feine Conversationsstiick. Ganz absichtslos scheint es der Be-
trachtung nur die lebendig aufgefassten Gruppen vorzufihren,
denen wir immer zu begegnen pflegen, wo sich unter der Sonne
des Kronleuchters die schéne Welt zum heiteren Genuss ver-
sammelt, um zu héren, zu sehen und — gesehen zu werden.
Aber beim lingeren Verweilen sieht man lauter Typen einer
Gattung, die sich aber so wenig aufdrangen, dass sie firmlich
yon uns eben so atrappirt werden miissen, wie sie der Kiinstler
in ihrer Eigenthiimlichkeit belauscht und wiedergegeben hat.
Da ist der von seiner Figur und seinem Bart tiberzeugte Dandy,
der residenzhesuchende Landjunker, der so eben vom Diner
aufgestandene Banquier, eine seidenbauschige Dame mit ihrem
langhaarigen und sich langweilenden Spréssling, da sind die
mit ein wenig Koketterie gehandhabten Lorgnons und Shwals,
da ist sichthare Conversation und ein bischen heimliche Medi-
sance, da sind so treu nachgebildete Stoffe und so mannigfal-
tige Toiletten, dass unsere Damen nicht ohne Befriedigung eine
nihere Musterung anstellen dirfien. Den Kunstfreund ergotzt
die feine Beobachtungsgabe, die er auch in einem gelegent-
lichen Unterhaltungsstiick desjenigen Kiinstlers gern begegnet,
von dem er gewohnt ist, sie in den ernsteren Werken oft in
so frappirender Weise zu Tage gelegt zu finden.
	  Mitffeldorf, im April. Deger ist gegenwartig mit den
Fresken in der Kapelle von Stolzenfels beschaftigt. Der aus-
gezeichnete Kunstler hat schon zum zweitenmale Antrige be-
kommen, an die Akademie nach Miinchen zu gehen, die er
aber vor der Hand noch nicht angenommen hat. Wie sich ver-
muthen liess, hat nun auch die hiesige Akademie es an Be-
miihungen nicht fehlen lassen, ihn bei sich zu fixiren. Man
hegt die Hoffnung, dass es gelingen werde.
	» Oriiffel, im April. Es ist die Absicht, im August dieses
Jahres hierselbst eine grossartige Kunstausstellung aller Natio-
nen, ahnlich wie die Industrieausstellung in London in ihrer
Art, zu veranstalten. Der Kénig -hat, auf den Vortrag des Mi-
nisters, seine Bewilligung dazu gegeben, auch ist es hereits
den Gesandschaften mitgetheilt worden, eine Commission ist
erwahlt und man sieht den naiheren Bestimmungen entgegen.
	W. Amjterdamt, im April. Der Verkauf des Ver-
stolk’schen Kabinets von Radirungen, Kupferstichen
etc. ist gegenwartig im Gange und das Resultat wird ein fir
die Verkaufer ausserordentlich befriedigendes. Da hier in Hol-
land wenig Sinn fiir die Schépfungen der Radirnadel und des
Grabstichels herrscht, indem sich der Modegeschmack augen-
blicklich anderen Kunstrichtungen zugewandt hat, so wird von
der ganzen schénen Sammlung wohl sehr wenig im Lande bleiben
und die Radirungen der grossen hollandischen Meister des
17. Jahrhunderts ihren Gemialden tiber den Kanal, nach Frank-
reich oder Deutschland nachwandern. Ich beeile mich, Ihnen
fiir die Leser Ihres Blattes einige Notizen tiber die bereits ver-
kauften Blalter zukommen zu lassen. No. 8. Das Werk von
Simon de Vlieger ohne No.1 und 2 (nach Bartsch 3—20)
295 Fl.; 9 Wiederholungen der vorigen Blatter No. 8 d. C. 200 Fl.
No. 12. 5 Blatter von Paul Potter 1. Etat 350 Fl. No. 15. von
demselben (Le vacher) 465 Fl.; No. 23. (Le Zabucaya) 250 FI.
— Das Werk von C. Du Jardin No. 35. (62 Blatter) 910 FI.
Dasselbe 2. Etat 120 FI. — No. 38. Das Werk von Jean leDucgq
(fehlen No. 9 und 10) 121 Fl. — No. 41 d. C., 10 Blatter von
Adriaan van de Velde 230 Fl. Desgl. 10 Blatter No. 42 d.
C. 345 Fl. No, 47. La porte du Bourg, seltnes Blatt 225 Fi.
No. 48. Der Bauer zu Pferde 200 Fl. — No, 53 d. C. Die 4 Land-
schaften von J. Ruisdael 700 Fl.: dieselb. 2. Elat 312 FI.
	iiber die allgemeinen und besonderen Stylgesetze in der Уог-
rede hervor. Sonst sind mir noch seine Aeusserungen tber
die Higenthimlichkeiten der Kunst des Giotto (S. 122), tber
die Legende des heiligen Kreuzes (ein Belag fiir seine grosse
Belesenheit in den Quellen mittelalterlicher Kistler, S. 138),
die pracise Beschreibung der sixtinischen Capelle (S. 201), fer-
ner die Bemerkungen tber den im Verhaltniss zu anderen
Schulen sehr ernsten Charakter der Képfe bei den Venetianern,
welche man sich als die Coloristen par excellence in der Regel
als durchweg heiter vorstellt (S. 230 f.), tiber die Folge, in
welcher Michelangelo die Decke in der sixtinischen Capelle ge-
malt hat (S. 302), und die Bedeutung der Vorstellungen an
derselben (S. 310 ff.), tiber die urspriingliche Aufstellung der
Raphaelischen Tapeten (8. 393), endlich iiber den Einfluss der

deutschen auf die italienische Landschaftsmalerei (S. 450) als
besonders bedeutend erschienen.
	деи.
	 EH Hevltw, im April. Adolf Menzel hat so eben fiir den
Heldencylus des siebenjahrigen Krieges, den er im Holzschnitt
erscheinen lasst, ) den ,,General Winterfeld“ in der Zeichnung
vollendet. Mann darf immer gewiss sein, dass Menzel jede
Aufgabe auf diesem Gebiete eigenthiimlich und charakteristisch
zu lésen weiss; und es gelingt ihm das stets so volikommen,
dass man in der letzten Leistung immer seine beste vor Augen
zu haben glaubt. Es lebt wieder Alles in dieser Figur. Eben
hat der Kriegsheld die auf dem Tische liegenden Karten durch-
gesehen und ist jetzt im Begriff, den Degen umzuthun; auf dem
klaren Anilitz stehen die gedachten Pline zugleich mit dem Ent-
schluss der Vollbringung geschrieben. Es ist dies das vierte
Portrait zur ganzen (auf ihrer sieben oder zwdélf berechneten)
Folge. — Nach Menzel’s Oelbilde, welches Friedrich den Grossen
unter seinen Freunden und Gesellschaftern an der Tafel zu
Sanssougi vorstellt?) und welches in den Besitz des Preuss.
Kunstvereins tibergegangen ist, wird so eben ein grosser Ku-
pferstich von F. Werner vorbereitet. Wir haben unsern Le~
sern noch nicht von einem andern Bilde ahnlicher Art berichtet,
welches ein Concert des grossen Kénigs darstellt und das der
Kinstler in der Untermalung fertig machte, dann aber einst-
weilen ruhen liess, da ihn der Entwurf eines ,,Ueberfalles bei
Hochkirch* beschaftigle, den er in grésserem Maassslabe (93 F.
hoch, 12 F. breit) auszufiihren im Begriff ist. Das erstgenannte
Bild (63 F. breit, 43 F. hoch) zeigt den Monarchen mit der
Flite am Pult in einem der Abendconcerte, die er seiner Schwe-
ster, der Markgrafin von Baireuth, bei ihrem letzten Besuche
(1750) zu veranstalten pflegte. Emanuel Bach spielt den Fligel,
Franz Benda die Violine, auch Graun, Quanz und andere mu-
sikalische Notabilitéten sind gegenwartig. Die Firstin mit den
Uebrigen im treuesten Costiim der Zeit, welches tiberhaupt aus
der ganzen Lokalitét und dem geringsten Gerathe spricht, bil-
den das schén gruppirte Auditorium. Ein Privatmann, der das
angefangene Gemialde in der Werkstatt des Kimstlers sah, hat
sofort die Ausfiihrung desselben fiir sich bestellt.

Wir missen noch von einem jener charakteristischen Genre-
bilder aus dem gesellschaftlichen Leben berichten, welche dem
scharf beobachtenden Kinstler so tiberaus wohl gelingen und
‘deren er eben eins in bunter Kreide vollendet hat. Wir sehen
darin ein Stick Gesellschaft im Concertsaal vor dem Beginn
der Musik. Das Bild ist unter den Lustspielen des Genre das
	1) Verg!. Direr-Jahrgang. S. 304.
2) Vergl. ebendaselbst S. 162.