styl unsrer Kirche verweist diesclbe in die Milte des 13. Jalr-
hunderts ungefihr. Dass die jetzt aufgefundenen Gemialde der
urspriinglichen Anlage angehéren, diirfte sowohl nach dem Cha-
rakter, als auch nach dem Zustande derselben und in ihrem
Verhaliniss zum Mauerwerk und zum Bewurf kaum zu bezwei-
feln sein. м. паке.
	iupferstich.
	vorziiglich der wunderbaren grossen braunen Augen spricnt
deutlich genug. — Die beiden Gestalten der westlichen Gewolb-
kappe vermochte ich noch nicht aufzudecken. Es scheinen an-
betende Engel zu sein.

Die Gesichter sind in einer einzigen elwas gelblichen Fleisch-
farbe gehalten, die Ziige mil kraftigen braunen Strichen hinein-
gesetzt; nur Christi Gesicht und das eines Evangelisten der
Nordseite haben eine Schattirung von dunklen Ténen, nament-
lich braun und selbst das bei den Byzantinern tibliche Griin,
wie denn auch einige der Apostel spater theilweise iibermalt
zu sein scheinen. Ohne in Monotonie zu verfallen, zeigen alle
Kopfe cinen gemeinsamen grossartigen Typus: lange, edel ge-
schnittene Nase, weich geschwungene Mundwihkel, grosse Augen
von gewalltigem Ausdruck, schén gebogene Brauen, das ganze
Gesicht ein edles Oval, Haar und Bart lockig in einfachen Li-
nien. Die weiblichen Kopfe zum Theil von uniibertrefflichem
Liebreiz, nicht minder anmuthig die Haltung des tbrigen Kor-
pers. Die Farbe ist an den Stellen, die als Grund glatigear-
beitete Werkstiicke boten, unmiticlbar und zwar sehr dtinn auf
den Stein getragen; die Wandflachen, so wie die Gewodlbkappen
haben vorher einen Verputz erhalten, der fiir die Gesichter von
besonders feiner Bereitung zu sein scheint. Die zierlich aus-
gebildeten Figuren fir die Nimben wurden tief in den noch
feuchten Bewurf hineingedriickt und erhielten dann reiche Ver-
goldung. Dagegen sind die Ornamente sowohl am Nimbus als
an dem Medaillon Christi in Stucco erhaben aufgesetzt und dann
vergoldet worden, so dass das reliefartig aufliegende Gold an
Glanz alle tibrigen Theile tiberbieten musste. Sadmmtliche Der-
stellungen zeigen tiberhaupt eine verschwenderische Ausstattung
an Vergoldung.

Ueber die Bemalung der architektonisch bedeutsamen Theile
vorlaufig einige Notizen. Sammiliche Gurten und Rippen zeigen
farbige Zierden der mannichfachsten Arabeskenmuster; ausser-
dem wird jede Rippe noch durch gemalte Bander der Linge
nach begleitet; hierbei ist Blau und Roth vorwiegend, das Roth
fast durchweg ein Zinnoberroth, jedoch mit einer dunkleren bis
in’s Braune hinabsteigenden Schattirung. Die Ornamente der
Kapitale haben goldgelbe Bemalung auf schwarzem oder dunkel-
braunem Grunde. Die Wande des Langhauses, die einstweilen
nicht aufgedeckt werden durften, sind offenbar nur mit archi-
tektonischen Formen bemalt gewesen. So zeigt die Westwand
des siidlichen Seitenschiffes eine grosse Rose, darunter eine
Saulenstellung mit Bogen; die des nérdlichen einen Stern, sammt-
liche Formen in Stucco—-Relief.

So viel vorlaufig tiber diesen Fund, dessen Wichtigkeit
mir sowohl in dem bedeutenden Alter und dem hohen Kunst-
werth, als auch in der Masse, Vollstandigkeit und dem ver-
haltnissmassig guten Zustande der Malerei zu liegen scheint.
Denn obwohl der Kalk die Farbtheilchen mehr oder minder
zerstért hat, so dass die Gegenstiinde mit erheblich vermin-
derter Intensitat auf den Beschauer wirken; obwohi ferner ein-
zelne Stellen schon friiher mit dem alten Bewurf herabgeschlagen
worden sind: so ist doch das Ganze in sellner Vollstindigkeit
noch erhalten, zumal da es gliicklicher Weise dem schlimme-
ren Schicksal moderner Restaurationssucht (cf. Braunschweiger
Dom!) bis jetzt entgangen ist, und bietet dem Freunde Achter
Kunst, so wie dem praktischen Baumeister reichen Stoff des
Genusses und des Studiums.

Es fragt sich nun: Wann und auf wessen Geheiss wurde
diese prachtvolle Kirche erbaut? Bis jetzt hat sich keine Nach-
richt dariiber vorgefunden. So viel wissen wir, dass Methler
noch dem Kloster Kappenberg gehért; doch ist an eine
kiinstlerische Einwirkung von dorther kaum zu denken bei dem
héchst einfachen Charakter der dortigen Abteikirche. Der Bau-
	Die Almosenvertheilung des heil. Lorentius nach Ё1е50
von L. Gruner.
	Die Arundel-Society ) in London, eine der neuern Scno-
pfungen auf dem Gebiete des Forschens fiir altere Kunst und
deren Literatur, wirkt auf die thatigste Art durch den sich vor-
gesetzten ernsten Zweck, die bisher weniger beschriebenen und
weniger bekannten Leistungen berithmter Kiinstler aus den frii-
hern Perioden zu verdffentlichen, — ein in vieler Hinsicht sehr
nachahmungswirdiger Plan, da wir durch die dabei aufgewen-
deten Mittel Vieles und Manches kennen Jernen, was einzelnen

Reisenden, Kinstlern oder Kunstfreunden oft verborgen blieb,
indem zuweilen durch Beschrénkung der Zeit des Aufenthalts

an irgend einem Ort oder selbst im Fluge der Reisezeit Man-
ches tibergangen oder nur oberflachlich betrachtet und ange-
schaut ward, was man gern noch mit den anderen Erinnerungen
und Reisestudien aufbewahrt hatte.

Ohne fiir unsern deulschen Landsmann Ludwig Gruner
aus Dresden, jetzt seit mehreren Jahren in London wolnend
und dort eingebiirgert, irgend eine Parteilichkeit zeigen zu
wollen, obwohl er solche in allem Recht verdiente, kann man
sagen, dass derselbe durch seinen richtigen Blick fir die Sché-
pfungen dlterer Kunst, durch seine bei langerem Aufenthalt in
Italien gemachte Studien, so wie durch mehrere von ihm ge-
leitete Unternehmungen von Kunstwerken nach dlteren Meistern
mittelst der Chalcographie, und durch das kirzlich verdffent-
lichte Prachlwerk ,, Specimens of the ornamental Art“ in Ver-
bindung englischer Kunstfreunde und Kiinstler dieser Kunstrich-
tung und dem Interesse dafiir in London mehr Eingang verschaffte.

Wir miissen es aber den englischen Kunstfreunden Dank
wissen fiir die Art, wie dergleichen Unternehmungen von ihnen
unterstitzt werden, und wenn andererseits die zur Forderung
alterer kunstgeschichtlicher Mitlheilungen verbundene Arundel-
Society es sich angelegen sein lasst, durch Gruner’s Mitwir-
kung (da er Mitglied jener Sociely ist) thalig zu sein, so ist
den Unternehmern ebenfalls Glick zu wiinschen.

Das, was die Arundel- Society von 1849— 50 lieferte, be-
triffi einzig und allein den grossen Meister Fra Giovanni
Angelico da Fiesole.

Ein Blatt in Grossfolio-Format*und in charakteristisch mit
Architektur und Medaillons von Kiinstlerbildnissen nebst den
Worten: ARUNDEL SOCIETY verzierter Umschlagbogen enthalt
die Almosenaustheilung des heil. Laurentius aus der Capelle
Nicola V. im. Vatican. Eines der lieblichsten Bilder des Mei-
sters, welches Gruner in sehr einfacher anspruchsloser Grab-
stichelarbeit, von sehr genauer Zeichnung und ganz dem Cha-
rakter des Bildes getreu, trefflich wiedergab,

Dieses Blatt begleitet cin besonderes Heft Text in gross
	1) Graf Arundel, dem zu Ehren die Gesellschaft ihren Namen fuhrt.
war der Génner und Beschiitzer des beriihmten Kupferstechers W. Haller
und iiberhaupt einer der gréssten Kunst-Macene des 17. Jahrhunderts. Er
war im Besitz eines der kostbarsten Museen von aller Art Kunstwerken.
Leider wurde ein grosser Theil jener Schitze durch Cromwell s Soldaten aus
Rache gegen Arundel, welcher ein treuer Anhanger CarlI. war, vernichtet.