tage fast ganzlich der Vergessenheit amheimgefallen. Dic Re- stauration hatte unter andern vortrefflichen Absichten auch den Wunsch, die Landschaftsmalerei zu heben, und die Regierung Ludwig XVIII. setzte daher einen besonderen Preis aus, zur Aufmunterung junger Talente und zur Belohnung preiswirdiger Leistungen auf diesem Felde. Wie viel dadurch gefordert wor- den, wollen wir nicht untersuchen, sicher aber ist, dass sich die Landschaftsmalerei nur langsam und mit Mihe den hem- menden EHinfliissen zu entziehen wusste, dass selbst die Riick- kehr zur Nalur, wie sie sich in Rémond’s und Coignet’s Werken nicht verkennen lasst, uns im Einzelnen getreu und geistreich behandelte, aber kalt gefiihlte und wiedergege- bene Studien gebracht hat; wahrend Michallon und seine Schule in ihren grossen und reichen Compositionen, bei er- midender Einférmigkeit der Behandlung, das Interesse des Gan- zen in dem Uebermaass von Details erslicken, ausserdem aber, wie die alteren Kistler alle, an der den geistigen Erzeugnis- sen jener Zeit eigenen Leere, Niichternheit und Bedeutungslo- sigkeit leiden. — Es war unserer Zeit vorbehalten, die am Ende des 18. Jahrhunderts einzeln auftauchenden Ideen zum allgemeinen Bewusstsein zu bringen, und so die oben schon angedeutete durchgreifende Bewegung und griindliche Erneue~ rung in den Gebielen der Dichtung, Literatur und Kunst her- beizufiibren, wodurch in allen Dingen der Natur wieder ihr volles Recht eingeraumt, und se auf dem Wege der Reflexion dasselbe wenigstens angestrebt, wenn auch schr unvollkommen erreicht wurde, was friher das unmittelbare Resultat einer noch unverdorbenen, jugendlichen Naturanschauung gewesen war. Die Anfainge des neuen Lebens, das spater alle Adern der Landschaftsmalerei durchdrang, gehen bis 1822 zurtick; in die- sem Jahre ndmlich stellie, zu gleicher Zeit mit E. Delacroix’ Dante und Virgil in der Unterwelt, R. P. Bonington aus Lon- don, der in Paris seine Studien gemacht, zwei Aquarelle aus, Ansichten aus der Normandie vorstellend, welche durch ihre Kihnheit, durch die erstaunliche Frische und Wahrheit der Auf- fassung und durch die prachtvolle Farbe, einen lebhaften Ein- druck, besonders auf die junge Ktinstlerwell, machten und gar Viele zur Nacheiferuug anspornten. In demselben Jahre trat auch Th. Gudin, der Studiengenosse Bonington’s, mit funf Seestiicken auf, zu gleicher Zeit seinen Beruf und die spater entwickelle Fruchtbarkeit ankiindigend; eben so Aligny, der den klassischen Styl wieder zu Ehren bringen sollte, indem er bewies, dass Strenge der Formen nicht unvereinbar sei mit Wahrheit und mit Warme der Empfindung. Ein Zeitgenosse von diesen ist André Giroux. Im Jahre 1827 erscheint zum Erstenmale Corot und P. Huet; 1831 Ph. Rousseau und P. Marilhat, dessen leider zu frih erfolgter Tod der glinzend- sten Laufbahn ein Ende gemacht hat, die vielleicht, mit allei- niger Ausnahme Rottmann’s, ein Landschaftsmaler unseres Jahrhunderts durchlaufen, Das unschatzbare Verdienst dieses Kinstlers ist: bei der gréssten Wahrheit, durchaus poelisch und vollikommen selbstandig und neu zu sein, d. h. keinem Yorganger zu gleichen; und dies gilt sowohl von seinen ersten Bildern, die die Natur seiner Heimath, der stidlich sehénen Auvergne, wiedergeben, als von scinen spatern, worin er den Charakter und die Farbenpracht des Orients in den landschaftlichen For- men nicht minder, als in der Tracht und der Physionomie der Bewohner mit hinreissendem Zauber auf die Leinwand gebannt hat. Der Salon von 1833 endlich fihrte J. Dupré und L. Ca- bat ein, und mit ihnen die lelzten Meister, dic der neuen Schule der Landschaftsmalcr als Vorbilder gedient. . Nach diesen einleitenden Bemerkungen, welche ich zum Verstindniss des gegenwartigen Zustandes der franzésischen Landschaftsmalerei ftir nothwendig erachtele, die sich mir aber und Nachahmer; keinen im Vaterlande, welcher ihrer ganz wtr- dig gewesen ware. Sebast. Bourdon ist zu unselbstandig und dem Meister blindlings ergeben. Francisque Millet und seine Sdhne schufen allerdings Treffliches und Erfreuliches, doch war und blieb auch ihr Vorbild immer Poussin mehr als die Natur. P. Patel, welcher dem Lothringer nachstrebte, hat von dessen beseellen Gebilden kaum mehr als das Gerippe wiederzugeben gewusst. An Leben, Wahrheit und an Frische fehlt es seinen verslandigen, aber steifen Compositionen. Der Pomp und die kalte Grésse, nach der die herzlose Zeit Ludwig XIV. strebte; die ginzliche Verbildung und Unnatur des Jahrhunderts Lud- wigs XV. liessen kein gesundes Anschauen der Natur, geschweige denn ein tiefes und inniges Versenken in dicselbe zu, kaum dass das Bediirfniss danach sich regle. Das ganze Zeitalter gefiel sich im Falschen und Geschminkten, darin die Kunst, wie das Leben versunken war. Doch, wie immer, so war auch hier, als der Verfall den héchsten Gipfel erreicht hatte, der Reller папе. In einem von der Natur mit allen Reizen ge- schmiickten und reich gesegneten Lindchen, am Fusse der Al- pen, wo die griinen Fluthen der Rhone sich von den spiegel- hellen Gewissern des Leman brausend lostrennen, erwuchs der Mann schlichten Sinnes, der spiter, wiewohl vielfach verkannt, der ristigste Kampfer fitr Recht und Licht geworden. Was dieser Mann gefehlt, welche Irrwege ein anderer ihm verwandter Genius durchwandert, der efwas spater das Licht der Welt er- blickte, wo der Seinestrom mit dem Ocean sich vermahlt, das haben wir hier nicht zu untersuchen. So viel steht fest: was irgend an Empfindung, was an wahrer Sympathie fir die wech- selnden Erscheinungen der Natur, so wie fiir ihre bleibenden Gestaltungen jenes Zeitalter durchzog, das hat der Philosoph J. J. Rousseau in seinen Romanen, der Dichter Bernardin de St. Pierre in seinen ,Studien* und ,Harmonie der Natur“ mit Beredsamkeit und Wairme niedergelegt; so wie der Sinn fir das Einfache und Wahre sich andererseits in den Tondichtungen eines Grelry, Dalayrac und Méhul aussprach. So fand denn jenes neuerwachte Verlangen nach Wahrheit, jener Wunsch und jenes Bedirfniss einer Riickkehr zur Natur seinen Ausdruck und seine Befriedigung in den verwandten Ktnsten der Rede und der Tone, und die Kunst der Farben, die Kunst der Land- schaftsmalerei blieb zunachst unberthrt davon. Hierauf folgten sliirmische, dieser Kunstgattung mehr als jeder andern ungtin- stige Zeiten. Die franzdsische Jugend hatte ganz andere Dinge zu thun, als im Mondschein zu traumen, sich sinnend im Wal- desdunkel zu ergehen, oder beim Gemurmel eines Baches ele- gischen Stimmungen nachzuhingen. Wohl fanden auch diese Stimmungen ihre Vertreter in Parny’s und Millevoye’s Ваг- monischen, von sanfter Wehmuth durchhauchten Versen. Wo- fern aber die Maler der Republik und des Kaiserreichs die Sonne auf- oder untergehen liessen, so war es nicht tiber slillen Thalern oder griinen Wiesen, sondern tiber blutgeré- theten Schlachtfeldern. Zwar fehlte es der David’ schen Zeit und Schule keineswegs ganz an Landschaftsmalern; die Namen Valenciennes, Bruandet, van der Burch, J. V. Bertin, Bidauld, Duperreux, Boguet und Andere halten zu ihrer Zeit Geltung; allein ihre Werke, grésstentheils geistlose Ab- schriften bestimmter Gegenden, oder aber, — wie es die der friheren Unnatur schnurstracks entgegengesetzte Convenienz mit sich brachte, — sogenannte heroische Landschaften, wo die Staffage und das sich daran kntpfende Interesse gewdhn- lich die Hauptsache, das Landschaftliche aber, der Schauplatz grosser Ereignisse, oder der Wohnsitz von Gdttern und Hel- den, ohne einen Hauch von Begeisterung und Weihe, nach hergebrachten und tberlieferten Vorschriften zusammengestellt war; — ihre Werke, sage ich, und ihre Namen sind heutzu-