Ich kehre nunmehr zu der Rauch’schen Skizze zurtick.
Beide Gestalten, in denen uns die Heroen unsrer Poesie gegen-
liberstehen, tragen den Chiton und das Himation (Tunika und
Mantel); ausserdem sind nur ihre Fiisse mit Sandalen bekleidet.
Doch ist die Art und Weise, wie Beide dic Mantel umgelegt
haben, eine verschiedenartige, die, indem sie die Hauptlinien
der Gruppe vortrefflich ausrundet, zugleich schon in den Grund-
zuigen die verschiedene Charakterislik der beiden Persénlich-
keiten giebt. Goethe ist als der altere Mann, der fest im Le-
ben stehende, der vielseitig praktisch thitige gefasst; er hat
den Mantel, wie im augenblicklichen Entschluss und ohne wei-
teren Vorbedacht, leicht und frei umgeworfen, so dass derselbe
liber seinen beiden Schultern und in der Hauptmasse tiber der
rechten Schulter und dem rechten Arme hingt. Schiller dagegen,
der zu seiner Linken steht, als der jiingere in das Leben ein-
tretend, als der Mann, der den hohen Styl in der Poesie mit
Entschiedenheit festhielt, hat im Tragen seines Mantels mehr
Reprasentation, indem er ihn nach classischer Sitte einerseits
unter dem rechten Arm durchgeschlagen und tiber den linken
Unterarm hangend tragt, andrerseits die Hauptlinien von der
linken Schulter nach vorn niederhingen lasst. Beides entspricht
der kérperlichen Grundgeberde der beiden Manner; Goethe steht
vollkommen fest und sicher, fast wie ein wenig hinten iiber-
gelehnt, da, wahrend Schiller einen leise ecstatischen Zug in
seiner Bewegung, elwas schwdrmerisch vorwarts Strebendes
verrath. Auf solcher Grundlage des Verschiedenen entwickelt
sich ungemein gliicklich das gegenseilige Verhaltniss. Beide
stehen, wie angedeutel, nebeneinander, dem Beschauer entgegen
gewandt. Es ist, als ob Goethe den jiingeren Freund dem deut-
schen Volke entgegenftihre. Mit dem Oberkérper ein wenig zu
ihm gewandt, erhebt er die linke Hand hinter der rechten
Schulter des Freundes, fast als leite er ihn, wahrend seine Rechte,
wie zu dhnlichem Zweck, das Gelenk an dessen rechter Hand
bertihrt; Schiller hat dabei fast etwas Hingegcbenes an ihn, aber
doch ohne allen Hauch von Weichlichkeit, ohne sich selbst un-
mittelbar ihm entgegen zu neigen; vielmehr ist seine [reie, be-
geistert sprechende, aufwarts gewandte Geberde die des Dich-
ters, der doch nur der Leilung des eignen Genius folgt. Es
ist in diesem Goethe etwas von der Majestét eines Vaters, der,
die Schénheit des Sohnes vdllig empfindend, diesen der Welt
hingiebt, — in diesem Schiller die ganze schiéne Begeisterung
der ihrer Aufgabe bewussten Jugend, die, solcher Hut gewiss,
ihr Werk mit doppelt freudiger Kraft beginnt. Die Hand, welche
Goethe hinter der Schulter des Freundes erhebt, halt einen
vollen Lorbeerkranz; man weiss nicht hestimmt, ob es seine
Absicht war, das Haupt des Freundes damit zu schmiicken, und
ob es vielleicht nur die Theilnahme unmittelbar an dem Schaffen
des Freundes war, was ihn unbewusst zégern liess; aber man
sieht nun den in seiner Linken halb erhobenen Kranz rasten
awischen beiden Dichterhauptern, denen beiden er gebithrt.

So vie] mir bekannt, ist tiber dic Ausfihrung dieser Skizze
noch nichts bestimmt. Ich wiirde es fiir cin National-Unter-
nehmen, — schén, wie nur eins und schéner als viele, —
halten, wenn der Meisterhand, die diesen Entwurf geschalfen,
hald die Gelegenheit zur Ausftihraung bereitet wiirde. Alle. die
den deutschen Namen tragen, drinnen im Valerlande und draus-
sen in andern Landern und Welltheilen, sollten dazu beilragen,
und ich glaube, dass die Begcislerung fiir Goethe und Schiller
noch frisch genug ist, um auf reichliches Zusammenstrémen
der erforderlichen Mittel rechnen zu kénnen. Gewohnlich lasst
man Denkmaler der Art in Erz giessen; meines Bediinkens aber
handelte es sich hicr um ein Werk, wo das Material des Mar-
mors, in seinem idealeren Hauche, in seiner Fahigkeit zur
héchstgesteigerten Vollendung, noch ungleich mehr an seinem
	Platze ware, Die отоз5еге Козфаткей 4ез Магтог5 und der
Marniorarbeit dirfte hiegegen eben auch kein Hinderniss sein;
ich wide auch in diesem Bezuge auf die Verehrung gegen
Goethe und Schiller, die fiiglich so weit gehen wird, als Deut-
sche wolhnen, rechnen.

Ueber den Ort der Aufstellung eines solchen Denkmales
endlich kénnte mneines Erachtens kein Zweifel sein. Weimar
hat den unverganglichen Ruhm, dass dort die Pflege der deut-
schen Dichtkunst die gesegnetste Statte fand, dort die Gréssten
lebten und schufen, dort Goethe und Schiller zum gemeinsamen
Wirken sich vereinten. In Weimar muss dies schéne Doppel-
standbild errichtet werden, und der Platz dazu und die wir-
dige bauliche Ausstattung dieses Nationalheiligthumes — denn
als ein solches miisste das Denkmal von vornherein gefasst und
behandelt werden — wiirde sich dort auch ohne Zweifel fin-
den. Weimars Beruf aber diirfte es darum zugleich sein, mit
den, zur Ausfihrung eines solchen National-Unternehmens er-
forderlichen Schritten voranzugehen: — miéchten diese Zeilen
dazu eine Anregung geben! EF. Kugler,
	Heitun’s.
	Serlin, im Nov. Folgende Bekanntmachung ist erschienen:
Kunst-Ausstellung 1852,

» Die Kénigl Akademie der Kinste bringt hierdurch zur 6ffent-
lichen Kenntniss, dass in Gemassheit der Allerhéchsten Cabinets-Ordre
vom 18. December 1849 die Ausstellung von Werken lebender Kunstler
im K6nigl. Akademie -Gebdude hierselbst am 1. September 1852 erdéff-
net und am 31. Oktober geschlossen werden wird. Indem die Aka-
demie die Bekanntmachung des speciellen Programms dieser Ausstel-
lung sich vorbehalt, macht sie die geehrten Aussteller schon jetzt dar-
auf aufmerksam, dass 1. die Einsendung der far die Ausstellung be-
stimmten Kunstwerke vor deren Erdffnung um so nothwendiger ist, da
der Bericht der Akademie aber die den Ausstellern vorziiglicher Kunst-
werke zu verleihenden goldenen Medaillen bereits in den ersten Wochen
der Ausstellung erstattet werden muss; 2. dass die in diese Ausstellung
aufzunehmenden Kunstwerke, auch wenn dieselben durch Vermittelung
von Commissionairen oder Kunsthandlungen, oder aus dem Lager der
letzteren an die Akademie abgeliefert werden, mit einem schriftlichen
Attest der Kiinsller selbst versehen sein miissen, dass dieselben fir
diese Ausstellung bestimmt sind. Berlin, den 27. Oktober 1851. Di-
rektorium und Senat der Kénigl Akademie der Kiuste. Prof. Her-
big, Vice - Direktor.“
	Danjtg. Das berihmte, in der hiesigen Marienkirche be-
findliche grosse Altargemalde, welches auf dem Mittelbilde das
jiingste Gericht, auf den Innenbildern der Fligel Paradies und
Holle darstellt und bekanntlich eins der Hauptwerke der Eyck’-
schen Schule ausmacht, war in neuerer Zeit schadhaft gewor-
den; mehrere Risse, beginnende Abblatterung von Farbe, Flecken
in derselben liessen Besorgnisse fir die Erhaltung dieses selt-
nen Kunstschatzes entsichen, Es wurden daher Einleitungen
zur Restauration desselben getroffen und diese im Sommer d. J.
durch Hrn. Xeller aus Berlin ausgefiihri. Beim Beginn der
Restauration ergab sich sofort, dass das Werk mehr noch, als
durch dussere Verletzungen, durch ungeschickte Uebermalungen
becintrachligt war, die man in friiherer Zeit zur Verdeckung
von Schaden hinzuzufiigen fiir gut befunden hatte. Diese Ueber-
malungen wurden zundchst herabgenommen und dann alles zur
Restauration Erforderliche durch Hrn. Xeller’s Meisterhand mit
ebenso grosser Discretion, wie mit unermtidlicher Sorgfalt zur
Ausfihrung gebracht; der Art, dass jetzt nicht nur die Erhal-
tung des Werkes wieder auf eine lingere Zeitdauer hin vollig
gesichert erscheint, sondern zugleich die urspriingliche Schénheit