then*). Von Kunigunde an aber wird diese Kirche im Chronicon
langer als ein Jahrhundert nicht mehr erwdhnt; sie mochte wohl
nach dem ginzlichen Aussterben der Karolinger ihre Bestimmung
als Familiengruft erfillt haben. Dann aber, um die Milte des
11. Jahrh., dachte man daran, sie dem Gottesdienste zu wei~
hen, welche Feier sogar, auf Ansuchen des Abtes Arnold,
Papst Leo IX vornahm, der um diese Zeit einer Synode zu
Mainz beiwohnte. Dieser weihte die bunte Kirche am 25slen
Oktober 1053 zur Ehre der В. Gotlesgebarerin, aller Aposteln
und aller Heiligen*). Als Andenken daran fanden sich folgende
Verse, welche uns Helwich?) erhalten hat:
	Funditus ista domus Augustus structa duobus
In dote ditatur, Papa Leone sacratur.

Hier ist ausserdem noch zn beachten, dass die Erbauer
zwei Augusti genannt werden; diese sind die zwei Kénige
Ludwig der Deutsche und sein Sohn Ludwig III, unter denen
wir doch nur Ersteren als den eigentlichen Grinder der Kirche
zu betrachten haben, was wir auch oben bei Seite 164 Spalte 2
Note 1 schlossen.

Bei der Einvichtung zur Marienkapelle sind um diese Zeit
wahrscheinlich die rohen Schnitzarbeiten im Innern angebracht
worden: zwei Sdulen mil niedrigen, unférmlichen Laubkapi-
tellen und um den mitllern Bogen tiber dem Aliar der wellen-
formig gewundene Stab (siehe Moller Taf. II), welcher auch
sonst, am. Westchor des Domes zu Worms, erscheint. Die
flache Decke ist geblieben. Wann die Bihne errichtet und die
zu ihr fihrenden Wendeltreppen aussen angebaut seien, ist
wohl nicht zu bestimmen und von keiner Bedeutung.

So ist denn jenes ehrwirdige Denkmal eine Marienkapelle
geblieben bis auf den heutigen Tag, denn sie konnte ihre
Schuizheilige nicht vertauschen, und noch jelzt steht ein in
Holz geschnitztes Marienbild mit dem Kinde auf dem Altar.

Einen spaten Nachklang endlich von jener Begrabnisskirche
finden wir in unserm Nationalgedicht der Nibelungen. Es ist
gerade der bedeutendste Zusatz der Hohen-Ems-~-Lassbergi-
schen Handschrift zu Aventiure 19, der die Stiftung von Lorsch
durch die Kénigin Ute meldet und wie Sigfrid dorthin begra—
	hen wird.
	Eine riche fursten aptey stifte vrou Uote,

nach Danchrates tode, von ir guote,

mit starchen richen urborn, als ez noch hiute hat,

daz chloster da ze Lorse, des dinch vil hohe an eren stat.
	Sie zog sich auf ihren Wohnsitz daselbst aurick, wo sie auch
spater begraben ward.
	Do was der frowen Uoten ein Sedel-hof bereit,
ze Lorse bi ir chloster mit grozer richeit(e):

dar zoch sich diu witewe von ihr chinden sit;

da noch diu frowe here begrabn in eime sarche lit.
	praecepit. Siche die Schenkungsurkunde uber Gingen vom 8. Februar 915
im Codex diplom. Laurish, tom. I. №. 63.

1) Ludwig lasst seinen natirlichen Sohn Hugo, der in der Schlacht bei
Thuin 879 getodtet wurde, im Kloster Lorsch begraben (Reginonis chron.
a. 879), wahrscheinlich in der bunten Kirche. Dasselbe vermuthet Struve
in einer Note zum Chron. Laurish. p. 95 von Konrad dem Weisen, Herzoge
von Franken und Lothringen 943—955, welcher in der Schlacht gegen die
Ungarn am Lech Gel und Sohn Werinher’s genannt wird. Jedoch war sein
Vater wohl nicht jener oben genannte Graf Werinher , der in Urkunden von
836, 846 und 877 vorkommt (Codex dipl. Laurish. tom, I. N. 26, 27, 39)
und in der bunten Kirche begraben ward.

2) Паш 5. 65. Chron. Laur. p. 127: Hie (Arnoldus) Eeclesiam, quae
dicitur Varia, per Leonem Papam supradictum (qui per id temporis Ma-
gontiae synodo habita, multa ibidem de ecclesiasticis sanclionibus disposuit)
in honore S. Dei genitricis Mariac, omniumque Apostolorum atque omnium
simul sanctorum consecrari impetravit VIII Kal. Novemb. An. Dominiciae
	тсагпай. МЕЛ.
3) Antiquitates Laurishamenses bei Joannis, Scriptores hist. Mogunt. р. 57
	Nach Sigfrids Tode beredet sie Chriemhilden, zu ihr zu zie-
hen, worein diese willigt, wenn ihr geliebter Todter mit ihr
fahre. Dies geschieht.
	Do schuof diu iamers riche, daz er wart ouf erhabn;

sin edelez.gebeine wart an der stunt begrabn,

ze Lorse bi dem munster vil werdechlichen sit,

da der helt vil chuene in eime langen sarche lit.
Also weiss auch die Sage noch nach Jahrhunderten von dem
kéniglichen Grabe zu Lorsch: dort liegt Sigfrid in einem lan-
gen Sarge. Die Ruhestatte der beiden Ludwige hatte des Klo-
sters Ruhm lange erhalten; dieser lebte fort, nur trat der be-
riihmteste Held der deutschen Sage an die Stelle jenes ge-
schichtlichen Kénigs, welcher vorzugsweise der Deutsche hiess.
Was die Sage von der Frau Ule meldet, namentlich ihr Be~
gribniss zu Lorsch, ist vielleicht auf das der Kénigin Kuni-
gunde zu deuten.

Wenn nun auch dieser ganze Zusatz zur 19, Aventiure
einer spiteren Zeit, als das gesammte Epos, aber immer noch
dem 13. Jahrhundert angehért, so miissen wir es doch dem
Ueberarbeiter danken, dass er das Andenken an die kénigliche
Grabstatte nicht untergehen liess. Wir aber erneuern das An-

denken als ein von der Geschichle beglaubigtes, dass das zier-
lichste, gliicklich erhaltene Denkmal der Baukunst aus dem

9. Jahrhundert des ersten Kénigs von Deutschland,
Ludwigs des Deutschen, Ruhestatte ist.
Bonn, im April 1851. Dr. J. Savelshers.
	ВА чиюб еси.
	Der Triumph der Religion in den Kinsten, 1)
in Kupfer gestochen von Samuel Amsler nach dem
Oclgemiilde von Friedrich Overbeck im Stidelschen
	Kunst- Institute xu Frankfurt aM. Leipzig, bei Ru-
	dolph Weigel, Miinchen bei Wittwe Amster. Hohe der
Platte 313 Zoll, Breite 27 Zoll. Der Abdruck mit der Schrift
auf weissem Papier kostet 24, auf chinesischem Papier 28,
vor der Schrift auf weissem Papier 48, auf chinesischem
52 Thaler. Ein Blatt Seidenpapier mit den Contouren und
der Bezeichnung der Kopfe nebst einer Erklarung des ganzen
Bildes, die auch in franazésischer und englischer Sprache er-
schienen, ist beigegeben.
	(Nebst 1 Contourblatt, die Bezeichnung der Képfe enthaltend.)
	Endlich liegt ein Blatt vollendet vor uns, welches, seit
Jahren erwartet, eines der gréssten Malerwerke aus neuester
Zeit wiedergiebt und an und fir sich den schénsten Leistungen
des Kupferstichs zugezihlt werden muss. Fir die Verehrer
Amsler’s gewinnt es noch eine héhere Bedeutung dadurch, dass
es den Schwanengesang des Meisters enthalt, der unter vielen
kérperlichen Leiden sechs Jahre daran arbeitete und nach der
letzten Ueberarbeitung des Werkes, von welchem er noch die
Druckproben gesehn, sein reines und kunstgeweihtes Leben
beschloss (am 18. Mai 1849).2) Bei aller Trauer iiber seinen
	1) Unser Standpunkt — und wir haben schon Gelegenheit gehabt, die
wahrlich nicht frivolen Principien desselhen zu entwickeln, —- gehdrt nicht
der von dem geehrten Verfasser dieses Aufsatzes vertretenen Richtung an.
Wir bleiben aber unserem Grundsatze getren, jeder berechtigten Ansicht in
unserem Blatte Ranm zu geben; wir nehmen daher in keiner Weise Anstand,
diese Besprechung des Amsler’schen Blattes nach dem genannten Gemialde
Overbeck’s, die uns zugegangen und der wir in Bezug auf die Beurtheilung
des Stiches vollkommen beipflichten, unverktirzt mitzutheilen. D. Red.

2) Einen sehr lesenswerthen Aufsaiz: Ueber das Leben und die
Werke von Samuel Amsler, nebst einem Brustbilde desselben nach
Kaulbach von Merz gestochen, enthalt das Neujahrsbiatt der Kinstlergesell-
	schaft in Zurich fir 1850.