schnédeste Verachtung herabsank. War diese Verachtung In Bezug auf die wissenschaftlichen Bestrcbungen desselben schon gross genug und durch deren Unfruchtbarkeit fiir das Leben und fiir die Welt einigermaassen gerechifertigt, so war sie doch grésser und ungerechter in Bezug auf die mittelalterliche Kunst. Diese hatte in der gothischen Architektur und Orna- mentik ihren Héhepunkt erreicht und die Malerei war dicsseits der Alpen, von einem unschuldvollen innigen Naturgefih! ge- leitet, auf dem besten Wege dahin, als die Reformation und die sogenannte Renaissance zugleich dazwischen traten und mit doppelter Gewalt der Kunst eine Richtung gaben, in der sie bald auf Abwege gerieth und der Geschmack sich dergestalt verschlechterte, dass endlich alle Empfainglichkeit fir die un- bewusste und anspruchlose Grosse und Reinheit ihrer friiheren Schépfungen erstarb, die einer ganzlichen Vernachlassigung und Vergessenheit anheimficlen. Erst unser Jahrhundert hat diese Ungerechtigkeit wieder gut gemacht, die Archéologie und Kunst des Mittelalters mit der antiken als gleichberechtigt anerkannt und von jenen die eine mit besonderem Eifer angebaut, die andre und ihre Denk- male aus dem Staube hervorgezogen und in ihre Ehre und Wiirde wieder eingesetzt. Nunmehr konnte es nicht fehlen, dass auch das Kostum des chrisllichen Mittelalters, nicht blos als Zweig der Ornamentik, sondern auch als Produkt von Silte und Indu- strie, in seinem historischen Zusammenhang ins Auge gefasst wurde, wozu mancherlei Antriebe hindringlen, von denen hier nur diejenigen hervorgehoben werden mégen, welche von dem Theater und der Hislorienmalerei ausgingen. Die Helden und Heldinnen der franzésischen Tragédie in Perucken und Reif- récken waren mit Recht lacherlich geworden, das shakespear- sche Drama halle die Geschichte und Romantik der Vorzeit auf das Theater verpilanzt. Die Einfiihrung historischer Kostum- treue schien ein nothwendiger Schritt um die Bihne zu ver- bessern, wobei jedoch nur zu oft vergessen wurde, dass hier die Poesie und die Gaben des Dichters und Schauspielers die Hauptsache, dekorativer Luxus und Beférderung der Illusion aber nur untergeordnete Hiilfsmittel sind, und es ftir die vor- libergehende Erscheinung des Schauspicls geniigt, nur den all~ gemeinen Charakter der Zeit, aus welcher sein Stoff geschopft ist, ausserlich zu vergegenwartigen, aber die Bihne am we- nigsten der Ort ist, um mit archdologischer Korrektheit ko- kelliren und der strengsten Kritik in dieser Beziehung die Spitze bielen zu wollen. Obgleich sich die Haupttheater in Heraus~ gabe kostbarer Musterbilder aus ihren Garderoben zu tiberbieten suchten, so sind diese doch fur das Kostumstudium und den Kiinstler ohne Werth geblieben, weil es noch zu sehr an den archaologischen Vorarbeilen fehlte und alles, was auf diesem Wege erreicht wurde, war am Ende nicht viel mehr, als eine Zusammenschmelzung des Allen und Neuen, die sich jenem nur soweil annaherte, als es der moderne Geschmack, die Laune und Selbstgefalligkeit der Schauspieler und die Krafte der Thea- lerkassen gestatten wollten. (Fortsctzung folgt.) “Heltung. und andern Welttheile, so wie sie nach und nach entdeckt oder niher bekannt wurden, vor Augen brachten. Diese Bilderbii- cher, anfangs in Holz geschnilten, wie die deutschen von Hans Weigel, von Jost Amman oder das italienische des Vecellio, waren beliebt bei den Zeilgenossen, die sich darin nicht nur selbst bespiegelten, sondern auch fir ihre Neugier in Bezug auf das Fremde und Auslindische Befriedigung fanden. Fiir uns haben sie einen noch grésseren Werth, denn ausser dem Reiz der Unterhaltung, den der Gegenstand und deéssen kiinst- lerische Behandlung gewahrt, besonders wenn wir so gliicklich sind, sie von der Hand gleichzeiliger Briefmaler gut kolorirt vor uns zu haben, geben sie der Kostumkunde einen sichren Anhaltspunkt fiir ihre Zeit und tiberheben uns der Miihe, das was wir hier vereinigt finden, aus der Masse andrer Bildwerke erst miihsam zusammenzulesen. Das letzte Schatakastchen die- ser Art, die von Hollar unter dem Titel ,, Aula Veneris“ ge- stochene Galerie von Frauenzimmertrachlen, erschien gegen die Mille des folgenden XVII. Jahrhunderts. Hier zeigen sich die originellen Niancen der weiblichen Tracht, besonders nach den verschiedenen Gegenden Deutschlands, bis auf die einzel- nen Reichsstadte herab, in ihrer ganzen Fille, wie sie noch zu Anfang des dreissigjahrigen Krieges bestanden, von wo ab sie nach und nach beinahe gianzlich verscliwunden sind. Der zunehmende politische und kommerzielle Verkehr der europai- schen Hauptvélker mit einander, das Uebergewicht der dster- reichisch-spanischen Monarchie und weiterhin der franzésischen unter Ludwig XIV., dic deutsche Zersplitterung und Nachah- mungssucht, der Aufschwung des Manufaktur- und Fabriliwe- sens und andere Umstande fihrten eine dritte Periode des Ko- stums herbei, in der es, als gleichzeitiges, unter dem Einfluss des italienisch-spanischen und darauf des franzésischen immer einformiger, dafir aber in der Aufeinanderfolge desto veran- derlicher wurde und einem Wechselfieber anheimfiel, welches unter dem Namen der Mode in dem ganzen Gebiet der mensch- lichen Bekleidung die absoluteste Herrschaft gewann. Die Mode duldet keine anderen Geseize als die ihrer Willkiir und Laune; der Scepter, den sie iber die unterworfenen Vélker schwingt, urspriinglich cin franzésischer Leisten, ist zugleich ein Zauber- stab, unerschdpflich wie das Kalcidoskop in Hervorbringung neuer Veraénderungen. Sie hat die Christenheit, trotz aller Spaltungen, unter einen Hul, den Filzhut, gebracht; sie hat uns, trotz des wiithendslen Freiheitsschwindels, von Kopf bis zu Fuss, in Leibeigene ihrer Trabanien, des Schneiders, Hut- und Schuhmachers, verwandelt und dadurch aller Bizarrerie und Verworrenheit des Zeilalters die Krone aufgesetzt. So schwesterlich sie fir die Industrie sorgt, damit diese nicht an dem Uebermaass ihrer Produktion ersticke, so feindselig steht sie der Kunst entgegen. Wie wenig ihr diese abgewinnen kann, zeigt das Ach und Weh unserer Maier und Bildhauer bei Darstellungen, besonders monumentalen aus der Gegenwart. Ephemere Modejournale und Modekalender tralen nun an die Stelle der Trachtenbiicher, die sich nur noch fir China und entfernte Weltgegenden erhiellen oder auch da durch illustrirte Reise- beschreibungen verdrangt wurden. Anfangs bis zu iberschweng- licher Fiille hinaufgetrieben, sank die Kleidung nach und nach zu einer knappen und sleifen Armseligkeil herab, eine so un- schén wie dic andere. Am cigenthiimlichsten bildete sich die mannliche Haartracht aus. Bart, Perucke und Zopf spielen eine Hauptroile in der Geschichte des neueren Kostums, ja man hat dem XVII. und XVII. Jahrhundert wohl selbst den Namen der Perucken- und Zopfzeit gegeben. In dieser Zeit war es, wo das ganze der Reformation vorangegangene Miltelalter in die Stockholm. Es ist cine Subscription zu Stande gekom- men fiir eine Reiterstatue fiir Konig Karl Johann (Bernadotte). Das Modell, von einem schwedischen Bildhauer, Fagilberg, in Rom ausgefiihrt, ist zum Guss in die k. Anstalt nach Min- chen geschickt worden. Verlag von Rudotph und Theodor Oswald Weigel ia Leipzig. — Druck von Gebr Unger in Berlin.