nau nach dem Muster der igyptischen angelegt worden sind.
Da leider jenes Werk des Knight hier in Berlin nicht vorhan-
den ist, kann ich nicht beurtheilen, wie weit jene Annahme
dadurch gerechifertigt wird. Jenes phantastische Element, wel-
ches sich in dem Drachen- und Schlangenwesen kund_ thut,
ist aber eine so allgemein verbreitete Eigenschaft des Mittel-
alters, dass mir eine so entfernte Ableitung nicht nothwendig
scheint, und fiir jene kiinstlichen Verschlingungen fanden sich
die Vorbilder in den rémischen Mosaikfussbiden, von welchen
sich in England noch jetzt bei Bignor in der Grafschaft Sussex
sehr reiche und merkwirdige Beispiele erhalten haben. Wenn
aber der Verf. die Vorbilder fiir die monstrésen Figuren in
den irischen Handschriften, von denen er von Taf. I bis VI
aus dem obigen Codex No. 51 vortreffliche Abbildungen giebt,
deren erste sogar in grissler Treue die Farben enthalt, in den
altagyplischen Wandgemalden finden will, so kann ich ihm
hierin nicht beipflichten. In diesen findet sich namlich in allen
Fallen, wo nicht an die Stelle des menschlichen ein Thierkopf
tritt, sowohl eine Achtung vor der menschlichen Bildung und
in der Regel auch ein richtiges Verhaltniss derselben vor, wah-
rend in jenen jede Spur von diesen Eigenschaften verloren ist,
und Gesichtsztige, Gestalt und Gewandwesen mit der grodssten
	  Willktr als ein calligraphisches Schema behandelt wird, wel-
	ches, wenn man auch nur die geringsten Anforderungen eines
menschlichen Aussehens macht, bald einen lacherlichen, bald
einen héchst abschreckenden Eindruck hervorbringt. Ganz stimme
ich dem Verf. bei, dass ein Johannes aus dem Codex No. 60
zu St. Gallen, wovon er auf Tafel VII ein Facsimile giebt, eine
lahme und kunstlose, wahrscheinlich yon einem deutschen Ménch
in St. Gallen gemachte Nachahmung irischer Kunst ist, Ausser
fanfzehn irischen Handschriften, welche noch jetzt in der Bi-
bliothek von St. Gallen vorhanden sind, giebt der Verf. noch
von einer in der Stadtbibliothek zu Schaffhausen, von dreien
in der Staditbibliothek zu Basel, von einer in der Stadtbibliothek
zu Bern, endlich von vier Fragmenten in der Bibliothek der
antiquarischen Gesellschaft in Zirich nihere Rechenschaft. Die
drei letzten Tafeln XI— XHI enthalten sehr getreue Abbildungen
irischer Schrift aus verschiedenen Handschriften, Die Beschrei-
bung der Tafeln, welche die Abhandlung beschliesst, zeichnet
sich durch grosse Genauigkeit aus. Endlich fiihle ich mich
dem Verf. noch zu besonderem Danke verpflichtet, dass er dem
Abschnitie itber die Kunst in irischen Handschriften aus meinen
Nachtragen zu Kugler’s Handbuch der Malerei im Deutschen
Kunstblatt von 1850 durch einen Abdruck am Ende diejenige
allgemeinere Verbreitung gegeben hat, welche seiner ausge-
zeichnelten Arbeit bei allen Freunden der Incunabeln mittelal—
	terlicher Kunstgeschichte in Europa nicht fehlen kann.
G. F. Waagen.
	ела о.
	jenes Kloster voraus. Nach einem in der Bibliothek von St.
Gallen vorhandenen, aus der ersten Halfte des 9. Jahrhunderts
stammenden Verzeichniss des damals dort vorhandenen Biicher-
schatzes belief sich die Zahl der irischen Manuscripte, deren
Verzeichniss der Verf. giebt, auf zwei und dreissig. Wenn
diese als ,, Libri scotice scripti hezeichnet werden, so rihrt
dieses daher, weil im Mittelalter Irland den Namen Scotia in-
ferior trug, und demnach die Irlander Scot genannt wurden.
In wie weit diese Manuscripte von Irland nach St. Gallen ge~
bracht, oder hier selbst angefertigt worden sind, lasst sich bei
der Dirftigkeit der Nachrichten tiber jenes Kloster vor dem
9. Jahrhundert schwer entscheiden. In dem vierten Decennium
desselben, unter dem kraftigen und weisen Abt Gozbert, er-
langte das friiher an Biichern arme Kloster dagegen innerhalb
azwanzig Jahren eine sehr namhafte Bibliothek. Eine Menge
Zeugnisse beweisen den Aufenthalt von irischen Ménchen zu
St. Gallen und erwdhnen mit grossem Lobe ihrer wissenschatft~
lichen Wirksamkeit. Vor allen ist Moengal bertihmt, der bald
nach 850 der Lehrer des Nolker, Ralpert und Tutilo war.
Im 10. Jahrhundert erscheint der 991 gestorbene Ménch Failan
als besonders bedeutend. Interessant sind die Nachrichten,
welche der Verf. tiber die Wanderungen der irischen Ménche
in Europa vom 7. bis 12. Jahrhundert beibringt. Die Calligra~-
phie gelangie durch sie schon sehr friih in den Initialen und
Ornamenten zu einer héchst eigenthiimlichen und meisterlichen
Ausbildung, welche nach Westwoods und meiner eignen, schon
mehrfach ausgesprochenen Ueberzeugung, welcher auch der Verf.
heistimmt, den entschiedensten Einfluss auf die Kunstweise in
denselben Stiicken bei allen occidentalischen Nationen des Con-
tinents ausgéetbt hat. Fir diese friihe Ausbildung macht der
Verf. in dem folgenden Abschnittt tiber die irischen Handschrif-
ten, welcher eine sehr genaue Darstellung, sowohl der Schrift,
als der Ornamentik enthalt, verschiedene Zeugnisse geltend.
So wird Dagaeus, Abt des Klosters Juniskeltra, der im Jahre
587 starb, als ,,scriptor librorum peritissimus® ange-
fahrt, und heisst es in einer metrischen Epistel des Ethelwolf
an Egbert, der sich damals um Handschriften zu sammeln in
Irland aufhielt, von dem im Jahre 655 gestorbenen Ultan:
Ex quibus est Ulian praeclarus nomine dictus
Comptis qui potuit notis ornare libellos.

Mit Recht hebt der Verf. an den Ornamenten die Vereinigung
des phantastischen Elements, der Jang ausgereckten Drachen,
Vigel, Schlangen etc. und der schénen Eintheilung des Raums,
der kunstreichen Verschlingung der complicirtesten Muster, der
oft dem Auge zusagenden Zusammenstellung der Farben, end-
lich der wunderbaren Pracision und Eleganz des Machwerks
hervor, wovon das, so wie die tibrigen Abbildungen, von dem
Verf. eigenhandig gemachte Facsimile auf der Tafel LX, aus
dem, fiir den malerischen Schmuck wichtigsten irischen Codex
zu St. Gallen, einem Evangeliarium, in jedem Betracht eine
musterhaft getreue Anschauung gewahrt. Dasselbe gilt auch
von den Initialen auf Tafel X, welche sich ausser der Eleganz
der Hauptformen und der Zierlichkeit der Details, durch die
harmonische Wirkung der gebrochenen Farben auszeichnet. Die
sich Jedem aufdrangende Frage, wo nun aber dic Irlinder die
Vorbilder fir eine so eigenthiimliche und so zeitig héchst aus-
gebildete Verzierungskunst gefunden haben, ist der Verf. ge-
neigt dahin zu beantworten, dass dieselben in Aegypten aut-
zusuchen seien. Er bezieht sich hier besonders auf die Aehn-
lichkeit derselben mit Verzierungen in den dltesten agyptischen
und athiopischen Handschriften, welche C. Knight in einem
kleinen Werk tiber Aegypten bekannt gemacht hat, und auf
den Umstand, dass schon sehr frih dgyptische Moénche in Ir-
land gelebt haben, auch die dltesten irischen Kléster ganz ge-
	‘i Herlttt, im Juni. Die vier hinter dem FriedrichdenkTal
provisorisch errichteten Statuen-Pfeiler sind nunmehr, auf drin-
gende Mahnung des unholden Wetters, wieder abgetragen. Aus
der Ferne gesehen gaben sie fiir den ganzen Platz einen sehr
gut wirkenden Abschluss. Nahebei waren sie aber doch der
Wirkung des Standbildes eher hinderlich als férderlich; viel-
leicht wegen der zu grossen Nahe. Das Denkmal prasentirt
sich daher jetzt ungleich grossartiger. Doch darf man_ nicht
vergessen, dass dies wohl nur so lange wahren wird, als der
jetzt noch hell glénzende Bronzeguss sich hinlanglich von den
griinen Baumen abhebt. Spiter wird doch ein architektonischer
Hintergrund nothwendig werden, der dann etwas weiter zurtick-
geriickt vielleicht seinem Zwecke entsprechen wird.