einzige Bild in unserem Muscum, worauf seine andeutende Be- schreibung passt, wenn man auch Manches in derselben des Beschreibenden Phantasie zu gut halten muss, ist ein etwa drei Fuss hohes, in der Composition und Ausfihrung nur miltel- massiges Altarbild mit Fligeln, auf denen die Bildnisse der Donatoren, Biirgermeister Arnold von Brauweiler und seiner Gemahlin Helena angebracht sind, welche Bildnisse in ihrer Auffassung, technischen Behandlung und Farbengebung an Hol- bein erinnern kénuten. Hier wird dasselbe fiir cin Werk un- seres als Bildnissmaler eben so tiichtigen Meisters, wie Hans Holbein, des Kélner Malers Bartholomeus de Bruyn ge- halten. Ich werde darauf noch zuriickkommen. Trete ich erst nach einem Vierteljahr mit meiner Berichti- gung auf, so hat diese Verzégerung einzig ihren Grund darin, dass ich erwartet, der Conservator unseres Museums wiirde den Hrn. Waagen von seinem kaum begreiflichen Irrthum iiber~ zeugt haben. Das ist nicht geschehen, und daher will ich ver- suchen, was den in KéIn von Hrn. Waagen gemachten Kunst- fund betrifft, die Ehre der Kunstkennerschaft der Kilner Kunst- freunde zu retten. Das Bild unseres Museums, auf welches sich des Hrn. Waagen Beschreibung einzig beziehen kann, hat die Geburt des Heilandes zum Vorwurf. In einer verfallenen, im barocksten, toskanischen Style gehaltenen Sdulenhalle, deren Architraven an einer Seite nackte Baumstimme zur Stiitze dienen, eine Freisicht auf cine Berglandschaft gewahrt, liegt das nackte Je- suskind in einer Wiege. In Gold aufgetragene Strahlen gehen von demselben aus und theilen den ihm nahe slehenden Figu- ren das Licht mit. Vor dem Kinde, links vom Beschauer, kniet die Mutter in staunend betender Stellung, waihrend zu seinen Haupten eine Gruppe Engelfiguren knieen, hinter denen zwei Hirten, ein jiingerer in Spitzschaube und ein alterer, baar héup- tig, sich an dem als Sdulenschaft benulzten Baumstamme hal- tend, neugierig in die Scene schauen. Auf der enlgegenge- setzten Seile tritt der h. Joseph vor, sich bemiihend, eine an- geziindete Kerze vor dem Luftzuge zu schiitzen. Ochs und Eselein fehlen auch nicht. Auf dem Fliigel, links vom Beschauer, sehen wir den Buirgermeister Arnold von Brauweiler, knieend mit gefalteten Handen, Er ist in seiner Amtstracht, in schwar- zem Sammt~Barett und dem roth und schwarz getheilten, mit braunem Rauchwerk ausgeschlagenen Talare, und halt im Arm den weissen Herrscherstab, ein Zeichen, dass er regierender Birgermeister ist. Hinter ihm steht sein Schulzheiliger, ет gewappneter Ritter, die Rechte auf des Biirgermeisters Haupt legend, in der Linken cin Banner haltend. Auf dem rechten Fligel kniet des Birgermeisters Gemahlin auch vor ihrer Pa- tronin, in schwarzem einfach reichem Kleide, mit Haube und Girtelschmuck. Abgesehen von der Composition, der Behandlung der Ge- wander und der Technik im Hauptbilde, dessen Hauptmotive in einem dhnlichen schlechter gemalten Bilde der Sammlung sich wiederbolen, die nicht an Holbein erinnern, und in denen ich vergebens treffliche Modellirung gesucht, geben die Bildnisse der Donatoren, die allerdings clwas von Holbein’s Typus zei- gen, doch die Ueberzeugung, dass das Bild unmdglich ein Werk Hans Holbein’s d. J. sein konnte. Das Museum besitzt in einem anderen Bildnisse des Biirgermeisters Arnold von Brauweiler ein wahres Meisterstiick des Kélner Malers Bartholomeus de Bruyn, welches, was Naturwahrheit, Individualisirung des Charakters, Klarheit der Schatten und Zartheit der technischen Durchfiihrung angelit, .keinen Vergleich mil den gelungensten Bildnissen Hans Holbeins d. J. 2u scheuen braucht. Dies Bild- niss fihrt am unteren Rande des Rahmens die Inschrift: Her Arnolt van Browiller Burgermeister zo Coellen Aetatis. 62. A® 1535. Auf dem in Rede stehenden, nach Hrn. Waagen’s Meinung von Holbein gemalten Bilde ist derselbe Biirgermeister im 78. Lebensjahre dargestellt, seine Inschrift sagt: D. Arnold? a Bruweiler aetatis annorum 78 Civitatis Coloniens 12 Cos. Demnach ist das Bild 1551 gemalt, woraus hervorgeht, dass dasselbe kein Werk Holbein’s sein kann; denn bekanntlich war Hans Holbein, nachdem er England zu seinem Aufenthalte ge- wahlt, zuerst 1529, dann Ende 1532 oder Anfangs 1533 und zuletzt 1538 in Deutschland ), Wie schon bemerkt, wird das fragliche Bild hier dem Kél- ner Maler Bartholomeus de Bruyn?) zugeschrieben, wel- cher, wie Meister Wilhelm im 14ten, im 16ten Jahrhundert zum Vertreter der kélnischen Schule gewahlt zu sein scheint, indem man demselben, ohne alle authentische Gewissheit, eine Menge Bilder aus dem 16ten Jahrhundert, welche sich in Be- zug auf Auffassung und Styl ahneln, zuschreibt. Einen wtr- digeren Vertreter dieser Kunstepoche Kélns konnte man tibri-~ gens nicht wahlen, wenn der. als Bildniss- wie als Geschichts— maler gleich ausgezeichnete Meister auch nicht so bekannt und unter Deutschlands hervorragendsten Kiinstlern so gefeiert ist, wie derselbe es in jeder Beziehung zu sein verdient. Bartho- lomeus de Bruyn schuf als Maler in Kéln wenigstens vom Ап- fange der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts bis zum Jahre 1560, denn im Jahre 1529 erhielt er von dem Stifte zu Xanten den Auftrag, den Hauptaltar der Stiftskirche mit Gemalden zu schmiicken, und hinlerliess in diesen Bildern Werke, welche das schénste Zeugniss seiner sellenen Meisterschaft sind. Er musste um diese Zeit schon Beweise seines hohen Talentes ge- geben haben, sonst wiirden die kunstliebenden Stiftsherren nicht gerade ihn, der in dem, dieser Arbeit wegen, geschlossenen Vertrage schon Btirger von Kéln genanut wird, ausersehen ha- ben, ihrer so herrlichen Kirche einen Hauptschmuck zu ver- leihen. Diese Allarbilder, eine Kunstperle der Rheinprovinz, sind jetzt anf Kosten unseres Kénigs wieder restaurir!. Ueber de Bruyn’s Lebenschicksale, seinen Entwicklungs- gang als Kiinstler felt uns alle Kunde. Unsere Maler-Bitcher erwahnen seiner nicht, nur kommt in einem Register alter Mei- ster, noch 1527 aufgestellt, der Name Bartho!. Braun Mahler vor, vielleicht derselbe Meister, denn Braun und Bruyn ist derselbe Name, die Stiftsherren von Xanten nannten ihn im niederlandischen Dialekte Bruyn*). Nagler nennt den Meisler einen Schiller des Martin van Heemskerk +), ohne Angabe, wo- her diese Nachricht, die jedenfalls unrichtig ist. Martin van Heemskerk (Mart. van Veen) wurde 1498 geboren und starb 1974, aber schon 1524 kommen Bilder yon Bruyn vor und 1529 war er schon ein beriihmter Meister in Kéln. Er mochte mit Heems- kerk von gleichem Alter sein, Dass Bruyn schon 1529 die Hohe seiner Kunst erreicht, bekunden die Altarbilder in Xanten, die tibrigens erst 1536 vollendet waren und dem Meister 500 Goldgulden einbrachten, welchen die Stiftsherren in Anerken- nung der ktinstlerischen Gediegenheit seines Werkes noch 100 Goldgulden zusetzten. In der hieriiber von dem Kinstler selbst ausgestellten Quittung unlerzeichnet er ,Bartholomeus de Bruyn”. 1) Ух. Uly. Heguer: Hans Holbein der Jingere. Berlin 1827. 8. 204 If, S. 243 und S. 246 ff. 2) Vel. Joh. Jac. Merlo: Nachrichten von dem Leben und den Wer- ken kélnischer Kinstler. Кош, 1850. 5, 69 ff., wo die méglichst ausfihr- lichen Nachrichten tber diesen Kinstler und die bekannten ihm zugeschrie- benen Werke. 3) Der Vertrag beginnt: To weten dat die werdighe Hern van dat Ca- pittel der Kerken tot Xanten met dem ersamen Meister Bartholomeus Bruyn Meelre Burger tot Coetne wu. s. w. 4) Vel. Nagler’s Neues allgemeines Kanstler-Lexikon. П, Ва. 5. 180.