zelne Kenner (noch vor einem Jahre Director Waagen aus
Berlin) hin und her sannen, war es nicht méglich, den rechten
Meister zu finden. Da entdeckte in diesem Friihjahr ein hiesi-
ger Kunstfreund, Herr Schultz, auf dem Vordergrunde des
Allarbildes unter einer sehr gross gemalten Jahreszahl ,,Anno
1569” kleinere ibermalte Buchstaben, schwach hervorschimmernd.

Ich tiberzeugte mich ebenfalls davon und erhielt vom K6-
niglichen Hofmarschall-Amte Erlaubniss, die obere Malerei ab-
zunehmen, welches mir so weit gelang, dass folgende Buch-
staben zum Vorschein kamen:

F. MERTHEN DE VOS ANTVERPYENCIS. ANNO 1569.

Voller Freude tiber das Gefundene, schlug ich in einigen
Kunstgeschichten nach und fand, dass den Werken des. Маг-
tin de Vos im Allgemeinen dieselben Eigenschaflen beigelegt
werden, welche diese Bilder auszeichnen, und dass die Zeit
seiner Rickkehr aus Italien nach Antwerpen 1559 sehr wohl
mit der auf diesem Bilde angegebenen Zeit stimme. Es ist
demnach kein Grund vorhanden, obige Inschrift zu bezweifeln,
und die Kunstwelt mag ‘sich freuen, ein treffliches Gemiilde, Ja
wahrscheinlich cine ganze Reihe trefflicher Gemilde von einem
seiner Zeit sehr geschitzten und bis auf den heutigen Tag

riihmlich bekannten Maler gut erhalten zu wissen.
Indem ich nun zu der Beschreibung der cinzelnen Bilder

libergehe, mache ich den geneigten Leser noch aufmerksam,
wie diese Folge von Bildern in ihrem Gedankenzusammenhange,
und mit den dazu gehdrigen Unterschriften, auch als Zeugniss
der damaligen theologischen, protestantischen Bildung und des
in Celle am herzoglichen Hofe sich lebendig regenden ernsten
kirchlichen Strebens Bedeutung habe; und bemerke ferner, wie
diese Capelle unter den wenigen Beispielen altester lutherischer
Kirchen~Malerei das bedeutendste sei und beweise, dass auch
die protestantische Kirche schon in ihren Anfiingen im Gebiele
der Kunst selbsténdig schaffend aufgetreten sci.

Wenden wir uns zuerst zu dem Bilde des Herzogs, auf
der linken Seite des Allars, auf dessen Willen diese Capelle
so herrlich und versténdig ausgeschmiickt wurde; der hohe
Herr ist in betender Stellung dargestellt, auf den Knieen lic-
gend, ein ehrliches, kindlich gliubiges Gesicht und wendet den
slillen zuversichUichen Blick auf den gekreuzigten Heiland im
grossen Altarbilde. Auf der anderen Seite, in ganz gleicher
Stellung seine Gemahlin Dorothee, Tochter des Kénigs Chri-
stian III. von Danemark. Beide Bilder riihren offenbar von einem
deutschen Maler her, sind sehr ireu und gewissenhaft ausge-
fihrt und gehéren unstreilig 2u den besten Bildnissen, die die
deutsche Kunst in jener Epoche aufzuweisen hat.

Zu diesen beiden kindlichen deutschen Bildern bilden alle
ibrigen der Capelle einen gewaltigen Gegensatz; da tritt uns
eine ganz durchgebildete Kunst mit grosser Wissenschaft voll-
endeter Technik und Virtuositat enlgegen, welche aus der van
Eyk’schen Schule hervorgegangen, seit mehr denn 100 Jahren
gereift, schon im Marlin de Vos, der noch rémische und ve-
netianische Elemente in sich aufgenommen hatte, zu einer er-
staunlichen Héhe gedichen war. — Es ist diesclbe belgische
Kunst, welche auch heulzulage, nach den Umstinden modificirt,
wieder eine hohe Stufe der Ausbildung erlangt hat und in ihrem
eigenthtimlich nationalen Character zwischen Deutschen und
Franzosen eine wohlthuende Mitte behauptet. Doch ist bei die-
sen Bildern die Einwirkung der ilalienischen Kunst, welche
den modernen belgischen Malern fast ganz abgeht, sehr auffal-
lend und ist mit Ursache, dass diese Bilder eine weit umlas-
sendere kiinstlerische Durchbildung beurkunden, welche den
meisten neueren, naturalislischen Belgicrn mehr oder weni-
	ger fehlt.
Ueber dem Altar befindet sich das grésste und reichste
	au gewahren, sie hochstens nur zu veranlassen sein wurden,
in allen Fallen, in denen sie gewerbliche Musik treiben, die
libliche Gewerbesteuer zu zahlen. —

Dieselben Gesichtspunkte ergeben sich bei Betrachtung des
Instituts der Stadtmusici, das unter den frtiheren Lebens-
verhalinissen bekanntlich von so bedeutender Einwirkuug auf
die Musik gewesen ist und dessen Wiederherstellung daher von
verschiedenen Seiten, von der Leipziger Commission, von den
Musikern in Magdeburg u. A. m., gewiinscht wird. Man machi
darauf aufmerksam, dass dasselbe gebildete Zéglinge fir die
Kapellen, Musikchére etc. grosser Stidte liefere, dass es bei-
trage zur Bildung des Geschmacks in der Musik und dem Pfu-
scherwesen hemmend entgegentrete. Heutiges Tages freilich
werde mehr als ehedem verlangt. Daher solle jetzt der Stadt-
musikus, unter Aufsicht ciner musikalischen Behdrde stehend,
ein slidtischer Beamler sein, der ein Personal von 4 Gehiilfen
und 3 Lehrlingen zu halten verpflichtet sei. Er soll durch die
Commune aus den von einer Priifungs- Commission vorgeschla-
genen Kandidaten gewallt werden und es miisse dabei nicht so
sehr auf Virtuositat als vielmehr auf Lehrfahigkeit geschen wer-
den. Ein ihm tiberwiesener Bezirk zur Austitbung seines Be-
	rufs wtirde ihn hinlaénglich vor Nahrungssorgen schiitzen. Wai-
sen oder Kinder sehr armer Eltern miissten vorkommenden
	falls gratis unterrichtet und von der Commune in Kleidung er-
	паЦеп зуегдеп.
Es ist auch hiergegen bemerkt worden, dass diese Vor-
	schlage, sofern sie exclusive Berechtigungen in Anspruch neh-
men, mit der heuligen freieren Gewerbegesetzgebung im Wider-
	spruch stchen.
	Schliesslich mag hier noch ein besonderer, von dem Hrn.
Kunsthandler Lepke vorgelegter Plan zim Gemaldevertrieb,
dessen Hauptbestimmungen im Folgenden bestehen, angefiihrt
	werden.
Ein Kapital von 10,000 Thirn. werde ausgesetzt. Davon erhalt
	jeder Kunstler cie Hallte des Verkaulspreises ftir scin Gemalde,
das von einer dazu ernannten, woéchentlich sitzenden Commis-
sion nicht allzu untergeordnet gefunden ist. Dann wird es in
eine permanente Ausstellung gethan, wo es entweder ver-
kauft, also wieder eingelést, oder mit dem Rest verloost
wird. — Vielleicht sei hier eine Verbindung mit Nord~Amerika
méglich und niitzlich, weil viele Nord-Amerikaner Gemalde-
kaufer sind. Die Verwaltungskosten sollen durch kleine Abziige
von der Einnahme gedeckt werden. (Fortsetzung folgt.)
	Die Сета [@е 0ез Мата de Vos in der Schlosskirche zu Gelle.
	Yon AG@Ookf BYicinuacerem, Historienmaler,
	Unter den Denkmialern der Kunst im Konigreiche Hannover
nimmt die kleine Kirche des alten Schlosses zu Celle einen
nicht unbedeutenden Rang ein; sie ist bisher wenig beachtet wor-
den und verdient wohl eine umstandlichere Erwahnung. — Das
Schloss, selbst nicht gross, aber ausnvhmend schén und einzig
in seiner Art, ist seinem gréssten Theile nach im italienischen
Styl von dem Maestro Giacomo Bolognese um 1680 ge-
baut, und nur der éstliche altere Theil, in welchem sich die
Capelle befindet, stammt aus der letzten Epoche der sogenann-
ten gothischen oder deutschen Baukunst.

Die kleine, aber ganz cigenthimlich schéne Capelle erhielt
ihre jetzige Gestalt unter Herzog Wilhelm junior, dem Sohne
Ernst’s des Bekenners, welcher zu ihrer baulichen und maleri-
schen Ausschmiickung tiichlige Meister auswahlte. Ganz unbe-
kannt aber waren bisher ihre Namen, und so viel auch ein-