pfeilern der Kapelle haben. (Siehe die Abbiidung bei Moller Taf. IV, wo der beigefiigte Maassstab nur 30 Zoll Lange er- giebt.) Sollte es wohl ein rémischer Sarkophag sein? Die Pi- laster sind einfacher, als die der Kapelle; an diesen fallt be- sonders das in die Augen, dass die Kannelirungen in der Mille spielend unterbrochen sind; was natiirlich dem Charakler im Ganzen keinen Eintrag thut. Wir erkennen also in der Kapelle zu Lorsch die Begrab- nisskirche, welche Ludwig III zwischen 876 und 882 erbaut, wenigstens vollendet hat. Wahrscheinlich hatte schon Ludwig der Deutsche sie begonnen, oder aber es war sein Vorhaben, das erst der Sohn ausfiihrte. Denn Arnulf sagt 896 in einer Urkunde tiber die freie Abtswahl zu Lorsch, dass sein Gross- vater Ludwig (der Deutsche) sich Lorsch zum Begrabnissorte erkoren habe ). Es wird uns nunmehr die bessere Technik, als zu Aachen, worauf Schnaase hinwies, nicht mehr auffallen, da die Begrab- nisskirche zu Lorsch 75 bis 80 Jahre jiinger ist, als der Miim- ster zu Aachen. An ihr bewahrt sich die vielfach bezeugte Vorliebe Ludwig’s des Deutschen fiir Lorsch und der Fortschritt der Kunst, welchen die Bauthaligkeit unter den Karolingern wihrend eines Zeitraums von 80 Jahren wohl herbeifihren konnte. Diese Epoche war glanzend fiir die Baukunst. Karl der Grosse baute ausser seiner berthmten Miinsterkirche drei Paliste: zu Aachen, Ingelheim und Nymwegen. Unter Ludwig dem Frommen entstanden das Kloster St. Gallen, dessen Altern Pian wahrscheinlich ein Hofbaumeister angefertigt hatte, und die Kastorkirche in Coblenz (836 geweiht); derselbe erbaute den Salhof in Frankfurt?) und eine Hofkirche (capella) zu Die- denhofen nach dem Vorbild derjenigen von Aachen?) und sei- nes vertrauten Hofbaumeisters Einhard eigentlichstes Werk war die Kirche yon Seligenstadt. Wie wir nach diesen und andern weniger bedeutenden Bau- werken den Fortschritt in den vollendetern Formen zu Lorsch leicht erklarlich finden, so kann andererseits auch nicht von einer spateren Zeit als vom 9. Jahrhundert die Rede sein. Auch ohne obige Nachrichten wiirde man nicht mit Kugler (Handb. der Kunstgesch. 2. Aufl. S. 483. Anm. 2) die Kapitelle zu Lorsch, gleichwie die am dstlichen Portal des Domes zu Mainz, in’s 12. Jahrhundert setzen kénnen. Diese letzteren Kapitelle wei- chen schon sehr ab durch die freiere Behandlung mit iippigem Blattwerk, sie tragen Kaimpfer und dariiber Bogen (s. Moller Tafel VI.), wahrend die zu Lorsch unléugbar rémische Kapitelle sind, und auf ihnen ein Sims ruht, der an den antiken Archi- trav erinnert. Nachdem wir somit den urspriinglichen Charakter der Lorscher Kapelle, als Begrabnisskirche mit nachgeahmten ré- mischen Kunstformen, festgestellt haben, knipfen wir wieder an das Geschichtliche an. Die firstlichen Personen, deren Be- statlung in der bunten Kirche ausdriicklich gcmeldet wird, sind: Ludwig der Deutsche, neben ihm sein Sohn Ludwig IIT, sodann der Graf Werinher,. und die vierte ist die Kénigin Kunigunde, Gemahlin Konrad’s I, welche bei ihren Lebzeiten, ctwa im Jahre 915, angeordnet hatte, dass sie in der bunten Kirche be- graben werden sollte*). Von Andern lasst es sich nur уегти- 1) Codex diplom. Laurish. t. I. р. 95. №. 24... 4% monasterio Laures- ham, quod bonae memoriae Hludowicus rex, avus videlicet noster, multa augmentalione cumulavit alque prae ceteris dilexit, ibidem sibi locum sepuiturae detigens. 2) Archiv fiir Frankfurts Geschichte und Kunst. 1. Heft. S. 118. 3) Wir erfahren dies erst bet ihrer Zerstérung. Continuatio Reginonis a. 939. (Pertz mon. I. p. 618.) 4) Chron. Laurish. p 116: Chunegunda locum Ginga ...... 8. Na- zurio tradidit atque ibidem in ecclesia, quae dicitur Varia, se tumulari dem Eierstab, der Blatterschmuck auf dem mittleren Sims, so wie das Dachgesimse mit den Zahnschnitten lassen uns in die- ser Kapelle eine Nachbildung rémischer Muster erblicken. Auch Schnaase erkennt dieses Alles an, ,indessen*, be- merkt er richtig, ,ist die Technik des Mauerwerks vicl besser, als in Aachen“, und dieses bestimmt ihn, das Gebdude ins 12. Jahrhundert zu setzen. Allerdings ist die Kapelle nicht friiher als. die Miinsterkirche zu Aachen gebaut; aber nicht erst im 12. Jahrhundert, sondern nur hundert Jahre spater, als die frihere Annahme von Moller war, namlich im 9. Jahrhundert. Wir werden dieses aus dem Chronicon Laurishamense erwei- sen, welches sich in der Sammlung von Freherus: Rerum Ger- manicarum scriptores, editio 3, cur. Struvio p. 85—162 befin- det und den Zeitraum von 764—1179 umfasst. Erbauungszeit und urspringliche Bestimmung der Kapelle zu Lorsch. Unter den Wohlihatern des Klosters wird vorztiglich Lud- wig der Deutsche gerihmt. Nach dessen feierlicher Bestattung zu Lorsch 876 folgte sein Sohn Ludwig Il! dem Vater in der Zuneigung und Freigebigkeit gegen das Kloster ), Bald nach- her wird Graf Werinher, der mit beiden Kénigen in sehr па- hen Verhaltnissen gelebt hatte — cine Verwandischaft mit ihnen liess sich jedoch nicht auffinden —, gleichfalls in Lorsch be- graben und zwar in der Kirche, welche die Bunte heisst”). Ludwig III lasst seinen natirlichen Sohn Hugo, welcher in der Schlacht bei Thuin gegen die Nordmannen gefallen war, in Lorsch begraben*?) und wird dann auch selbst im Jahre 882 dort neben seinem Vater beigesetzt in der Kirche, welche die Bunte heisst, und welche er selbst zu diesem Zwecke, d.h, als Begribnisskirche, erbaut hatte 4). Diese zwei Bezeichnungen: ,die bunte Kirche* und ,Be- grabnisskirche* passen nun augenscheinlich auf die bisher un- richtig benannte Vorhalle. Erstlich wird Jeder, der nicht ctwa blos die Abbildungen bei Dahl, Moller und Gailhabaud, sondern das Gebaude selbst und die bunte Tafelung mit den oben be- schriebenen Vierecken, Dreiecken und Sechsecken gesehen hat, die Bezeichnung ,,bunte Kirche“ sofort auf die gegenwartige Kapelle beziehen °). Zweitens stellt die ganze dussere Gestalt, namentlich die obere Abtheilung, einen Sarkophag dar, und gerade die auf- fallenden Spitzgiebel, welche bloss von je zwei Balken gebil- det sind, kommen statt der Bogen auf Sarkophagen vor. An letzteres erinnerten schon Moller und Kinkel, ohne geschicht- Пепе Nachrichten damit in Verbindung bringen zu kénnen, und ein solcher Sarkophag ist bei Kinkel abgebildet Tafel 7. e. Beachtenswerth ist auch in dem nahen, friher zum Klo~ ster gehdrigen Garten des Forsthauses ein aller steinerner Sarg (jetzt als Brunnentrog gebraucht), dessen kannelirte kleine Pi- laster nebst Kapitellen grosse Aehniichkeit mit den obern Wand- 1) Chron. Laur. р. 111: Qui ubi patrem in Laureshamensi monasterio tumulavit, paternae statim benignitatis et liberalitatis erga idem monaste- rium induit affectum. 2) ib. p. 109: Ipse etiam in ecclesia, quae dicitur Varia, se-~ pullus est, 3) Reginonis chron. a. 879. 4) Dahl 8.62. Chron. Laur. p. 112: Ludovico rege Germaniae, filio Ludovict, defuncto et iuxta palrem apud Lauresham in ecelesia, quae dicttur Varia (quam @рзе huius rei gratia construxerat) se- pulto, Karolus frater eius a Johanne Papa Imperator ordinatus, paternae fraternaeque pietatis erga ipsum suum locum imitator enituit. 5) Der Ausdruck capella bedeutete in der altesten Zeit Schatzkammer, dann Hofkirche; erst gegen das Ende des 10. Jahrhunderts begann man, ете kleme Kirche capella zu nennen. So heisst denn die in Rede stehende Begrabnisskirche im Chron. Laur. stets ecelesia.