Mewiiches 4eitung fiir bildende Kunst und Baukunst. ДАЛА ОИЕ. Organ der deutSchen Kunstvereine, Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien 1851. Ne 25. Kunst und Alterthum in Salzburg. (Schluss.) Dic Feste Hohen-Salzburg, hoch tiber wogende Eschen hervorragend, zieht durch ihr miltelallerliches Aussehn sogleich die Aufmerksamkeit eines jeden Fremden auf sich. Mittelst einer Erlaubnisskarte von Seiten des k. k. Festungskommandos kann man ohne geringste Schwierigkeit, von der zwar auswar- lige Blatter und Reisebiicher traumen, sich in das Innere die- ses alten Zwingers begeben. Auf dem Schlossplatze angekommen, fallt sogleich an der Nordseite die vom Erzbischof Leonhart Keutschach 1501 er- baute Schlosskirche auf. An den Wanden des Inneren befinden sich kolossale Reliefs der zwOlf Apostel und des Erlésers. Durch Entfernung von ganz unbedeutenden Details kénnte auch diese kleine Kirche in ihrem schénen Urzustande wieder erscheinen. An der Aussenseite der Kirche befindet sich das marmorne Monument des Erzbischofs Leonhart im Pontifikalkleide, sein Land segnend, begleitet von zwei Diakonen, umgeben von einem auf Saulen gestiitzten Giebel. Auch diesem Monumente dieses Friedensfiirsten wiinschten wir eine liebreichere Sorgfalt, in- dem von Jahr zu Jahr die zierlichen Details durch muthwillige Beschidigung immer mehr leiden. Gegen West gewendet kommt man zum hichst gelegenen Punkt der Festung, den das eigentliche Schloss einnimmt. Im dritten Stockwerk befinden sich die sogenannten ,,Fiurstenzim- mer“, Diese waren ihrer ganzlichen Zerstérung entgegenge- ей, Ване nicht der kunstsinnige Erzherzog Johann sich deren eifrigst angenommen und die successive Herstellung derselben erwirkt. In diesem Jahre wurden zwei dieser altdeutschen Prunkgemacher unter Leitung des Malers Pezolt durch hie- sige Werkleute hergestellt. Muthwille und Geringschatzung hatte viel Schnitzwerk verschleudert, jedoch fanden sich noch so viel erhallene Motive vor, dass durch treue Kopirung das Abgangige ersetzt werden konnte. Gehért die architektonische Grundidee eben nicht zu den reinsten des germanischen Ge- schmackes (da verschiedene Bauherren von 1487 bis 1504 daran sich versuchten), so ist doch der malerische Eindruck héchst iiberraschend. Besonders befriedigend ist die Analyse der man- nigfachsten Details vegetabilen Charakters, sowohl an dem Schnitzwerke, als an der Tonmodellirung des prunkreichen stossen Ofens, IL Jahrgang. redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin. Sonnabend, den 21. Juni. Neben diesen Prunkgemachern ware noch ein grosser Saal, auf vier machtige Marmorsaulen gestiitzt, sowie eine mit Spitz- bogen cingewélbte Vorhalle einer sorgsamen Herstellung zu un- {егмевеп. Ebenso erwartet eine baldige Rettung die kleine Hauskapelle neben den Landschaftszimmern im zweiten Stockwerk. 4weilelsohne wird ehestens zu dieser Reform geschritten werden. Wohl ware zu wtinschen, dass dergleichen griindliche Er- neuerungen auch unter dem Biirgerstande Nachahmung fanden, allein, wie schon gesagt, dort fehlt es an festem Willen. Man sucht sich nur nach Moéglichkeit zu entlasten; denn als es sich darum handelte, die Marienstatue am Domplatze, die eine ganz geringe Verstiimmelung erlitten hat und wozu sich schon im Jahre 1842 Stiegelmayr aus Munchen erbot, gratis diesen Schaden zu erselzen, nun herzustellen, riethen einige Glieder des Gemeinderathes, dieses Monument abzutragen, um einen lJecren Platz zu gewinnen und zugleich der Gemeinde die Last der Erhaltung vom Halse zu schaffen. Ein Monument, das heu- tigen Tages nicht unter 00,000 Fl. hergestellt werden k6nnte, will man der Vernichtung preisgeben und mit dem Erlés von dem Material die Abtragung bestreiten. Ist es auch kein Werk reiner Kunstrichtung, indem es aus dem Jahre 1771 herrihrt, so ist es schon beklagenswerth, wie selbst die Reprdsentation der Geistlichkeit im Gemeinderath, derlei Anklangen Gehér ge- bend, eine Schonungslosigkeit verrain, weil zufallig dies Mo- nument keine Ejinktinfte bietet. Alsdann darf man sich wohl nicht wundern, wenn die Landkirchen oft, ungeachtet ihrer bedeutenden Mitlel, voll Ge- schmacklosigkeit, voll unschéner Flitter sich fiillen. So ist wohl wenig Aussicht, dass die schénen Kirchen aus guter Zeit zu Kuchl, Scheffau, Hiittau, Bischofshofen, Zell, Tamsweg, St. Martin, Maria Pfarr, Kundl u.a.m. nach und nach von ihrer Ueberladung gereinigt werden, ja es ist viel mehr als je zu befiirchten, dass auf die geschmacklosesten Gestalten neues Gold und Silber planlos aufgetragen wird. Wir sind der Ueberzeugung allzu voll, als dass wir nicht einsehen solllen, dass der geistliche Stand in unserem Gebirgs- lande noch unbedingtes Vertrauen besitzt, demnach wir nur dem ums Wohl seiner Anvertrauten besorgten Seelsorger mehr Einsicht in die Sphare der Kunst wiinschen, da dieselbe doch, so lange das Christenthum besteht, stets Hand in Hand mit ihm ging. Mochte in den Priester-Seminarien doch eine fassliche Abhand- lung tiber den christlichen Kirchenbau vorgetragen werden! 95