einem Besuche in Rémhild und bei sorglicher Belrachtung dieser
Werke ergeben haben, zur weiteren Priifung vorzulegen.

Das Verdienst, uns zuerst naher mit diesen Denkmilern
bekannt gemacht zu haben, gebihrt A. W. Débner. Er hat
ihnen ein besondres Werk gewidmet, welches, mit Abbildungen
versehen, eine Beschreibung ihrer ganzen Beschaffenheit, die
Erliuterung ihres Inhaltes und Alles, was yon geschichtlichen
Nachweisen beizubringen war, enthalt:

»Die ehernen Denkmale Hennebergischer Grafen von Peter Vischer

in der Stiftskirche zu Rémhild. Gezeichnet und beschrieben von
A. W. Dobner, herzogl. Sachs. Landbaumeister. Herausgegeben
	von dem Henunebergischen alterthumsforschenden Verein zu Mei-
	ningen. Miinchen 1840. (16 S. Text und 5 Blatt Umrisstafeln
	in Fol. )

Dobner entscheidet sich mit Zuversicht dafiir, beide Arbeiten,
wie bereits der Titel seiner Schrift angiebt, fir Werke Peter
Vischer’s zu erklaren. C. Heideloff, im ersten Bande seiner
Ornamentik des Miltelalters, S. 29 ff, hat sodann die Behaup~
tung aufgestellt, in einem grossen Theile von P. Vischer’s Kuns-
thatigkeit komme das eigenllich kinstlerische Verdienst dem
Veit Stoss zu; dieser habe jenem cine erhebliche Anzahl von
Modellen geliefert und P. Vischer habe mithin bei der Aus-
fiihrung derselben nur das handwerkliche Verdienst des Gusses.
Zu den hieher beziiglichen Werken rechnet Heideloff nament-
lich auch die Rémhilder Denkmaler, in denen er Veit Stossens
Geist und Manier unwiderleglich erkannt haben will. Dagegen —
ist Dobner im Kunstblatt 1846, No. 11, aufgetreten, indem er
nachweist, auf wie willkiihrlichen Annahmen die Behauptung
des Gegners beruhe. Andrerseits hat wiederum G. K. Nagler,
im Kunstblatt 1847, No. 36, Heideloff’s Auffassung, wenigstens
in allgemeiner Beziehung, vertreten und dies auch in den Ar-
tikeln seines Kiinstler-Lexicons tiber V. Stoss und P. Vischer
gethan.

Wenden wir uns nunmehr zu den Denkmalern selbst. Das
vorziiglichst bedeutende ist dasjenige, welches dem Grafen Her-
mann VIII. (gest. 1535) und seiner Gemahlin Elisabeth, einer
Tochter des Kurfirsten Albrecht Achilles von Brandenburg,
(gest. 1507) errichtet ist. Débner hat aus posiliven dusseren
Griinden, die vollkommen triftig sind, nachgewiesen, dass das-
selbe nicht erst nach dem Tode des Grafen,-sondern zwischen
den Jahren 1507 und 1510 gefertigt ist. Es hat die gew6hn-
liche sarkophagartige Form, auf sechs Fiissen ruhend, die von
eben soviel liegenden Lowen getragen werden. Auf dem Deckel
sind die grossen Gestalten des fiirstlichen Ehepaares in starkem
Relief enthalten; tuber den Ecken desselben die freistehenden
kleinen Gestalten der Evangelistensymbole. An den Seiten-
wanden rundbogig gothische Nischen mit den Ahnenwappen des
Fiirstenpaares; dazwischen und an den Ecken Statuetien von
Heiligen unter kleinen Tabernakeln, im Ganzen zehn.

Zunachst ist zu bemerken, dass alles Architektonische und
Ornamentistische an diesem Denkmal ganz vortrefflich ist; na-
mentlich auch sind die Darstellungen simmtlicher Wappenschilder
im besten Styl. Nur die sechs Léwen, auf denen das Ganze
ruht, sind von roher Behandlung. — Hine vorztiglich gediegene
Bildnerhand ist an den beiden Hauptgestallen des Deckels wahr-
zunehmen. Beide erscheinen im Geprége edelster Naivetat.
Bei der Dame zeigt sich eine Auffassung etwa nach Nirnber-
gischer Art, namentlich auch in der Anlage des Faltenwurfes;
doch ist der letztere durchaus fern von all und jedem manterirt
Eckigen. Ihr Gesicht, fein durchgebildet, hat eine wahrhaft
classische Reinheit und Grazie, und zwar der Art, dass man
sieht, es war dem Meister viel weniger um cin ‘scharfes In-
dividualisiren (geschweige denn in der schneidenden Manier,
wie es die Nirnberger jener Zeit lichen), als um ein gewisses
	dieser ultranaturalistischen Auffassung fortwahrend stehen ge-
blieben, welche allerdings bei seinem ersten Auftreten voll-
kommen berechtigt, ja sogar, als eine Opposition gegen jenen
idealistischen Unfug, néthig war. Doch darf man hierbei nicht
vergessen, dass solche Richtung seinem individuellen Talente am
incisten zusagte, dass seine Ansichten besonders jungen Anfingern
der Kunst zum Nulzen gedeihe, dass er als Autodidakt und
kraftiges Ingenium es wohl am besten fand, sich selbst treu
za verbleiben, und endlich, dass die besseren Werke von ihm,
was die Aesthetiker der Jetztzeit auch daran auszuselzen ha-
ben mégen, stets die grésste Achtung, die liebevollste Hinge~
bung fiir die Natur, deren treue Spiegelbilder sie sind, aus-~
sprechen. Fehlt ihnen auch 6fter eine héhere Einheit und die
stylistische Schénheit der Composition und der Formen, so
wird dieses nach meiner Ansicht oft durch die volle Unmiltel-
barkeit der Darstellung, durch die treffende Wahrheit im Ein-
zelnen hinreichend ersetzt. Dahl’s Arbeiten dirften tiberhaupt
vielleicht eher als Studien, denn als Bilder betrachtet werden.
Seinen Landsleuten ist er ganz besondors durch die Wahr-
heit lieb, womit er namentlich die norwegische Natur dar-
stellt, in welcher Bezichung er bis jetzt noch uniibertroffen von
unseren jingeren Kiinstlern dastehen diirfte, und Jeder, der
sein vortreffliches Bild bei Hrn. Seebach in Dresden, mehrere
seiner Werke in Kopenhagen, so wie einige kleinere Arbeiten,
im Besitze von Privatliebhabern in Christiania, aus eigener An-
	schauung kennt, wird dieser Ansicht gewiss beipflichten.
(Fortsetzung folgt.)
	Ueber die Bronzen von Rémhild und ihre Beztehung zu
Peter Vischer.
	Rémhild liegt am Fuss der beiden Gletchberge, der Dop-
pelwarte zwischen Thiringen und Franken, in lachend frucht-
barer Gegend, die sie die Kornkammer des Meiningischen Landes
nennen. Noch hat es seine slattlichen Zeugnisse aus den Glanz-
zeiten der alten Henneberger, das Schloss, das die Gliicksburg
genannt ward, mil Erkern, Thiirmen, Wendeltreppen, Giebel-
zinnen wu. s. w., und die schéne gothische Stiftskirche. Die letz~
tere ist von 1450 bis 1470 durch einen Meister Albertus erbaut;
sie gehért somit der spateren Zeit des gothischen Styles ап,
aber sie zeigt die Formen desselben durchweg noch, im Ganzen
wie im Einzelnen, wohlgebildet und in ansprechender Fassung.
Eigenthimlich ist die Einrichtung im westlichen Theil der Kirche;
dieser ist, dem gewdhnlichen und auch hier vorhandenen 6st-
lichen Chorschlusse entsprechend, ebenfalls in der Weise eines
Chores behandelt und durch eine, von sechs zierlichen Pfeilern
und gothischen Kreuzgewélben getragene Tribiine ausgefillt.
Vermuthlich war die letztere, auf der sich gegenwartig die Orgel
befindet, urspriinglich fir die Familie und den Hofstaat der
Landesherrschaft bestimmt. Dem Innern der Kirche wire eine
maassvolle Erneuung im Sinne der alten Anlage wohl zu
wiinschen.

Die Kirche besitzt eine Anzahl von Grabsteinen des Henne-
bergischen Hauses, deren Bildnissgestalten, wenn sie auch in
kiinstlerischer Beziehung nicht eben eine ausgezeichnete Bedeu-
tung haben, doch fiir Kostiim— und Personalgeschichte gewiss
nicht unwichtig sind. Von héchster kinstlerischer Bedeutung
aber sind zwei bronzene Grabdenkmiler, demselben fiirstlichen
Geschlechte angehérig, die sich in der Taufkapelle an der Sad-
seite der Kirche befinden. Sie haben in jiingster Zeit schon
mehrfach die Aufmerksamkeit der Freunde der vaterlandischen
Kunstgeschichte in Anspruch genommen. Ich erlaube mir, einige
Bemerkungen tber sie, wie sich mir dieselben ktirzlich bei