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	auf Antrag des Direktors freien Zutritt im Standischen Iheater.
Zeugnisse der Reife werden an dicjenigen ertheilt, welche den
vollstindigen Cursus durchgemacht und die Schlusspriifung be-
standen haben.

Ill. Die Gesangschule des Wiener Conservatoriums
hat vor der Concertschule als Vorbereitung noch drei Klassen
zur Bildung von Knaben und Madchen, bei denen die Mutation
noch nicht erfolgt ist. Die Wiener Opernschule bildet nur den
Gesang, giebt aber keine Gelegenheit zu praktischen Bihnen-
versuchen.

Der Cursus der Orchesterschule ist sechs Jahre, fir
jedes Instrument ein Lehrer, der in zwei Abtheilungen (w6-
chentlich sechs Lehrstunden) unterrichtet. Alter fiir die Auf-
nahme 10 Jahre. In der ersten Abtheilung wird dic technische
Behandlung des Instruments, die Theorie der Musik und der
Chorgesang gelehrt. In der zweiten tritt Unterricht im Orgel-
spiel, in der Harmonielehre bis zum doppelten Contrapunkt, in
der Aesthetik, Geschichte der Musik und italienischen Sprache
hinzu. Diejenigen, welche sich zu Kapellmeistern ausbilden
wollen, erhalten Gelegenheit sich im Orchesterdirigiren zu tiben.

Ein Vergleich mit dem Leipziger Conservatorium ergiebt,
dass das Wiener wegen seiner vollsténdigen Orchesterschule
vor dem Leipziger, welches nur Virtuosen auf der Geige bilde,
einen Vorzug habe. Eben so zieht Hr. A. die Prager Gesang-
schule vor, weil sie nicht nur weibliche, sondern auch mann-
liche Zéoglinge aufnimmt, und denselben Gelegenheit zur prak-
tischen Bithnenausbildung giebt. Dagegen habe das Leipziger
den Vortheil einer Orgel- und Klavierschule voraus.

Die Kirchenmusik in Wien schildert Hr. A. als ganzlich
entartet und lediglich dem Sinnenreiz hingegeben. In ahnlichem
Verfall befinde sich die Oper, welche alles klassischen Genus-
ses baar sei. Hr. A. erwartet deshalb von Wien fiir die deut-
sche Musik kein Heil; doch sei der Zustand der Kirchenmusik,
so wie der Oper in Prag cin besserer,
	Wir lassen dem eben Mitgetheilten zunachst einige Bemer~
kungen und Vorschlige folgen, welche in einem, schon im J.
1847 erschienenen Werke enthalten sind.

In Hrn. Kriiger’s ,Leben und Wissenschaft der Tonkunst*
finden wir unter dem Abschnilt , Musikalische Hochschu-
len“ der Einrichtung von Conservatorien sehr das Wort gere-
det. Von der Untersuchung der Frage nach dem Bediirfnisse
der Kunst, woraus sich das der Lehre von selbst ergiebt, aus-
gehend, gelangt der Hr. Verfasser zu diesem Resultat: , Er-
kennen wir, dass die Kunst nicht mehr der Gipfel des Geistes-
lebens, aber doch ewig eine den edelsten gleichberechtigte
Macht bleibt: so ergiebt sich der Wunsch, ihr auch ausserlich
die Geltung und hierdurch innerlich die Stérkung zuzufiihren,
die ihr gebihrt und nur zu oft von den iibrigen Geistesarbeiten
streitig gemacht wird. Darum wiinschen wir hohe Schulen der
Tonkunst, auf dass vermittelst ihrer Schiller verbreilet werde,
was echt und wahr ist und entgegengearbeitet werde der Ent—-
artung, die in einem unproduktiven Zeitalter naliirlich ist“. So
halt Hr. K. eine hohe Schule des Fachs fir forderlicher, als
die einsame Bildung und wiinscht dazu so lange die Vormund-
schaft des Staales, bis der Geist der Gemeinden und des Vol-
kes allein bemtiht sein wird um tichtige Organisten und Mu~-
sikdirektoren.

Der Zweck der héheren Musikschulen ist nach Hrn. K. ein
dreifacher: Ausbildung von Lehrern, von tichtigen ausiiben-
den Kiinstlern und die Heranziehung des Volkes d.h. der
Nichtkiinsiler. Damit lassen sich die leitenden allgemeinen Ge-
sichtspunkte auf technische, poetische und wissenschaftliche zu-
riickfiihren. Die technische Lehre ist allen Schiilern gemein-
	b. Theilnahme an den Quartefiproben und Aufftihrungen.

c. Besuch der kirchlichen Musiken des Thomanerchors und

d. der Vorstellungen der stadlischen Oper.

Die obere Verwaltung und Leitung des Instituls besteht aus
5 Direktoren, die ihr Amt unentgelllich verwalten. — Der
Unterricht wird yon 13 Lehrern ertheilt. — Ein Inspektor
beaufsichtigt und ordnet die ausseren Angelegenheiten.

Das Honorar betragt 80 Thir., vierteljahrlich praenumerando
zu bezahlen. Ausserdem 3 Thir. Aufnahmegeld und i Thlr. an
den Diener.

Ueber die hetreffenden musikalischen Verhaltnisse in Oc-
sterreich liegt ein ausfihrlicher Bericht von Hrn. Anger-
mann vor. Aus demselben geht hervor, dass es nicht die
Regierung ist, sondern der bedeutende Sinn fir Musik des
Volkes in Béhmen, Mahren, Steyermark und Tyrol, welcher
der Musik eine so allgemeine Verbreitung verschafft. Bis jetzt
habe die Regierung gar nichts daftir gethan, vielmehr hatten
sich nur die katholische Kirche und die Stinde derselhen an-
genommen. Letztere haben einen Privatverein gegriindet, fir
Ausbildung guter Kapellmeister, Chordirigenten und Organisten.
Ausser diesen Anstalten seien Musikconservatorien in Wien und
Prag, die aber ebenfalls Privat-Anstalten der Stande seien.
Beide Arten von Anstalten stehen mit der Kirche in so enger
Verbindung, dass schon, vom sechsten oder siebenten Jahre an,
ein Knabe seine musikalische Ausbildung, bei unentgeltlichem
Unterricht, durch alle drei hindurchgehend, vollenden kénne.
Durch das, was die Kirche fiir ihre Sanger thut, werde jedes
auch noch so unbemittelte Talent der Kunst erhalten.

Uebrigens werde die Regierung bei der bevorstehenden
Reorganisation des Schulwesens den Gesangunterricht in den
Volksschulen als regulair, in den Gymnasien als freien Gegen-
stand einfiihren. Auch werde der Staat das Wiener Conserva~
torium tibernehmen, bei dem Unvermégen der Stainde, dasselbe
aus ihren Mitteln zu halten.

Die einzelnen Einrichtungen durchgehend, sprieht Hr. A.
I. von dem Verein zur Beférderung und Verbreitung
echter Kirchenmusik in Wien. Derselbe hat zum Zweck:
1. Ausbildung solcher Individuen, die sich der Kirchenmusik
widmen woilen, 2. die Auffiihrung echter Kirehentonwerke und
die Verbreitung derselben durch Druck und Schrift. Gelehrt
wird Kirchenmusiklehre, Generalbass, Choral- und Figuralsatz,
Spiel der Orgel und Saileninstrumente, Gesang fiir Knaben.
Der Cursus ist fir Erwachsene ein Jahr, fiir Knaben drei Jahre.

П. Das Conservatorium zu Prag zerfallt in eine Ge-
sangschule, eine Concertschule, eine Oper- und Or-
chesterschule. Die Gesangschule bildet Sanger und San-
gerinnen firs Concert und die Bihne. Die Concertschule ist
Vorbereitungsklasse fir die Opernschule und macht einen
Kursus von zwei Jahren mit 12 Schilern durch. Lehrgegen-
stande sind: Kunstgesang, Harmonielehre und Klavierbegleitung.
Der Unterricht ist, wie schon bemerkt, unentgeltlich, jedoch
wird bei einem durch Schuld des Zéglings veranlassten friihe-
ren Austritt ein Ersatzhonorar gezahlt, welche Maassregel kiinftig
in eine Cautionszahlung von 50 Fl. verwandelt werden soll.

Fir die Opernschule muss der Zégling wenigstens ein
halbes Jahr lang den Unterricht der Concertschule genossen
haben. Der Cursus dauert zwei Jahre und bei Nichtbestehen
in der Priifung drei Jahre. Die vorhergehende Priifung findet
im staindischen Theater statt, um die Kraft der Stimmen messen
zu kénnen. Die Kaution betrigt 100 Fl. Unterrichtsgegen-
stinde sind: Kunstgesang, Fortsetzung der Harmonielehre, Kla-

vierbegleitung. Ausserdem Logik und Psychologie, Mythologie,
Aesthetik und Geschichte der Musik, Vortragskunst und Mimik,
italienische Sprache, Tanzen und Fechten. Die Zéglinge haben