ihn als cinen seiner talentvollslen Schiler achtete. Ein grund-
liches Studium der asthetischen wie praktischen Elemente зетез
Faches, natirlicher Geschmack und Sinn fir das Schone, Er-
findungsgabe, und, vor Allem, eine vielleicht seltene Fertigkeit
im Zeichnen kénnen hier kiirzlich als die Haupteigenschaften
dieses Kiinstlers genannt werden. Man muss die fast beispiel-
lose Precision gesehen haben, mit der er selbst die unhedeu-
tendste Arbeitszeichnung fiir den Handwerker ausfiihrt, um sich
einen Begriff von seiner Gewissenhaftigkeit und Tichtigkeit
machen zu konnen. Er tiberlisst nichts, wie sonst so oft der
Fall ist, dem Gutdtiinken des praklisch ausfiihrenden Handwer-
kers, und fast kénnte man sagen, dass er in dieser Bezichung
etwas zu weit gehe. Indessen haben seine Gebdude unter dieser
Scrupulosilit gerade nicht gelitten, was Jeder, der das neue
Christiania aus eigener Anschauung kennt, bezeugen kann. Der
Kistler liess sich frith schon in Christiania nieder, bekam bald
viel zu thun, und erhielt dabei eine Anstellung als Lehrer in
der Bauklasse der daselbst befindlichen 6ffentlichen Zeichnen-
schule. Konig Oscar, der sich sehr lebhaft fiir unsere Kunst
interessirt, und wahrend seines wicderholten Aufenthaltes in
unserer Hauptstadt die kiinstlerische Tichltigkeit des Hrn, Nebe-
long naher kennen lernte, hat ihm schon 6fters Beweise seines
Verirauens und seiner Achtung gegeben, und das nicht am
wenigsten, indem er ihm die Ausfiihrung des Gebaudes tiber-
gab, von dem ich hier ein fliichtiges Bild zu entwerfen ver-
	sucht habe. E. T—~d.
	Einige Aufklarungen und Berichtigungen tber den Inhalt
alter Kupferstiche und Holzschnitie.
	Von Sotzmann.
(Schluss.)
	tiberlassen worden ware. Ausserdem ist es {tir emen jeden
Einheimischen, der sich fir das Fortschreiten unseres Landes
in jeder Bezichung lebhaft interessirt, von Belang, dass alle
Arbeiten an diesem Bauwerke von eingebornen Kinstlern und
Technikern gelicfert werden, was nur ein gtinstiges Licht auf
den gegenwirtigen Standpunkt der Kunst- und Handwerkstiich-
tigkcit in Norwegens Hauptstadt werfen kann. Vor etwa einem
Decennium ware so etwas hier kaum méglich gewesen. Auch
in dieser Beziehung diirfte dies Unternehmen schéne und, wir
hoffen es, auch nachhaltige Folgen haben.

Vielleicht dirfte man tberhaupt meinen, dass ich in dieser
Mittheilung zu viel Wesens von einem einfachen und nicht be-
sonders bedeutsamen Bauwerke gemacht habe. Darauf ist nur
zu erwidern, dass wie Alles in dieser Welt nur relativ ist, so
ist dies auch mit dem Begriffe des Grossen und Bedeutenden
der Fall. Fir das an Kunstwerken jeder Art so tiberaus reiche
Deutschland wiirde diese kleine Villa kaum cin Gegenstand von
besonderer Bedeutung sein. Anders aber steht es um die Sache
hier in unserm isolirten Winkel von Europa, wo die Kunst bis-
her nie eine Heimath gehabt, und wo dieses herrliche Kind des
Menschengeistes erst vor ganz kurzer Zeit ins Leben gerufen
worden ist, und noch manchen Kampf zu bestehen, manches
Hinderniss zu besiegen hat, ehe seine Existenz nur einiger-
massen gesichert genannt werden kann. Unter solchen Ver-
haltnissen gewinnt dies riihmliche Unternehmen des Konigs, das
ihm mit Recht den Namen eines wahren Macens der jungen
norwegischen Kunst verleiht, eine Bedeutung, die es an einem
andern Orte nie erlangt haben wiirde, und scheint somit nicht
unwiirdig zu sein, auch ausserhalb der Grenzen des Landes,
das es zuniichst interessirt, naher bekannt zu werden. Denn
es wird nicht allein als ein schénes architektonisches Kunstwerk,
sondern es wird auch, mit der kinstlerischen Ausstattung in
seinem Innern, als ein kleines Museum dastehen, das unsern
Nachkommen ein erfreuliches Bild vom Zustande der vaterlan-
dischen Kunst unter Konig Oscars Regierung geben wird. Und,
um auch die Gegenwart nicht zu vergessen, so diirfte dies Un-
ternehmen nicht allein dazu beitragen, den hier im Lande be-
reits geweckten Sinn fir bildende Kunst auszubreiten und zu
befestigen, sondern vielleicht auch practisch den Weg andeuten,
der fiir die Zukunft eingeschlagen werden miisste. Ich meine
hiermil natirlich nicht, dass das vom Kénige gegebene Beispiel
gerade ganz ahnliche Werke, oder ebenso kostspielige Bauun-
ternehmungen hervorrufen sollte — dazu wide es in der Regel
unsern Bauherren an den nothigen Ressourcen fehlen; — aber
was daraus erlernt werden kénnte, ware, um wie viel mehr
die wahre Kunst, zum architectonischen Schmucke verwendet,
tiber allem andern modernen Flitter steht, den man gewdohnlich
in unsern Hausern findet, und der, genauer betrachtct, oft chenso
kostspielig sein diirfte. Ist die Erkenntniss dessen erst allge-
mein verbreitet worden, dann werden die Wirkungen auch nicht
ausbleiben, selbst wenn diese sich eben nicht in grossen und
theuren Unternehmungen aussern. Durch das gegebene Bei-
spiel die Aussicht auf cine solche bessere Einsicht geéffnet
zu haben, gereicht daher, so scheint es mir, auch dem hohen
Bauherrn zu grossem Verdienste.

Ich schliese diesen Bericht mit einigen Worten iiber den
talentvollen jungen Baumeister, dem, nachst dem hohen Sinn
des Kénigs fiir alles Gute und Schéne, die Villa ihre Entstehung
verdankl.

In Kopenhagen geboren, besuchte I. H. Nebelong — ein
jingerer Bruder des bekannten dianischen Architecien gleichen
Namens — frith schon die dasige Academie der Kiinste, und
studirte die Baukunst mit grossem Hifer unter Leitung des be-
sonders als Lehrer anerkannten tiichtigen Professor Hetsch, der
	> Der von seiner Frau unterjochte Mann.
	Er geht auf allen Vieren und wird von der auf ihm sitzen-
den Frau mit Zaum und Peitsche regiert. Die Vorstellung kommt
in alten Kupferstichen haufig vor, z. B. zweimal von Anonymen
пи ХУ. Jahrh. gestochen (Bartsch. cit. loc. C. No. 26 und 27), ein-
mal wo hinter einer Brustwehr zwei Manner zusehn, rund, an-
scheinend althollandisch, das andremal, wo die Frau eine hohe
Haube mit einem Schleier auf dem Kopf hat und der Stich dem
Mart, Schon ahnlich sieht. Ferner von dem, oben unter 1. ег-
wihnten M. Zagel oder Zeyssinger (B. No. 18), wo ein
Mann in orientalischem Kostiim und eine Frau als Zuschauer
herbeikommen, von G. Penz (B. No. 97), von Virgilius
Solis eine Kopie nach dem vorigen u.s.w. Ja es giebt selbst
aus spaterer Zeit einen sadelerschen Stich nach einem Bilde
von Spranger, wo die Reiterin cine ganz nackte Schéne ist.
Auch in alten Miniaturen, in Slein und Elfenbein ist dieselbe
Geschichte oftmals abgebildet worden. Ihr Ursprung geht bis
in das Altindische hinauf, von da ist sie in die arabischen Mar-
chen tibergegangen, wo sich die Gewalt der Frauenschénheit
in solcher Art an einem weisen Vezier erprobt. Im Abendlande
wurde sie auf den, von den Scholastikern und Hochschulen des
Mitielalters am héchsten verchrten Meister Arisloteles tibertragen
und in Fabliaux und poelischen Erzdhlungen bearbeitet, wie in
dem Lay d Aristote (Barbazan und Méon. MI. 96.) und davon
abweichend in dem deutschen Gedicht Aristoteles und Phyl-
lis (von der Hagen Gesammtabentheuer. 1. 17.). Die Verviel-
faltigung und Verbreitung dieser Aristotelessage im Mittelalter
ist erst ktirzlich bekannter geworden, vorher wurde ihre bild-
liche Darstellung in Kunstwerken Sokrates und Xanlippe ge-
tauft und Murr, der in Cardonne’s Mélanges de literature ortentale
schon auf die rechte Spur gekommen war, wird von Heinecke,