mich nicht minder fberzeugt tiber die Miéngel dieses gesammten Con- currenzwesens auch im dortigen Kunstinteresse ausgesprochen, Bei der umfassenderen Gestalt, die nach den vorstehenden un= massgeblichen Vorschlagen dem Kunstunterricht an der hiesigen Aca- demie zu geben ware, namentlich bei der Einrichtung der academi- schen Aieliers, und unter der Vorausselzung einer allerdings sehr ge- nauen Beobachtung des Studienganges der Schiller der Akademie wirde es aber des Mittels der Concurrenz gar nicht bedirfen, um die wiir- digsten und tichtigsten unter den Schilern kennen zn lernen; im Ge- gentheil wtirde man hiebei ganz von selbst zu cinem ungleich sicherern und richtigeren Urtheil gelangen und von allem Znfalligen der ein- zelnen Leistung absehen kénnen, Ebenso wirde man die 2u gewah- rende Belohnung oder Férderung mit vollkommener Ritcksicht auf die Individualitét jedes Einzelnen abmessen kénnen. Solche Férderungen bieten sich verschieden dar. Bei den schon mehrfach genannten Con- ferenzen ist zu diesem Behuf zunachst die Hinzuziehung ausgezeichneter Schiler zur Ausfihrung 6ffentlicher Arbeiten (unter Augen des Meisters) in Vorschlag gebracht worden, was ohne Zweife!, — je nach der vor- kommenden Gelegenheit — schon sehr nitzlich wirken und wenigstens сте schéne Vorbereitung zu kiinftiger Selbstandigkeit sein wirde. So- dann erlaube ich mir, auf einen friheren Vorschlag zurackzukommen: solche Schiller, die ihre Studien auf eine vorzigliche Weise absolvirt haben, durch die Uebertragung irgend eines Werkes fir 6ffentliche Zwecke zu belohnen and ihnen hierdurch Gelegenheit zur vollkommenen Entwickelung ihrer Krafte, so wie zugleich zur Erwerbung einiger Geldmittel, die sie eventuell nur nach Belieben zu einer Reise verwen- den kénnten, zu geben. Hiedurch ware beilaulig ein, gewiss nicht verwerfliches Mittel gewonnen, nach und nach eine Anzahl dffentlicher Kunstwerke in den Provinzen 2u verbreiten, und dadurch in den Com- munen den Sinn fir 6ffentliche, volksthiimliche Bedeutung der Kunst immer mehr anzuregen. Ausserdem aber waren gleichfalls eigentliche Reisestipendien zu vertheilen, doch nicht nach feststehender Norm und auf eine bestimmte Reile von Jahren, sondern je nach Zweck und Bediirfniss auf langere oder kirzere Zeit, Unter Umstanden kann ein nur halbjahriger Aufenthalt in Italien fir einen mit sich fertigen und einigen Kiinstler schon sehr fruchtbringend sein. Durch diese Reise- stipendien liessen sich aber, ebenso wie durch jene Uebertragung von Werken fir Offentliche Zwecke, noch ein weiter wirkender Nutzen schaffen. Das griindliche, speciell durchgefihrte Studium irgend eines besonderen grossen Meisterwerks wird dem jungen Kinstler in der Regel ungleich vortheilhafter sein, als das wirre Durcheinanderstudiren des Verschiedenartigsten; dies Studium aber wird am besten (ich habe hier zunadchst Maler im Sinne) durch die Copie erreicht, Dem jungen Kinstler wiirde also die Anfertigung der Copie irgend eines namhaften Bildes, vornehmlich von Raphael, oder auch von Michelangelo, Tizian u. s. W., ZU itbertragen sein. Dadurch aber wiirde allmahlig eine Rei- henfolge von Copien zusammenkommen, die unter solchen Umstanden gewiss mit voller frischer Begeisterung fir die Originale gemalt waren und die demnach, zu einer Galerie geordnet, sowohl im Allgemeinen einen sehr hohen Kunstgenuss gewahren, als fir Kinstler ond Kunst- freunde ein sehr wichtiges Bildungsmittel darbieten wirden. “ (Fortsetzung folgt.) Diirer’s Kupferstiche betretfena. Die Bemerkung, welche Goethe an Lavater Бег аеп Наир!- meister der altdeutschen Kunst, tiber A. Diirer, schrieb: , dass derselbe, wenn man ihn recht im Innersten erkennen lernt, an Wahrheit, Erhabenheit und selbst Grazie nur die Ersten Ita- liener zu seines Gleichen hat, und vor dem man desto grossere Ehrfurcht bekommt, je mehr man ihn studirt,* diese Bemer- kung hat auch in der seit zwei Jahrzehnten sehr gesteigerten Freude an seinen Kupferstichen volle Bestatigung gefunden. Man begniigt sich jetzt nicht mehr mit jenen spaten verblassten und verdorbenen Abdriicken, noch weniger mit den geistlosen Copieen, welchen Heller so viel Raum gegénnt hat, ohne sie vollstandig und in ihren besten d. h. altesten Erscheinungen auf- quzahlen: und man bewilligt fiir wahrhaft schéne Abdricke sei- ner Hauptblatter Preise, die noch vor zwanzig Jahren in Deutsch= land unglaubliche genannt worden waren. Und dies mit Recht. Denn abgesehen davon, dass die besten Arbeiten unsers detit- schen Hauptmeisters in schénen Exemplaren, welche allen An- fechtungen von mehr als drei Jahrhunderten entgangen sind, doch wohl nicht geringere Preise 2u beanspruchen haben, als z. B. vor wenigen Jahren von P. Mercury nach L. Robert und Delaroche geslochene Blatter in ersten Drucken; so waltet zwi- schen den friihen and den spaten Abdriicken derselben Dtrer- schen Platten ein so ungemeiner Unterschied ob, dass die ma- lerischen Motive der Anordnung, der Beleachtung und der technischen Vollendung in ihrer harmonischen Wechselwirkung nur aus ersten Abdriicken der auch in ihren feinsten Zigen noch nicht abgestumpfien Platten véllig erkannt und empfunden werden kénnen. Es lJasst sich durch Zeagnisse von Kiinstlern ersten Ranges begriinden, und ich selbst habe diese Anerken- nung von den Lippen zweier Meister der Skulptur, von Thor- waldsen und von Rietschel, vernommen, als dieselben Diirer’s Kupferstichwerk in jener Vortrefflichkeit, wie ich dasselbe be- silze, bei mir beschauten, dass ein unerschépflicher Schatz an- regender Trefflichkeit fiir jeden Zweig der bildenden Kiinste, fir den Bildhauer wie fir den Zeichner und ‘Maler, in jenen Leistungen Dtirer’s aufgespeichert liege, und jedes liebevolle Eingehen in jene Motive reichlichst belohne. Wer Direr’s Kupferstiche in médglichster Vollsténdigkeit und Giite des Drucks wie der Erhaltung zu sammeln bemiht war, der weiss auch die Mithe und den Aufwand zu schatzen, welche nur bei vieljahriger Anstrengung diesem Ziele entgegen fihren konnten, und wird den Wunsch begreifen, dass ein sol- ches nach den strengsten Anforderungen gesammelles Werk des deutschen Hauptmeisters nicht wieder vereinzelt werde. Denn nicht nur héchste Reinheit und Kraft der Abdriicke, son- dern auch tadelloseste Erhaltung ward von mir erstrebt, und diese Gitte der Erhaltung beschrénkt sich nicht nur auf die Raume der Kupferstichplatten und das den Kupferstich tragende Papier, sondern umtasst auch die den Stich umgebenden Ori- ginalrander des weissen Papiers. Und es ist mir gelungen, ungefahr zwei Drittheile sémmtlicher von Direr gestoche- nen Blitter mit dem Original-Papierrand, der bei mehreren Exemplaren zu einer Breite von 15-- 30 Linien franzésischen Maasses steigt, zu vereinigen, so dass in dieser Hinsicht keine Sammlung, auch nicht die beiden vortrefflichsten in Wien und Berlin, dem Werke Durer’s, wie ich es besitze, an die Seite tritt. Warum ich hier dies bespreche? — Um die Aufmerksam- keit auf etwas zu lenken, was bei Direr’s Kupferstichen bis- her weniger beriicksichtigt worden ist, als bei den meisten niederlindischen Radirungen; ich meine die verschiedenen fir Diirer’s Platlen gebrauchten Papierarten, so wie auch einige weder von Bartsch noch Heller beobachtete Verschiedenheiten der Abdriicke. Es konnte bei meinem vieljahrigen Streben nicht fehlen, dass viele Exemplare derselben-Nummern durch meine Hande gingen und von mir sorgfaltig verglichen wurden; wie auch noch jetzt meine, Direr’s Kupferstichen bestimmte, Mappe die meisten Nummern in Dubletten enthalt und somit die Vergleichung der Abdrucksgiite erleichtert. Bei den grossern Blattern ist mir das Auffinden und Bestimmen der verschiede- nen Wasserzeichen in der Mehrzahl gelungen, seltner bei den Blattern, die nur aus einem Segment des Papierbogens beste- hen, weil hier nur der Zufall den Theil des Bogens, der gerade das Wasserzeichen enthalt, zum Trager des Kupferstichs machen konnte. Fiir diese besonders wiinsche ich zur Vervollstindi- gung meiner spiter mitzutheilenden Bemerkungen einige Hiilfe von Kunstfreunden ausserhalb Dresdens, und bitte dieselben, ihre Beobachtungen iiber die in frihen Drucken Diirer’scher 33 *