zu seiner Rechten Maria knicend, zur Linken Johannes der Taufer und ringsum im Halbkreis Erzvater, Propheten und Apo- stel,; darunter die Engel, welche die Posaunen blasen und unten die Auferstehung der Todten, welche links von Engeln, rechts von Teufeln abgeholt werden. — Die Composition ist nicht ohne Ernst und Schwung und zeigt eine kecke nie verlegene Phan- tasie, der bei der leichten, fast fliichtigen Ausfihrung grosse Kenntnisse und eminente Pinselfertigkeit zu Hiilfe kommen. — Einzelne Gruppen, besonders unter den kleineren entfernten Fi- guren, wiirden auch einem Rubens Ehre machen. Diesem Bilde rechts und links zur Seile stchen zwei grosse allegorische Gestalten: Glaube und Liebe, sehr schén gemall, auch anmuthig und wiirdig gedacht. Die Képfe sind schén und voll ernsten Ausdrucks, auch die Gewandung ist hier gross angelegt und gut behandelt. Unter dem Glauben stehet: Wer an den Sohn Gottes glaubt der hat das ewige Leben; unter der Liebe: dabei wird Jeder- mann erkennen, dass thr meine Jiinger seid, so ihr euch unter- einander liebet. Sehr innig und bedeutsam schliesst sich hier an die Dar- stellung des jiingsten Gerichts eine Folge von 7 Bildern, welche die ? Werke der Barmherzigkeit darstellen und durch ihre Un- terschrilten, ,,ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich ge- speiset“ etc. hinreichend erklirt und mit dem Gericht in Zu- sammenhang gebracht sind, Diese Bilder sind sehr interessant und lebendig componirt und ebenfalls kraflig und tichtig als Skizzen gemalt. Noch finden sich unten an der vorderen Stuhlreihe 3 Dar- stellungen aus der Apocalypse, von denen ich jedoch nur die eine erwahne, welche sehr Jebendig entworfen und geistvoll skizzirt im oberen Theil die Freude der Seligen bei Christo und im untern die Qualen der Verdammtlen darstellt. Wir steigen nun noch die Treppe zur Emporkirche hinauf, um noch ein Paar interessante Bilder zu betrachten. Zuerst den grossen Christus, stehend auf Leinewand ge- malt, in der Linken die Wellkugel haltend, welche die Rechte segnet; das Ganze ist cinfach und voll Wiirde gehalten und besonders die Gewandung schén geworfen und griindlich studirt.— Unter den vielen Bildern des Martin de Vos, welche sich im Museum zu Antwerpen befinden, und die kiiralich einen Rei- senden an diese Capelle lebhaft crinnert haben, soll auch ein ahnlicher Christus sein, der namentlich eine gleiche glasern ge- malte Weltkugel halt, — Ich habe nichts aufgefunden, was mich bestimmen kénnte, nicht auch dieses grosse Gemilde dem Vos zuzuschreiben. — Die Insehriften sind folgende: » Kann auch eine Mutter ihres Kindes vergessen? und ob sie 4ез- selbigen vergasse, so will ich doch Dein nicht vergessen. — Kommet her zu mir, die ihr mithselig nnd beladen seid, ich will euch trdsten — ich will each hehen, tragen, relten“. Weiter in der herzoglichen Loge ist die Siindfluth darge- stellt und gehért mit zu den besten Gemalden der Capelle. Unter den sehr sorgfillig behandelten Figuren des Vordergrun- des hat auch der Maler sein eigenes Conterfei angebracht und weist ganz vorne slehend, etwas grisser als dic anderen Leute, mit der Rechten auf die rettende Arche. Eine sorgfaltige Ver- gleichung dieses sauber gemalten Kopfes mit anderen bekannten Bildnissen des Vos muss in der Folge tiber noch ctwaige Zweifel, von wem diese kleineren Bilder herrithren, entscheiden. Hierza die Stellen: , Gott hat nicht verschonet der vorigen Welt, sondern bewahrle Noah, den Prediger der Gerechligkeit, selbachte und fihrete die Siind- fluth tiber die Welt der Gottiosen. In demselbigen ist er auch hinge- gangen und hat gepredigt den Geistern im Gefangniss die etwa nicht olaublten, da Gott einmal harrete und Gedull hatte zu den Zeiten Noah, da man die Arche zuriistele in welcher wenige, das ist 8 Seelen be- halten wurden durchs Wasser; welches nun auch uns seelig machet in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist“. Die iibrigen Bilder, unter ihnen noch 2 grosse, der Tri- umph Davids und die Verklérung Christi auf dem Berge Tabor, scheinen mir keiner weiteren Beleuchtung werth, und ich be- ende diese Beschreibung mit dem schénen Spruche, der sich unter Davids Bilde, auf Herzog Wilhelms Platze befindet: » Bins hatte ich gern, dass ich im Hause des Herrn bleiben modge mein Lebelang, zu schauen die schénen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel au besuchen“. Moge die. schéne Capelle in ihrer jetzigen Gestalt noch recht lange erhalten bleiben, vor jeder Neuerung und Restau- ration bewahrt werden und jedem sinnigen Beschauer ernst und trdstlich zum Herzen sprechen. Eiupterstiche. Von E. Mandel in Berlin ist kiirzlich ein Kupferstich voll- endet worden, welcher das Brustbild des unlingst zu Konigs- berg verstorbenen beriihmten Asitronomen F. W. Bessel vor- stellt. Der Stich ist im Ganzen etwas tiber 10% Zoll hoch und gegen 8 Zoll breit; ein engeres Oval, von 7% Zoll Hohe zu 63 Zoll Breite, schliesst das Brustbild ein. Die Arbeit des Sti- ches ist in derjenigen vollen Meisterschaft durchgefiihrt, die wir an Mandel bereits gewéhnt sind. Das dazu benuizte Ori- ginal zeichnet sich, wie es scheint, durch eine geistreiche, eigenthtimlich iuteressante Auffassung, aber wohl nicht in glei- chem Grade durch ein entwickelt feines Naturgefiihl aus. Wenn wir es gewiinscht hailten, dem Meister des Kupferstiches ein den kiinstlerischen Anforderungen vollkommen entsprechendes Originalwerk tibertragen zu sehen, so ist die Veranlassung doch in anderer Beziehung aller Anerkennung werth. Das Blatt ist nemlich fiir den nachst erscheinenden Band der astronomischen Beobachtungen der Sternwarle zu Kénigsberg, der Bessel lange Jahre mit so ruhmwirdigen Erfolgen vorgestanden, bestimmt; und wir kénnen somit von kinstlerischer Seite nur unsre volle Freude dartiber aussprechen, dass man diejenige kiinstlerische Ausstattung eines wissenschafilichen Werkes, die zugleich ein Denkmal héchsten wissenschafllichen Verdienstes sein sollte, auch nicht anders als mit Heranziehung des Besten, was die Kunst fiir diesen Fall zu liefern im Stande war, beschafft sehen wollte. PF. BK. Christus am Kreux nach einem Oclgemiilde des Fra Se- bastiano del Piombo, gestochen von F. Forster in Pa- ris, in Verlag von E. Arnold in Dresden. Wir haben hier ein in vieler Beziehung sehr merkwirdiges und ausnehmend schénes Blatt vor uns. Das Originalgemalde (das ich nicht kenne) befindet sich in Privatbesitz in Paris und scheint der Periode anzugehéren, in welcher Luciani die im- ponirenden Wirkungen Michel Angelo’s noch nicht ап seiner Kunst erfahren hatte. Es waltet darin ein grossartiger Natu- ralismus, ohne alle Uebertreibung in den Formen und Bewe~ gungen; cs ist das Bild der Vollendung des ,,Menschen Chri- slus“, an welchem weder Tod noch Leiden eine entstellende Macht ausiiben, oder eine andere Verinderung, als den Still- sland des Lebens hervorbringen konnten. Vollkommene Ruhe in den sanft zusammengesunkenen Knieen, in dem leicht iber- hangenden Oberkérper, in dem auf die Brust geneigten schmerz- losen Antlitz. Ein in der héchsten Einfachheit der Darstellung bei grosser Meisterschaft in den ktinstlerischen Milleln unend- lich rtihrendes Bild. Den Stich betreffend, so ist er nicht nur