417 zum Maassstab dienen lasst, finden in dieser Lieferung gleich- massige Vertretung. Sie beginnt mit einem Schnitt von Nicold Boldrini, einem Maler und Formschneider, der zu Anfang des 16. Jahrh. lebte und héchst wahrscheinlich ein Schiiler Tizians war, Nach einer Handzeichnung dieses Meisters hat B. auch die mitgetheilte ,Ruhe der heil. Familie auf der Flucht nach Aegypten® gefertigt, cine Composition von grosser Lieblichkeit und idyllischer Schénheit. Im Mittelgrunde, unter schattendem Buschwerk, hat sich die Mutter gelagert, um dem Kinde die Brust zu reichen. In der Ferne sieht man unter einem Haus thor den Joseph beschaftigt, das Thier fiir die Weiterreise zu risten. Die ruhig lachelnde Maria, die stille Landschaft um~ her, Alles trégt den Stempel glicklicher Geborgenheit, und man muss bewundern, wie der Meister von Venedig mit so einfachen Mitteln sein ganzes Wesen auszusprechen und eine solche Fiille von Liebreiz zu entfalten verstand. Der Schnilt ist ganz in der Art von Boldrini und wir dirfen daher vermu- then, dass Kriiger sehr treu copirt hat. Das zweite Blatt ist héchst interessant und dusserst selten. Es ist das einzig bekannte Produkt der Maria von Medici, der Ge- mahlin Heinrich IV. Papillon, Traité I, 260, erwahnt, dass die Konigin in ihrer Jugend das Brustbild einer rémisch frisirten Dame in Holz geschnitten habe, mil der Unterschrift: Maria Me- dici f. MDLXXXVIT und fiigt hinzu, dass das Blatt von der Ké- nigin selbst geschnitlen sei: ,,o7avé par la rayne Marie au bouest“. Das Bildniss zeugt von einer bewunderungswirdig sichern Handhabung des Werkzeugs und ist von kraftig stren- ger Ausfthrung. Flegel hat es nachgebildet. Es folgen nun drei Blatter aus deutscher Schule. Zuerst Albrecht Altdorfer’s , heil. Hieronymus in der Héhle*, eine eigenthiimlich romantische Composition. Das Felsgestein in sei~ ner phantastischen Formation mit dem heranterhangenden Moose, die zierlichen, lieblich hellen Durchblicke in’s Freie, welche die kleinen Oeffnungen gewahren, die Leiter, die da hinauffihrt, der wohlgeordnete Bet-Apparat des Heiligen, mit Bibelbuch, Licht und Kruzifix; dann dieser selbst, wie er da kniet mit so in~ stindiger Geberde und der Léwe in ehrerbietiger Entfernung, mit scheu gesenkiem Haupt — es liegt in ali’ Diesem cin so sinniges poetisches Wesen, dass Einem das Blatt sehr an- zichend sein kann. Wir konnten die Copie von Kritger mit dem Original vergleichen und miissen das Zeugniss ablegen, dass sie in der Hauptsache: in den beiden Figuren und dem Charakter des Ganzen sehr getreu ist. Heinrich Aldegrever ist dann durch ein dusserst seltenes Blatt vertreten. Es stellt Pyramus und Thisbe vor und rihrt von der Ceronischen Kunstsammlung in Briinn her. Jetzt be- findet es sich in der k. k. Hofbibliothek zu Wien. Die Copie — von Krtiger — ist nach ciner Federzeichnung gefertigt. Den Beschluss macht Meister Lukas Cranach, tiber den Schuchardt in Weimar jetzt eben ein Buch herausgegeben hat, auf dessen Lektiire wir alle Ursache haben, sehr begierig mu sein, da grindliche Untersuchungen geboten zu werden scheinen. Мисе!Шей sind hier drei Blatter aus der ersten Aus- gabe des Wiltenberger Heiligthumsbuches: Dye zaigung des hochlobwirdigen hailigthums der Stifft kirchen aller hailigen zu wittenberg. 1509. in 4. Das Hanptbild ist, wie die Beschrei- bung sagt: ,¢in silberé Bild sant margarethe‘. Die Heilige steht mil einem Palmazweige in der Hand neben einem Drachen, den sie zu beherrschen scheint, Das Ganze ist die Abbildung der Deckelhandhabe von einem Gefass, worin die Reliquien von der Heiligen aufbewahrt wurden, namlich: ,xxvj partickel von dem Gebein sant Margarethe, ein particke! von dem Ruckbeyn und ein Zahn von sant Margaretha*, wie das Buch vermeldet. Eine Vergleichung mit dem Original zeigte uns, dass Flegel treu und im Charakter des Meisters gearbeitet hat. Ftr die beiden Engel, die ausserdem beigegeben sind, fehlte uns die Gelegenhcit zum Vergleich, da diese — kleine Schildhalter, mit den Kurfirstlich -Sachsischen Wappen — dusserst selten vor- kommen und sich wohl nur in sehr wenigen Exemplaren des ohnehin selienen Buches vorfinden. Desto dankenswerther ist die Mittheilung hier, zumal, da es allerliebste naive Figiirchen sind. Wir empfehlen das so gediegen fortschreitende Unternehmen Weigels der wairmsten Theilnahme unserer Leser. м. =. Meitung. i Berlin. Landschaften von Balke. Der Reilte vou norwegischen Kiinstlern, welche unser geehrter Mitarbeiter in Norwegen vor Kurzem den Lesern vorfihrte, haben wir obigen Namen hinzuzufiigen. Wir sahen eine sehr reiche Sammlung skandinavischer Gegenden aus Hrn. Balke’s Mappe, skizzen- haft frisch in Ocl auf Cartonpapier geworfen, voll Lebendigkeit und Wirkung. Es ist jetzt in der Landschaftsmalerei die Zeit der ungewohnlichen Gegenden und der wo méglich noch un- gewohnlicheren Beleuchtungsmomente derselben. Hr. B., indem er zwar sein Vaterland gab, ist in letzterer Bezichung der herr- schenden Richtung, die der Virtuositat ein so grosses Feld er- dffmet, gefolot. Aber es ist ohne gewaltsame Effecthascherei und mit einem klaren Auge fiir den Farbenvortrag der Natur geschehen. Es ist, als ob er von der Oberfliche ihres bunten Spiegels die Farbc heruntergeschépft und auf das Papier gelegt habe, eine Anschauung, die durch den sehr pastosen Vortrag unterstiitzt wird. Dieser ist dabei héchst einfach und beurkundet eine grosse Sicherheit im Berechnen der Fernwirkung der Far- ben und ihres Zusammenhaltens. Perspectivische Tiefe vermehrt den poetischen Reiz dieser Gemalde. Das Nordkap in der mar- chenhaften Beleuchtung der Nordlichtsfackeln oder der trau- merischen Nachtsonne, Lappland mit seinen Rennthieren, die Gletscher bei kiihlem Tagesschein, die Fjorde im Nebelspuk des Mondes; von Staidten: Stockholm, Copenhagen, Christiania, Hammerfest, Friedrichshall, Drontheim u. s. w., meist in der ungewohnlichen Beleuchtung der scheidenden Sonne oder des Mondes, das sind die Gegenstinde, die den Darstellungskreis der Blatter bilden. Sie sind von sehr verschiedenen Dimen- sionen, gehen bis zum kleinsten Albumformat herab und wer- den von dem Kiinstler zu den Preisen von 14 Thir.— 20 Thir. verkauft. Enslen’s Rundgemalde. Die perspectivischen Rund- gemilde von Enslen haben einen weitverbreiteten, wohlver- dienlten Ruf und bewahren ihn auch in dem jetat hier aufge- stellten Cyclus. Zundachst erfreut die Wahl des Dargebotenen, die mit entschiedenem Sinn fiir historische, namentlich kunst- historische Bedeutung gemacht ist. Man sieht vor Allem Rom, vom Gipfel des Kapitols, und zwar in solcher Ausdehnung nach den verschiedenen Himmelsgegenden hin, dass nur ein sehr kleiner Theil fehlt, die volle Kreisumsicht zu vollenden. Die Genauigkeit, womit hier die Denkmiler aller Zeiten aus der langen Geschichte, die tiber die ewige Stadt hingerauscht ist, eingelragen worden, ist wirklich héchst bewundernswerlth. Die- selbe Treue der Auffassung zeigen die Piazza del Granducca in Florenz, mit dem pallazzo vecchio, der Loggia, dem Pallast degli Uffici u.s. w., das Forum von Pompeji, das eine sehr deutliche Vorstellung von der aus dem Leichentuche hervor- lauchenden rémischen Welt gewahrt, der grosse Canal von Ve- nedig. Die Aufnahmen gleichen in dieser Hinsicht und in Be- tracht der gliicklichen Linear-Perspective lebensgrossen farbigen