile des Grundes etc. iberall
die eigenthiimlich bezeichnenden Mittel angewandt, sodass alles
Rinzelne durchweg in seiner charakteristischen Besonderheit
erscheint. Dies Alles aber ist augleich in der ruhigsten und
vollsten Harmonie, der auch die klare Ruhe des Grundes ent-
spricht, zusammengehalten, und wir glauben, vornehmlich diese
sichere Totalitat des Werkes, neben dem geistigen Verstandniss,
als eines der Hauptkriterien seiner Meisterschaft bezeichnen zu
miissen. Wir diirfen das Blatt mit freudigem Stolz als einen
der Triumphe der heimischen Kunst bezeichnen, —- haben aber
zugleich mit Beschimung hinzuzufiigen, dass der (allerdings
vortreffliche) Druck in Paris ausgefiihrt werden musste, ein
Meister wie Mandel also in dem Maasse vereinzelt und so wenig
gefordert dasteht, dass ihm selbst die nothwendigste Unterlage
	einer Druckerei, der er seine Arbeilen anycrirauen darf, tehlt.
Е. HKugier.
	Edwin Landseer’s Radirungen.
	Von den Origtnairadirungen dieses bertihmten englischen
Meisters sehen wir ein vor kurzer Zeit besonders geformtes
Weft oder Portefolio mit Titel:
	Kichings by Edwin Landseer, mit 1/ Blatt auf gr.

Fol.- Papier in prachtvollen Drucken oder proofs auf
Seidenpapier (im Preis von 48 Thir.)

Es sind darin die Blatter, welche der geniale Kiinstler vor
mehreren Jahren in verschiedenen Perioden einzeln lieferte,
zugleich mit denen aus der neuern und neuesten Zeit vereinigt.

Unter den letztern befinden sich mehrere Skizzen von des
Meisters gréssern Gemalden, wie die ,Rickkehr von der Hirsch-
jagd im Schottischen Hochlande*, die ,grossen Hundegruppen®,
der ,Kettenhund“, die ,, vier Hundebiisten*, der ,aufwartende
Hund beim Hasen“, die ,zwei Hunde bei den beiden Hasen‘,
der Adler auf dem todten Hirsch“ und die zwei Platten mit
	dem ,Jagdalmanach®, wo in kleinen Abtheilungen die in den
verschiedenen Monaten vorkommenden jagdbaren Thiere in sehr
	befindliche Hand behandelt er nach Maassgabe des Lichles па-
tirlich unbestimmt, doch nichts desto weniger in Auftrag und
Farbe mit grosser Entschiedenheit; denn auch das Unbestimmte
der Erscheinung ist bestimmten Gesetzen unterworfen, in deren
bedeutsamer Offenbarung eben der feinste Theil der bildenden
Kunst zu suchen ist. Hieraus erklart sich, warum dieser Mei-
ster die Hand, im Schatten befindlich, in der Regel nur wenig
ausfithrt, da sich so die malerischen Intentionen am positivsten
und verstindlichsten kund thun. Besonders erscheint so die
Transponirung der Farbenverhiltnisse in die tiefere Tonart im
hohen Grade interessant durch die Energie seines bestimmten
Wollens.

Dass Hirt das Bildniss der sogenannten Fornarina in der
Tribune zu Florenz fir ein Werk des Giorgione halt, hat
Manches fir sich. Der Urheber dieses vortrefflichen Bildes hat
die Idee der zum Grunde gelegenen Individualitat hier zu einer
solchen geistigen Héhe und Vollendung gebracht, dass viele
Zeichen seiner Eigenthimlichkeit, welche ihn erkennbarer ma-
chen kénnen, dabei verloren gegangen sind. Unter so he-
wandten Umstanden ist bei Ermittelung eines fraglichen Mei-
sters nur an ein gelautertes Kunstgefiihl zu appelliren, da auch
die Wucht des in einem Kunstwerke enthaltenen Lebensfonds der
Eigenthimlichkeit nicht entbehrt. Diesem gemiass ist allerdings
Giorgione eher wie Rafael, dem man dieses Bild zuschreibt,
herauszufihlen, zumal dieser Gestalt jene interessante Seite
nicht fehit, die nur Giorgione den weiblichen Wesen in reiner
Wiirdigung der Individualitét zu verleihen weiss.
	Оби ег (с.
	Carll. Gemalt v. Van-Dyck. Gestochen v. Mandel.

Imprimé Paris par Chardon aind et Aze. Verlag
won Ernst Arnold in Dresden. Preis: 7 Ther.
	Es ist das Bild der Dresdener Gemalde-Gallerie mit der
Halbfigur Konig Carl’s I. von England, welches uns der neue
Kupferstich unsers deutschen Meisters vorfiihrt. Das Gemalde
hat 4 Fuss und einige Zoll Héhe, der Stich eine Hohe von
14: Zoll bei 11 Zoll Breite. Der Konig steht dem Beschauer
gegentber, im schwarzen Seidenmantel, den der linke Arm
an sich zieht, die rechte Hand auf die Krempe des Hutes ge-
stiitzt, der auf einem teppichbehangenen Tische liegt. Das Haar
ist seitwarts aus der hohen, von démmernden Gedanken durch-
spielten Stirn gestrichen und fallt zur Rechten, neben der grossen
Perle des Ohrrings, weit iiber den reichen Spitzenbesatz des
Halskragens hinab. Das Gesicht ist dem Beschauer zugewandt;
der Blick geht aber, fast wie mit einer unsichern Scheu, am
Auge des Beschauers voriber. Die kéniglich geistvolle Stirn,
das miide Auge, das fast Haltlose in der untern Hilfte des
Gesichts bilden eigenthiimliche Gegensitze; wir glauben das
tragische Geschick des Monarchen in diesen Ziigen vorgebildet
zu schen. Auf dem Grunde der Darstellung, oben in der Ecke,
bemerken wir die Buchstaben C. R. (Carolus Rex), mit der
kéniglichen Krone dariitber, und drunter die Jahrzahl 1637.
Van-Dyck hat seinen hohen Génner also kurz vor dem Aus-
bruch der Stiirme gemalt, die, stets aufs Neue heraufbeschworen,
ihn nach zwélf Jahren auf das Blutgeriist fihrten. — Julius
Moser, der Dichter, hat in seiner schénen Beschreibung der
Dresdener Gemilde- Gallerie eine tief empfundene Schilderung
des Bildes gegeben.

Mandel hatte mit dem Stich des Bildes eine schwierige, aber
um so mehr eine des Meisters wiirdige Aufgabe tibernommen.
Wir finden sie in jeder Beziehung gelést, dem Besten gleich,