zu machen. Keiner darf das Seminar verlassen, der nicht cine
Sammlung der besten dieser Musikstiicke mit sich triige.“

Weiter spricht sich die Leipziger Commission fur eine
bedeutendere Stellung aus, die der Musik an den Seminarien
einzurdéumen wire. Es mége ihr nicht blos mehr Zeit gewid-
met, sondern diese auch bequemer gelegt werden; also nicht
etwa von 9—10 Uhr Abends, sondern mit in den Stundenplan
hinein. Auch mége den Seminaristen Zutritt zu den Concerten
gewahrt, den Musiklehrern an den Seminarien sowohl als an
anderen Unterrichtsanstalten eine gleiche Stellung mit den tbrigen
Lehrern eingeriumt werden. Die Commission dringt auch hier,
wie tiberall, wo sic rathend auftritt, auf eine weitere und auch
theoretische Erfassung des Gegenstandes. So empfiehlt sie auch
hier Geschichte der Musik und die Lektiire der wichligsten
musikalischen Zeitungen.

Ebenso wiinscht auch Hr. Schénchen, der den Mangel
des Gesangunterrichts in der unberiicksichtigten musikalischen
Vorbildung des Lehrers findet, dass auf den Seminaricn eine
mehr wissenschaftliche Beschafligung mit der Musik, die Be-
schiftigung mit der Composition mehr zur Geltung komme. Die
Anforderungen, die Hr. S. an einen Vorsanger und Organisten,
welches meistentheils der Schullehrer sein wird, stellt, sind
folgende: Der Vorsinger mtisse die Chorale auswendig wissen,
festen Ton halten und eine starke Stimme haben, der Organist
jeden Choral vom Blatt und nach bezifferten Bassen spielen,
auch improvisiren und Chorale transponiren kénnen, ferner mit
der Registration der Orgel Bescheid wissen.

Daraus folgc, dass ein Volksschullehrer als Gesanglehrer
einen methodischen Gesangunterricht, der das kunstgerechte
Singen besonders beriicksichtigt, mit Erfolg genossen habe, so-
dann rein und schén, wenn auch wenig fertig, die Violine
spiele, als Organist die Orgel beherrsche, als Dirigent vier-
stimmige Parliluren lesen kénne und endlich die Musik wissen-
schaftlich betrieben habe. Nattrlich gehére dazu allerdings et-
was musikalische Anlage, daher junge Leute ohne diese zwar
nicht vom Lehrerstande, aber doch vom Musikunterricht fern
zu halten sein méchten. Das gibe fiir Lehrerbildungsanstalten
in Bezug auf Musikunterricht drei Klassen: 1. Solche, die gar
keinen Musikunterricht erhalten. 2. Solche, die dringlichen
Falls den Gesangunterricht wirden geben kénnen. 3. Solche,
die zugleich ftir den Gesangunterricht und fiir den Kirchendienst
vorbereitet werden. Bei der Wahlfihigkeitspriifung des Volks-
schullehrers sollten nun die obigen Kenntnisse und Geschick-
lichkeiten vor der Priifungscommission nachgewiesen werden.
— Hr. S. legt auch einen sehr ausfihrlichen und sorgfaltig ge-
arbeiteten Lehrplan fir einen dreijahrigen Cursus vor, worin
Gesang, Violine, Clavier, Orgel, schriftliche Arbeiten, Uebungs-
stunden ihre Stelle finden. Nach diesem Plan kamen, wenn
simmtliche woéchentliche Lehr- und Arbeitsstunden auf 60 an-
geschlagen werden, deren 18 auf die Musik, welchen Zcilauf-
wand Hr. S. nicht fiir zu gross halt, da frither schon eben so
viel zugestanden worden.

Hr. Lehmann findet einen Uebelstand in dem in den Kreis—
konferenzen laut gewordenen Wunsche, dass vorgeschlagen
werden méchte, das Cantor- und Organistengeschaft dem Schul-
lehrer als solehem abzunehmen und an Birger und Bauern
zu tibertragen. Er halt das fiir unpraktisch. Vielmehr anneh-
mend, dass der Schullehrer nach wie vor die musikalische Per-
son bleibe, ist er der Meinung, dass dessen musikalische Bil-
dung umfassender und allscitiger werden miisse, als bisher.
	In Betreff des Musikunterrichts auf Universitaten fubrt
Hr. Marx in dem den Universitéten gewidmeten Abschnilte sei-
ner Denkschrift an, worauf dieser Unterricht und die dahin ge-
	Denkschrift tiber eine Gesammt-Organisation der Kunst-
Angelegenheiten.
	Im Anuftrage des Preuss, Kultusministeriums zusammengestellt
von Fr. Eggers.
	(Fortseizung. )
	Die Kunst in der Schule.
	1. Der Musik-Unterricht.
	In allen Schulanstalten, in der Elementar- und Volks-~
schule, im Gymnasium und der Realschule, an Universitaten
und Seminarien finden wir die Musik als besonderen Lehrge-
	genstand.
»Die musikalische Sektion der schlesischen Gesellschaft
	fur vaterlandische Kultur“ fasst diese verschiedenen Grade von
Anstalten auf einmal ins Auge und winscht vor allen Dingen,
dass der Musik-Unterricht auf den verschiedenen Lehranstalten,
von der Elementarschule bis zum Seminar, ungefahr denselben
inneren Zusammenhang erhalte, den die Lehranstalten selbst
haben, d. h. einen ganz parallelen Stufengang mit dem wissen-
schaftlichen Unterricht einhalte.

Fir die Schullehrer-Seminarien halt die Scktion
fiir erforderlich:

1. Die Zuriickfihrung des dreijihrigen Seminar- Cursus.

2. Die Einrichtung von Praparandenschulen, oder minde-
stens eine gesetzliche Vorschrift, dass nur befahigte, durch eine
Priifung besonders dazu legitimirte Schullehrer zur Pradparan-
denbildung befugt sind,

3. Eine materielle Stellung des Seminar-Musiklehrers, die
ihn befahigt, seine Zeit und Krafte ganz dem Seminar zu
	widmen.
Hr. Marx wiinscht, dass der Unterricht an den Semina-
	rien, wie zum Theil schon jetzt der Fall, umfassen moge: 1.
Klavierspiel, 2. Orgelspiel, 3. Gesang, 4. den ersten Cursus
der Compositionslehre, 5, Choralfiguration, 6. Anweisung zum
Unterrichten. Die Seminare wirden in Bezug auf Musikunter-
richt unter Controle des Vorstands des von ihm in Aussicht
genommenen Conservatoriums zu stellen sein. Die beim Semi-
nar anzustellenden Musiklehrer miissten am Conservatorium die
Bildung héherer Lehrer sich erworben und im Examen be-
wahrt haben. Auch den Gesangunterricht auf Schulen wiinscht
Hr. M. unter Controle des Conservatoriums gestellt, die Lehrer

aber gepriift zu sehen.

Diese Prifung der Lehrer verlangt auch Hr, Simann, der
den mangelhaften Unterricht, besonders in der Provinz Preus-
sen, der mangelnden Bildung und Ueberwachung der Lehrer
zuschreibt. Eine solche Aufsicht und periodische Inspicirung des
Gesangunterrichts auf den Schulen und Seminarien scheint Hrn.
8. sehr nothwendig.

Auch Hr. Cantor Kuntze zu Pritzwalk wiinscht den Se-
minarlehrer fiir seinen Zweck geschuller zu sehen. Auch er
halt den zweijahrigen Cursus fiir zu kurz und — was dies unan-
genehmer macht — die musikalische Vorbildung der Seminarislen
fir zu gering. Denn der Gesanglehbrer am Seminar solle nicht
blos Gesangschtiler, sondern auch Gesanglehrer bilden. Bei
der jetzigen Praxis lerne der Seminarist nicht die Hilfsmittel
kennen, wie er wieder lehren kann. ,Alle Methoden und Lie-
derbiicher“ —- sagt Hr. K. — ,kénnen kein singendes Volk
schaffen. Der Lehrer muss erst selbst zum Gesanglehrer aus-
gebildet werden, er muss es verstehen, die besten Chorale und
Volkslieder seinen Schiilern zum Eigenthum fiir’s ganze Leben