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	Todtenbelte seines Zeitgenossen Zurbaran offenbar aus der
Luft gegriffen sein muss. С. E, Elmerich hat Lesueur unter
den Karthausermoénchen; Ferd. Wachsmuth hat Salv. Rosa
unter den Raubern in den Abruzzen; E. Lepoitevin hat die
holl. Seemaler Backhuysen und van der Velde auf ihrem Ele-
mente; H. Delaborde den seligen Bruder Angelico von Fie-
sole im Markuskloster in Florenz; L. P. Roux die Marietta Ro-
busti, Tintoretto’s Tochler, ein Mannerbildniss malend; Alph.
Colas hat Phil. Wouwermans, ein Bild zeigend; Julien de la
Rochenoire den Maler Pellegrino, Freund des Rosso, auf
der Tortur; V. Chavet, der die Spuren Mcissonnier’s verfolgt,
Vandyck mit seiner Geliebten; L. Coulon endlich, mit seiner
pastellartigen Ausfiihrung, Watleau auf dem Lande vorgestellt.
Alex. Conder, dem es in der zierlichen, weichen Behand-
lung von Blumen, Obst und Gegenstinden der leblosen Natur
Wenige gleich thun, hat den Ehrgeiz gehabt, eine wahre Rum-
pelkammer von Risltungen, Waffen, Fahnen u. dgl., durch den
Titel: ,,Bourguignon in seiner Werkstatte“, in eine hohere
Kunstgaltung einzuschmuggeln. Uebrigens kann, mit Ausnahme
des Bildes von Laugée, keines der ebenerwahnten auf den Na-
men eines historischen Gemildes Anspriiche machen, und so
wiren wir denn abermals, einer natirlichen Ideenverbindung
zu Lieb, unvermerkt auf das Gebiet des Genre gerathen, wel-
ches wir nunmehr nicht linger zégern dirfen, entschieden zu
betreten, Nur cines Bildes, aus der verwandten Categorie der
Dichterbiographicen, sei noch Erwahnung gethan: J. B. J.
Trayer’s ,,Shakspeare in der Bierstube zur Krone, dem Vor-
lesen eines seiner Sticke zuhérend“. Vorn im Bilde, in einer
Ecke, von den versammelten Soldaten und Mannern aus dem
Volke unbemerkt, lauscht der Dichter mit lebhaftester Theil-
nahme ihren Bemerkungen. In dem charaktervollen Kople von
sprechendem Ausdrucke ist deutlich zu lesen, dass hier nicht
Kiinstler und Kritiker im Sinne unserer modernen Verhaltnisse
reizbar und gereizt einander gegentiberstehen, vielmehr, dass
der reichbegabteste schépferische Geist der neueren Zeiten, aus
der unmittelbaren Beriihrung mit dem Volke, gleichsam ein gei-
stiger Antéus, einen nicht geringen Theil seiner Kraft herge-
nommen.

Unter den ecigentlichen Gattungsmalern begegnen wir nun
zuerst einer Grappe von Kiinstlern, dic ihre Stoffe aus dem
weiten Gebiete der Phantasie, haufig mit Hereinzichung der My-
thologie entlehnen. An ihrer Spitze steht N. Diaz, von spa-
nischer Abkunft, ein Kiinstler, der seit etwa 15 Jahren durch
eine Unzahl von Bildern, die cr, zum Theil sogar auf dem
Wege der 6ffentlichen Versteigerung, unter das Publikum ge-
bracht, und durch eine gewisse Autoritét, die er auch auf
die Kritik auszutiben gewusst hat, einen Einfluss gewonnen,
den man im gewissen Sinne unbedenklich als verderblich be-
zeichnen kann. Diaz hal ndmlich als Figuren- und Landschafts-
maler, — und auf letzterem Felde hat, ganz in seiner Art, Théo-
dore Rousseau, der aus cinem langjahrigen Martyrer der Jury
nunmehr fin Vieler Augen ein Heiliger, (der eigentliche Schutz~
heilige der Landschattsmalerei) geworden ist, — diese beiden
Kunstler haben im Eifer der Neuerung, noch mehr aber in Folge
ihrer mangelhaften Organisalion und ihrer ungentgenden Stu-
dien, an die Stelle von begranzender Linie, von Form und
Zeichnung, von Charakter, von Gedanken und von Handlung,
ein haltungsloses, unsicheres Spiel von Gestalten, deren Um-
risse, wie im Nebel schwankend, zerfliessen, eine fMtichtige
skizzenhafte Behandlung, die immer nur andeutet, niemals be-
stimmt ausspricht, ein gewisses schillerndes Farbenspiel, haufig
von den zufalligen Combinationen der Palette cingegeben, kurz
ein unbefriedigendes Nahezu und Ungefahr, und endlich ein
ewiges Einerlei im Wechsel der frivolen Gegenstande gesetzt.
	nicht ohne Eigenthtimlichkeit. Ein sehr grosses Bild, ,,Uleo-
patra und Antonius auf dem Cydnus“, auf dem Salon von 1848,
enthielt zahlreiche Schénheiten und brachte dem jungen Ath-
leten Ehre und Ruf. Seitdem ist er nicht unthatig gewesen,
wie die zehn 1849 und 1850 ausgestellten, simmtlich dem Al-
terthume oder der freien Phantasie entnommenen Bilder und
Bildchen beweisen. Nur tiberldsst er sich dieses Jahr einer ge-
wissen fliichligen und schnell fertigen, koketten Behandlungs-
weise, wobei die Leinwand zur Noth gedeckt ist. Sein Haupt-
bild ,,an die Natur“ ist ein Nachklang an des verstorbenen Pa-
pety ,,Traum des Glickes“, so wie dieses selbst dem Winter-
halter’schen Dolce far niente seine Entstehung verdankte; in der
Art jedoch, dass jede von den beiden letzteren Compositionen
ihre Vorgangerin an Bedeutung und Gehalt zu itiberbieten
meiule, was denn auch nicht verfehlt hat, den Meister der drit-
ten, Picou, in die Unverstindlichkeit des Mystischen und Ab-
strakten zu werfen, indem er Begriffe auszudriicken sirebte,
die es der Malerei nicht gegeben ist, dem Auge anschaulich
zu machen. Wollten wir uns aber an das Zunachsiliegende und
Verstandliche halten, so liesse sich zwischen den lustwandeln-
den Paaren dieser Composition und der Bildséule der ephesi-
schen Diana, welche deren Mittelpunkt einnimmt, nur eine
crobsinnliche Bezichung finden.

Hier ist der Ort, eines Malers zu erwahnen, der sich gern
auf dem Gebiet der Allegorie bewegt und besonders Personifika-
tionen liebt, in einem Style jedoch, der auch nicht mehr die lei-
seste Spur des Klassisch-Akademischen an sich trigt. Es ist dies
Célestin Nanteuil. Sein lieblichstes Bild war die vor neun
Jahren ausgestellte ,, Quelle“, cin junges Madchen, dessen blon-
den Haaren die Thautropfen wie Perlen entquillen, tiefverborgen
im kiihlen Dunkel des dichtbewachsenen Waldes. Seine ,,Ver-
suchung“ auf dem diesjaéhrigen Salon ist wieder vorgestelll
durch ein Madchen, dem Alles, was das Herz nur wiinschen
oder Eilelkeit und Ehrgeiz trdumen mag, in reichem Ueber-
schwang auf dem Schoosse und zu Fiissen liegt. Zu starke
Gegensitze und zu dunkle Schatten schaden leider der Wirkung
dieses Bildes.

E. Boutibonne, ein geborener Unger, der sich unter
Winterhalter’s Leitung in der Malerei vervollkommnet hat, ist
auf dem Salon mit einem Portrait und einer tichtig ausgefthr-
ten, lebensgrossen weiblichen Figur, ,,die Tochter des Dogen“,
erschienen. Dieses Bild ist fiir den Kénig von Wirttemberg
angekauft worden.

L. E. Rioult, der seit einem vollen Menschenalter schon
sein Lieblingsthema, badende Madchen, auf alle erdenklicle
Weise in einer reichen und gefalligen, Prud’hon verwandten,
nur elwas schwachlichen Tonart, durchspielt, hat auch dieses
Jahr sechs Bilder ausgestellt, darunter Diana, Leda und eine
dritte Badende, mit der ein Zephyr spielt.

Auch E. Signol hat ausser der ,,wahnsinnigen Braut von
Lammermoor“, einer gemalten Opernscene, den so oft wieder-
holten Gegenstand: ,,Sarah die Badende“*, nach Victor Hugo,
geschildert und das ganze Gedicht auf den Rahmen geschrie-
ben, was zu manchem Wiizwort Veranlassung gegeben.

Ueberhaupt sind weibliche Gestallen in jeder méglichen,
ja micht selten auch in unméglichen Lagen und Wendungen,
unter allerlei Namen und jeglichem Vorwand, dieses Jahr wie~
der, wie gewohnlich, zahlreich vorhanden.

Ausser dem schon erwihnten A. Bourdier (aus dem der
Setzer*) Bomdier gemacht), hat auch F. D. Laugée den Tod
des Zurbaran, nur leider in zu griinlichem Farbentone, darge-
stellt. Was die zum Grunde gelegte Anekdote betrifft, ist zu
bemerken, dass die Gegenwart Murillo’s als Chorknaben am
	*) Diesma)] der Abschreiber. ° Anm. des Setzers.