Gencralisiren der Form zu thun. Dies ist auch bei den Handen der Dame ersichtlich. Der Graf ist villig gepanzert, so dass als Nacktes nur der Theil des Gesichtes, den das aufgeschla~ gene Helmvisir cnthillt hat, sichtbar wird. Die Behandlung desselben ist dem Gesicht der Dame ahnlich; aber bei dem Be- sireben, hier doch etwas mehr zu individualisiren, hat sein Ge- sicht cin wenig mehr Herbigkeit und Starrheit erhalten. Die ganze Riistung des Grafen ist mit sorglichstem Fleiss und Ver- stindniss gearbeitet. In seiner Linken halt er eine Lanze mit langem Fahnentuch, das sich durch einen spielend leicht be- wegten Faltenwurf, ebenfalls frei von allen eckig geknitterten Briichen, auszeichnet. Er steht, nach altiblicher Weise, auf einem Lowen, die Gréfin auf einem Hunde; beide.Thiere er- scheinen mit Absicht conventionell behandelt. Jedenfalls ist das Relief des Deckels nach alledem als eine der schitzbarsten Ar- beiten deutsch -mittelalterlicher Bildnerei zu betrachten. Auf- fallend ist dabei nur Eins. Die Gestalten stehen unter einem gebrochenen Bogen, in dessen Fiillungen auf jeder Seite zwei sehr kleine nackte Kindergestalten, in verschiedenartigsten Stel- lungen, angebracht sind. Dies sind widerwarlige, zwergartige _Wesen; sie bilden einen schneidenden Contrast gegen den Adel des Hauptwerkws; aber sie haben andrerseits eine gewisse ferne Achnlichkeit mit den Kinderfiguren, die sich an Vischer’s Se- baldusgrab zu Niirnberg befinden und in denen freilich, wie viel bedeulender diese auch sind, doch ebenfalls nicht die Haupt- schonheit des letzleren Werkes beruht. — Noch ist, in Belreff der Figuren der Evangelistensymbole aul den Ecken des Deckels, zu erwahnen, dass sich bei dem Ochsen, dem Symbole des Lucas, ein gewisser Grad von Naturbeobachtung kundgiebt, wihrend der Adler ziemlich entschieden conventionell gehalten ist und der Engel als eine lvidlich gute Dekorationsfigur, im Style etwas minder streng als die Arbeiten des Adam Kraft, gelten kann. Die Statuetten an den Seiten des Sarkophages sind eben- falls nicht von erheblichem Kunstwerthe, dabei indess merk- wirdig durch mancherlei Stylverschiedenheit, die an ihnen wahr- zunehmen ist und die, riicksichtlich der Modelle, nach welchen der Guss gefertigt wurde, auf verschiedene Hande schliessen lasst. Vorherrschend ist ein eigenthimlicher Styl, in dem sich einige Aehnlichkeiten mit dem Styl der Apostelfiguren an dem Nirnberger Sebaldusgrabe kundgeben; die Gewander der Fi- guren sind langfallig behandelt, doch zugleich mehr oder we- niger fest um den Kérper gelegt, dic einzelnen Gewandpartieen rundlich gezogen und stumpf wulstig gebildet. Die Gesichter und die sonstigen kleinen nackten Theile der Figuren sind un- lebendig starr. Unter den hieher gehdérigen Statuetten ent- spricht denen des Sebaldusgrabes am Meisten die des №. Chri- stophorus; das Christkind, welches er auf der Schulter tragt, erinnert dabei wieder an jene kleinen Kobolde in den obern Eckfillungen des Deckels. — Véllig entgegengesetzt hievon ist eine andre Statuctte bchandelt, die des Jacobus major, der in der gewéhnlichen Niirnbergischen Manier jener Zeit, mit ecki- gem Faltenbruch nach der Weise des A. Kraft, erscheint. An den Statuetten der Maria mit dem Kinde, des h. Melchior und Balthasar (die Anbetung der Kénige ist in einzelnen Figuren dem Cyclus dcr Statuetten eingereiht) zeigt sich diese selbe Weise, doch um Einiges ermdassigt. Am untecren Rande des Deckels findet sich an einer Stelle mit kleinen Buchstaben leicht eingravirt: MF, und an einer an- dern: WS15C. Dobner halt dafir, dass diese Zeichen (mit Auflésung des W in zwei VY) zu lesen seien: , Meister Fischer, und V Sélne, 15 Сешпег“. Abgeschen von dem Allzugewagten in dieser Erklarung des WS, halte ich indess auch das MF nicht fir ein Vischer’sches Monogramm, tiberhaupt nicht fiir die Bezeichnung des Meisters. P. Vischer wtrde bestimmt die Be- zeichnung des Vornamens mit aufgenommen und ganz entschie~- den wiirde der Meister — wie iiberall in jener Zeit und tiberall bei P. Vischer’s namhaften Werken — sein Monogramm, wenn vielleicht auch an bescheidener Stelle, doch in derjenigen cha- rakteristischen und entschiedenen Weise hingesetzt haben, die dem kiinstlerischen Selbstbewusstsein entsprechend gewesen ware. Jene Buchstaben, wenn auch wohl alt, sind zu leicht, mit zu geringer Ausbildung an den Rand gravirt, als dass es mir irgend statlhaft erschiene, sie fiir ein Kiinstlerzeichen zu nehmen. Ein solches ist also, nach meinem Dafiirhalten, nicht vorhanden. Die Griinde, die Dobner sonst fiir den Vischer’schen Ur- sprung des Werkes geltend macht, sind ebenfalls aussere; die Sache erschcint hienach eben nur als méglich. Die Hauptsache bleibt, in diesem Betracht, der grosse Ruf der Vischer’schen Giessstitte, die ihre Werke zum Theil in ansehnliche Ferne sandte, also bei der nicht sehr erheblichen Enlfernung Rém- hilds von Nirnberg jedenfalls wohl zunachst in Betracht kommen musste. — Die Griinde, dic Heideloff fir den Stossischen Ur- sprung der Modelle, wie zu andern Vischer’schen Gtissen, so zu den Rémhilder Denkmalern beibringt, sind eben auch sehr allgemeine; mit den Paar apodiktischen Worten von ,,Geist und Manier* reicht man indess, in einem Fall wie dieser, nicht wohl aus; vielmehr hatte dabei vorerst die Stylverwandtschaft mit genauem Eingehen auf das Einzelne und in wirklich tiberzeu- gender Weise dargelegt werden sollen. Und auch iiber ein Andres noch halte man sich zu erklaren: wie cs nemlich ge- kommen, dass P. Vischer auf so vielen Werken sich fremder Ehren angemaasst und dass seine Zeitgenossen dies dreissig Jahre lang sonder alle Rige hingenommen? Denn so schreibt er auf das Grabdenkmal des Erzbischofes Ernst zu Magdeburg vom J. 1495 und auf das des Bischofes Johann zu Breslau vom J. 1496: ,Gemacht zu Nurnberg von mir Peter Fischer*. So nennt er sich am Niirnberger Sebaldusgrabe schon im J. 1508 und 1509 als den, der das Werk gemacht und gegossen habe, und figt 1519, am Schlusse der Arbeit, hinzu: ,,Peter Vischer, Burger zu Nirnberg, machet das Werk mit seinen Sdhnen*. Зо зе! ег auf die Tucher’sche Gedachtnisstafel im Regens- burger Dome vom J. 1521, so auf das Relief der Kreuzabnahme in der Aegydienkirche zu Nirnberg vom J. 1522 sein P. V. So bezeichnet er das Denkmnal des Kardinals Albrecht von Bran- denburg in der Stiftskirche zu Aschaffenburg vom J. 1525, so das des Kurfirsten Friedrich des Weisen in der Schlosskirche zu Wittenberg vom J. 1527 als , Opus M. Petri Fischer“. Oder wire er wirklich so albern eitel gewesen, zu meinen, dass bei einem Kunstwerke der Erfinder und Bildner nichts und der, welcher demselben mit rein handwerklichen Mitteln die Dauer gegeben, Alles sei? Und waren seine Zeitgenossen, die Er- finder seiner Werke mit eingeschlossen, soviel alberner ge- wesen, ihm das zu glauben? — Ich glaube dies nicht und halte vielmehr dafiir: dass, solange nicht in vollstindig aclenmassiger Weise das Gegentheil dargethan ist, die Ehre seiner monumen- talen Inschriften nicht angelastet werde und dass die Werke, die seinen Namen als den des Urhebers tragen, sein unver- kiimmertes Eigenthumn bleiben. Heideloff freilich sagt, dass man nur, wenn man seine Behauptungen annehme, die Styl- verschiedenheit in P. Vischer’s Werken zu begreifen im Stande sei. Meines Erachtens giebt es dazu einen viel klareren und viel mehr im inneren Wesen der Kunst beruhenden Weg, den nemlich, dass man der Entwickelung des kinstlerischen Geistes folge. Bei P. Vischer wiederholt sich eben nur, was bei vielen andern Kiinstlern, zumal jener bewegten Zeit, stattgefunden hat; er enlwickelt sich von befangenen zu freieren, von tiberkom-