Ausserordentlich fleissig, leicht schaffend muss dieser aus-
gezeichnete Kiinstler gewesen sein, denn eine Reihe vortreff-
licher Bildnisse hier in Kéln und in andern Orten, ausser sei~
nen historischen Compositionen und einzelnen Figuren von Hei-
ligen, bekunden dies. Seine Bildnisse sind alle lebenswahr,
leicht in der technischen Behandlung und, was die Beiwerke
angeht, mit dem gréssten Fleisse ausgefiihrt. Wie bei Hol-
bein selbst finden wir auch bei diesem Meister drei verschie-
dene Manieren der Farbengebung: eine braunréthliche, eine
weniger rothliche und eine klare durchsichtige. Was Wunier,
dass seine Bilder gewohnlich fiir Werke Holbein’s ausgegeben
werden, mit dessen Art und Gefiihl die meisten, selbst bis zu
den griinen Hintergriinden, auf eine tiberraschende Weise tiber-
einslimmen. Mancher Kenner mag sich da _ getiuscht haben,
schenkte er der technischen Behandlung der Bilder nicht die
gehérige Aufmerksamkeit; denn in de Bruyn’s Bildnissen, wie
verwandl sie auch in der Auffassung der Charaktere, in der
Feinheit des Naturgefihls und in ihrer sprechenden Wahrheit
init Holbein sein mégen, finden wir nicht die Pinselfihrung von
der Linken zur Rechten, die Holbein’s Technik charakterisirt
und auch zu der Meinung Anlass gab, als habe Holbein mit
der linken Hand gemalt. Unser Museum ist im Besitz eines
lange nicht genug gewitrdigten Schatzes, in ciner Reihe von
Bildnissen de Bruyn’s, welche uns den Entwickelungsgang die-
ses grossen Malers klar zur Anschauung bringen. Wie edel,
ja grossartig er in der Behandlung ganzer Figuren, zeigen die
Altarbilder in Xanten und vier Tafeln in unserem Museum: die
h. Jungfrau auf der Mondsichel schwebend mit dem Jesuskinde,
ein betender Stiftsherr, hinter dem der В. Stephan steht, in dem
mit ciner Hand aufgeschtirzien Levilenrocke Steine als seine
Marterwerkzeuge tragend, der h. Vitalis und der h. Lucas, in
den Gewandern grau in grau gehalten, ausser der h. Jungfrau
in blaaem Gewande, in den Képfen aber vom edelsten und па-
turfeinsten Ausdrucke und in der ganzen Haltung, besonders
im Faltenwurfe der Gewander, in einem durchaus edlen Style.
Hat man die Altarbilder in Xanten und diese Figuren gesehen,
so kann man die Composition des in Rede stehenden Bildes,
trotz der Bildnisse der Donatoren, die in seiner Weise ausge-
Гав sind, schwerlich fir ein Werk de Bruyn’s halten. Zwei-
fels ohne bildete er Schiller, die in seiner Weise arbeiteten.
Man hat die Unzulassigkeit, Alles, was unter seinem Namen
angefiihrt wird, fiir des grossen Meisters Werk gelten zu las-
sen, wohl geftihlt und sich damit zu helfen gewusst, dass man
verschiedene Kiinstier seines Namens annimmt. In wie weit
diese Annahme gegrindet, vermag ich nicht zu entscheiden;
das bleibt aber unbestritten, dass der Kilner Maler Bartho-
lomeus de Bruyn als Bildnissmaler zu den vorziiglichsten
deutschen Malern des 16. Jahrhunderts gehdrt.

Der einfache historische Beweis, den ich gelicfert, wird
Hrn. Waagen von der Behauptung, als sei das fragliche Bild
im Kélner Museum von Holbein d. J. gemall, wohl abbringen.
In Bezug der in England befindlichen Bilder Holbein’s kann
ich auch nicht mit Hrn. Waagen’s Ansichten, wie er dieselben
in seiner Kunstreise durch England und Belgien und in dem
Werke: ,,Kunstwerke und Kistler in England und Paris* nie-
dergelegt hat, tibereinstimmen, und werde viele derselben, wird
mir die Musse, in einer Monographie tiber Holbein’s Werke in
England, zu widerlegen suchen. Der Wahrheit die Ehre!

Kéln, Marz 1851. Ernst Weyden.
	Qdolzschnittwerke.
	Denkmal Kénig Friedrichs des Grossen. Emthiillt am
31. Mai 1851. Berlin, “1851. Verlag der Decker-
schen Geheimen Ober - Hofbuchdruckerei. Preis der
Prachtausgabe in Gross- Quarto- Format auf starkem
feinsten Kupfer -Velin- Papier, reichgebunden mit Gold-
schnitt 5 Thir. 20 Sgr. (auch mit englischem und fran-
ztsischem Text.) — Die andere Ausgabe, auf einem
Bogen f. Kupfer-Velin- Papier mit den Abbildungen
der Prachtausgabe hostet 5 Sgr. — Als Tableau, scimmt-
liche 40 Abbildungen auf einer Seite, (ohne Beschrei-
bung) 3 Fuss breit 2 Fuss hoch, Preis: 5 Sgr. (Be-
schreibung dazu in Taschenformat 24 Sgr.)
	Weit davon entfernt einem Werke, wie das vorliegende,
zur Empfehlung dienen zu wollen — der es nicht bedarf —, noch
weiler davon entfernt demselben Mangel vorzuwerfen —- da es
deren nicht besitzt —, haben wir nur den bei dem Unternehmen
Betheiligten unsere, gewiss allgemein gerechlfertigte, Aner-
kennung auszusprechen, indem wir einerseits auf den grossen
Nutzen, den derartige Werke der Kunst im Publikum_ stiften,
	hinweisen, anderseits aufs Héchste erfreut sind, dies Monu-
ment, worauf wir stolz sein kénnen, in den weilesten Kreisen
durch die vervielfaltigende Kunst auf so wiirdige Weise ver-
treten zu sehen.

Fast scheint es, als habe der Hr. Verleger, geleitet von
dem rein kiinstlerischen Interesse an der Sache und beseelt
von edlem Patriolismus jedwedes kleinliche Bedenken, wic
etwa das einer Spekulation, bei Seite gesetzt, um so recht
eigentlich von Innen heraus schaffen zu kénnen, denn, mit ge-
wiss aussergewohnlichen Mittein finden wir in diesem Werke
Aes vereinigt, um der hohen Bedeutung des dargestellten Ge-
genstandes zu entsprechen.

Da wir mit Recht voraussetzen kénnen, dass sich dieses
Bilderwerk, wenn auch nur in den kleineren Ausgaben, in den
Handen sdmmilicher Leser unseres Blattes befindet, so diirfte
eine nahere Beschreibung derselben hier iiberfliissig sein, da sich
jedoch diese geringeren Edilionen, wir michten sie die ,Volks-
thiimlichen* nennen., nicht nur durch die weniger elegante aus-
sere Form und Ausstattung von jener obenbezeichneten Pracht-
ausgabe unterscheiden, sondern auch hauptsdchlich dadurch, dass
die in ihnen enthaltenen bildlichen Darstellungen nur durch so-
genannte, yon den Original- Holzstécken genommene Abklatsche
hervorgebracht sind, wahrend die jener grésseren Ausgabe
beigegebenen Abbildungen unmittelbar von diesen abgedruckt
wurden, so erhalt schon dadurch das kostbarere Werk einen
um so bedeutenderen kimstlerischen Werth, weshalb wir bei
einer gewissenhaften Beurtheilung der Zeichnungen eben nur
diese Abdriicke ) im Auge behalten miissen. Auch gewinnen
dieselben noch ganz besonders an Scharfe und Correktheil, indem
sie nicht, wie die eine Sorte der Abklatsche, auf der Rickseite
durch Textdruck gestért sind, sondern sich auf chinesischem
Papier, das wiederum auf starkem Velin-Papier befestigt ist,
abgedruckt befinden, wodurch denn die Zeichnungen selbst,
vermége des diesem Papiere cigenthiimlichen Tones, im hohen
Grade weich und zart erscheinen.

Der kiinstlerische Werth der Prachtausgabe wird ausserdem
noch dadurch erhéht, dass sich auf ihrem Titel das von A. Men-
zel auf drei Platten trefflich gezeichnete und von Unzelmann
	1) Von derartigen Abdricken auf chinesischem Papicr, die in ihrer Zart-
heit bei weitem jene Abklatsche tibertreffen, legen uns Separatblitter vor.