nischen Schulen der ersten Ausgabe des Kugler’schen Hand- buchs der Malerei in einer englischen Ucbersetzung herausge- geben und mit manchen werthvollen Noten vermehrt. Kaum aber war die zweite, so sehr verbesserte und erweiterte Aus- gabe dieses Buches erschienen, als der rastlos fir die Ver- breitung richtiger Einsichten und griindlicher Kenntniss auf dem Gebiete der bildenden Kiinste in seinem Vaterlande thitige Mann die Herausgabe dieser neuen, auf das Reichste mit Illustrationen ausgestatteten Uebersetzung vorbereitete. Er fand hierzu von drei Seiten die gliicklichste Unterstilzung. Die englische Frau, welche die Ueberselzung tibernahm, hat den Urtext nicht allein durchaus treu, sondern in einer schénen und fliessenden Sprache wiedergegeben, Herr George Scharf junior, schon rihmlichst bekannt durch eine grosse Zahl anderer Zeichnungen, besonders zu Illustrationen nach antiken Denkmalern, hat die verschiedenartigsten Bilder von den Altesten christlichen Mosai- ken bis zur ,Verklarung“ von Raphael und dem_, Petrus Martyr“ von Titian mit einem Verstandniss, einer Treue, einer Feinheit und Sicherheit der Hand wiedergegehen, welche bei dem so kleinen Maassslabe wahrhaft in Verwunderung setzt. Und die Holzschneider sind in manchen Fallen nur wenig hinter ihm zurtickgeblieben. Endlich der Verleger, Hr. John Mur- ray, hat in gewohnier Weise keine Kosten gescheut, wo es darauf ankam, so edle Zwecke zu fordern. Die Auswahl der Ilustrationen aus dem unermesslichen Material, was vorlag, ist mit ungemein richtiger Einsicht und feinem Takt gemacht wor- den. Fir die Epoche bis zum 13. Jahrhundert, in welcher die Malerei in Italien einen sehr typischen Charakter hatte, ist nur eine kleine Zah] von in der Zeit sicher beglaubigten Hauptwer- ken, z. B. Mosaiken aus St. Vitale in Ravenna, aus St. Prassede in Rom gegeben worden. Fir das 13. Jahrhundert, in welchem der byzantinische Einfluss vorwallete, sind mit um so mehr Recht zwei Bilder von dem Hauptwerk des Duccio di Buo- ninsegna gewahlt worden, als dieser griésste Maler Italiens in dieser Epoche bis zur neusten Zeit, in welcher das treff- liche Werk von Emil Braun erschienen, durch Abbildungen gar nicht bekannt geworden ist. Giotto, das Haupt der ita- lienischen Schule im 14. Jahrhundert, findet sich in gebtihren- der Ausfihrlichkeit bedacht, indem ihm nicht weniger als neun Blitter gewidmet worden, welche wichtige Theile aus seinen . drei vorhandenen Hauptwerken zu Padua, Assisi und Neapel enthalten. Auch das Bildniss des jugendlichen Dante aus der Capelle des Palastes del Podesta zu Florenz ist sehr dankens- werth. Am ersten wire vielleicht das sogenannte Schiff des Giolto zu missen gewesen, da bei der Uebertragung nach dem Porticus der Petrikirche in Rom zu wenig von dem Geist des Meisters darin itbrig geblieben ist. Nachst dem Giotto verdiente aber kein Maler des 14. Jahrhunders so viel Beriicksichtigung, als der grossartig-phantastische Orcagna. Und sein hier be- sonders gelungen wiedergegebener Triumph des Todes ist ge- rade das Werk, worin seine Geistesart sich am deutlichsten ausspricht. Auch sein nicht minder gut ausgefallenes jingstes Gericht ebenda ist fiir die Auffassung hdchst charakteristisch. Besonders dankenswerlh aber ist die treffliche Abbildung des phantastischen Engelsturzes von Spinello Aretino, indem das Original nicht mehr vorhanden ist und die Abbildung des Lasinio sich nur in wenigen Handen befindet. Um auch von der Malerei des nérdlichen Italiens fir diesen Zeitraum wenig- stens eine Anschauang zu gewahren, ware es wiinschenswerth gewesen, nach dem Werk von Ernst Forster eine der Frescomalercien des grossen d’Avanzo aus der Capelle des heiligen Georg zu Padua zu geben. Fiir das 15. Jahrhundert, der eigentlichen Bildungsepoche fir die héchsten Kunstsché- pfungen zu Anfang des 16ten, sind die leitenden Meister Fie- sale und Masaccio sehr angemessen am reichsten vertrelen. Letzterem schliessen sich die Frescobilder an, welche Filip- pino Lippi mit so vielem Geist als Abschluss der berihmten Malereien in der Kirche del Carmine zu Florenz ausgefilhrt hat. Die ersten Meister Toscanas, von 1450—1500, Cosimo Ro- selli, Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandajo, Bo- nozzo Gozzoli sind alle durch Hauptwerke sehr wirdig vor Augen gefiihrt. Besonders glicklich ist fir den Lelzteren die 30 povtische und heitere Weinerfindung des Noah gewahlt wor- den. Nur fiir Luca Signorelli wiirde ich stalt der Geschichte des Moses aus der sixtinischen Capelle etwa die Seligen und der Verdammten aus seinen Frescomalereien des Domes von Orvieto vorziechen, indem dieses Werk das beriihmteste, reichste und am meisten Charakteristische fir ihn ist, auch das bekannte Werk des della Valle leicht die Vorbilder hergegeben haben wiirde. So wirde mir auch fir die Gefihlsweise des Perugino, als Gipfelpunkt der Richtung der umbrischen Schule, seine be- riihmte Pieta im Palast Pitti lieber gewesen sein, als die an sich sehr schéne Berufung Petri aus der Sixtinischen Capelle. Am meisten aber vermisse ich die Vertretung der Malerei im nordlichen Italien in dieser Epoche durch einige Werke des so sehr eigenthiimlichen und héchst einflussreichen Andrea Man- tegna. Fiir seine Begeisterung fir die Romerwelt wtirde der nur wenig bekannte, aber héchst geistreiche Triumph des Sci- pio, im Besilz des Hrn. Vivian, wovon ein sehr guter Umriss von Novello existirt, fir seine Auffassung biblischer Gegen- stinde die bekannle, von ihm gestochene Grablegung, oder die Frauen am Grabe in der Sammlung des Ministers Hrn. Labou- chere, treffliche Vorbilder gewahrt haben. Es erscheint viel- leicht unbillig, noch mehr zu verlangen, wo schon so viel ge- geben ist, doch ist es wieder gerade dieser Reichthum, wel- cher den Wunsch nach einer noch mehr gleichmissigen Aus- slatlung hervorruft. Da indess dieses Werk, bei dem jetzt in England mehr und mehr erwachenden Sinn fir die grosse Be- deutung der Malereien aus dem 14. und 15. Jahrhundert, von denen die grossen Werke zu Anfang des 16ten als der Ab- schluss und der Gipfelpunkt zu betrachten sind, ohne Zweifel mehrere Auflagen erleben wird, so stehen solche Erganzungen in desto sicherer Aussicht, als hier Verleger, Herausgeber und Zeichner gleichmassig von dem Achtesten Kunstsinn beseelt sind. Bei der Auswahl der Abbildungen aus der Epoche der Blithe finde ich noch dreierlei riiimend hervorzuheben. Einmal, dass sich darunter nicht allein so wichtige, sondern auch so sel- tene Denkmaler finden, wie die Gruppen aus den berihmten Cartons des Lionardo und Michelangelo, dann, dass von dem Letzteren eine Uebersicht der Decke in der Sixtinischen Capelle in ihrem Zusammenhange gegeben, endlich dass die Werke des Raphael in so grosser Ausfihrlichkeit bedacht wor- den, indem kein anderer Kinstler so sehr auf die Veredlung des Geschmacks und des Sinns fir Schénheit wirkt, als Raphael. Nur in dem reichen Kranze heiliger Familien wtirde ich die No. 18. 35. 42, und ganz besonders 48, nicht zugelassen haben, da ich in ihnen jene feine Abwagung im Raum und in den ein- zelnen Figuren, jenes wunderbare Liniengefithl vermisse, wel- ches Raphael schon bei seinen Zeilgenossen den Beinamen ,,i graziosissimo~ erworben hatte. Méchte sich doch der Heraus- geber entschliessen, fiir die Besitzer des Originalwerks die Il- lustrationen besonders abzugeben!!) — Unter den zahlreichen, bald factisch, bald durch das Urtheil belehrenden Zusatzen des Herausgebers hebe ich zuvdrderst die aus der Uebersetzung der ersten Ausgabe hertibergenommenen feinen Bemerkungen iiber das eigenthiimliche Wesen der bildenden Kinste, 80 wie 1) Ein Wunsch, dem wir uns mit ganzer Secle anschliessen. J. Red.