Kurt Lola. Organ der deutschen Kunstvereine. Zeitung fiir bildende Kunst und Banknnst. Unter Mitwirkung yon Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Sechnaase in Berlin — FGyster in Minchen — Ejiitelberger v. Edelberg in Wien Ae 2. herausgegeben von Dr. F. Eggers in Berlin, Sonnabend, den 8. Januar. Jubalt: Peter von Cornelius’ Carton von der Auferstehung. Fr. Eggers. — Die Ehrenpforte Albrecht Diirers. Graf Axel Bielke. — Kunstwerke des Mivelalters in Osnabriick. I. (Sehluss.) W. Libke. — Plastik, Portrait-Medaillon Kaulbach’s von Bernhard Afinger. Е. Е. — Lithographie, Die Вибе auf der Flucht nach Egypten, yon Schertle. Fr. Kugler. — Kunstliteratur. Verzeichniss meiner Kupferstichsammlung etc. von Joh Gott. darin, dieselben aus der Blithe des ersten Entwurfs in klein- stem Maassstabe, aufwachsen zu lassen zu den Prachtgebauden kolossaler Cartons, welche auf die Mauer warten, die ihre Uebersetzung in Farbe tragen soll. Gerade die originalsten und gewaltigsten Compositionen, die zur Offenbarung, hat der Kiinstler zuerst in Angriff genommen. Die vier apokalyptischen Reiter sind durch den vortrefflichen Stich Thiter’s schon Volks- eigenthum geworden. Die Liinette dazu, die Ausgiessung der sieben Schalen des Zorns, so wie die Predelle, welche drei Werke der christlichen Barmherzigkeit darstellt (Besuch der Gefangenen, Tréstung der Traurigen, Berichtigung der Irrenden), sind ebenfalls im Carton vollendet. Demnachst wurde schon ferlig das Bild von dem neuen Jerusalem mit seiner Ltnette, die den Sturz des Satans, und seiner Predelle, welche die Spei- sung der Hungrigen enthalt. Endlich eine der acht kolossalen Nischengruppen: ,,Selig, die da hungert und diirstet nach der Gerechtigkeit“ — und neuerdings das dritte Hauptbild: die » Auferstehung’. Mit dem vierten Hauptbilde, dem Sturze der babylonischen Hure, ist der Meister chen beschafligt. Wir wollen also heule den Carton von der Auferstehung be- trachten, welcher ebenso durch die grossarlige Einfachheit und Gewaltigkeit seiner Conception, als durch Starke und Innigkeit des Ausdrucks einen tiefen ergreifenden Eindruck tibt. Der dieses Werk geschaffen, ist derselbe titanenhafte Geist, der den Homer in Farben nachgedichtet und der unserm gréssten Dichtergeiste unsere Nationaltragédie nachempfunden hat, der mit Dante durch die Himmel und die Héllen gefahren ist, der schon einmal auf dem gréssten Bilde der Welt die Fluth des Fleisches heraufbeschworen und in zwei Theile getheilt hat, nachdem die siebente Posaune das drilte Wehe gerufen, und der nun den Inhalt dieses grossen Tages zusammengefasst hat zu einem einfach starken Bilde: in 21 Figuren die ganze tiefe Summe von Gefihlen und Gedanken, die darin liegt, wenn man den jiingsten Tag nennt. Die Scenerie ist draussen auf Felsen, von denen sich ein Vorsprung, auf welchem der Engel des Gerichts ruht, im Mit- telgrunde schroff und steil erhebt, von wenigem Gras der Er~ den bekleidet, ,,von dem ihnen gesagt ward, dass sie es nicht beleidigten“. Es hat diese Scenerie schon eiwas Tiefernstes, 9 von Quandt. Dr. W. Ackermann, Prof. — Zeitung. Berlin. — Kunstvereine. Regensburg (Schluss). — Kunstanzeige. Peter von Cornelius’ Carton von der Auferstehung. Wir finden auf dem Gebiete der religidsen Kunst, welche uns eben jetzt vorzugsweise beschafligt, in unserm ndchsten Umkreise kein hervorragenderes Beispiel einer grossartig tiefen Auffassung bei einer gesunden naturalistisch - realen Darstel- lungsweise, als die Cartons, in welchen der Meister Cornelius namentlich die letzten Dinge nach der Offenbarung Johannis behandelt. Es durfte vielleicht befremden, dass wir gerade dieses naheliegenden Beispiels nicht in voraufgegangenen Auf- sitzen gedachten, aber man ist so sehr gewohnt geworden, sein grosses Werk, das Campo Santo, als Ein Ganzes zu be- trachten und man findet dem Entwurfe gegeniber so Vieles zu sagen, dass uns eine kurze Andeutung selber ungeniigend vor- gekommen wire, abgesehen davon, dass wir uns die Schwie- rigkeit nicht verhehlen, den ganzen Mann in zwei Worten zu charakterisiren, ihm, so zu sagen, seine Formel zu geben, eine Aufgabe, zu deren Lésung ein tieferes Studium desselben und seiner Schépfungswerke erst schliesslich befahigen kann. Aber wir hatten bei jener Gelegenheit schon thun koénnen, was wir heute zu thun im Begriff sind, wir hatten auf einzelne seiner wunderbaren Cartons, z. B. auf den obengenannten, zuletzt von ihm ausgefihrten, hinweisen kénnen, um wenigstens darzu- legen, wie wenig wir auch auf dem Gebiete der religiédsen Kunst т unausfiihrbare Forderungen ecinstimmen, wie wenig unser Auge geschlossen ist fiir die wahrhaft grossen Leistungen, welche uns auf demselben entgegentreten, wie vielmehr in diesen Schépfungen Alles das enthalten ist, was wir, falls sie anerkennungswiirdig sein sollen, von ihnen erwarten. Freilich, wollen wir das Cornelianische Werk in Bezug auf die ebenfalls zur Erérterung gekommene Frage nach dem Verhiltniss des Kiinstlers zu seinem Stoffe behandeln, so versteht es sich, dass dabei das ganze Werk in’s Auge zu fassen ist, eine Arbeit, die wir uns eben so gern vorseitzen, als wir uns wahren Ge- nuss und wahre Ausbeute davon versprechen dirfen. Die Entwirfe des Meisters Cornelius zu dem Campo Santo dirfen wir bei den meisten unserer Leser als bekannt vorausselzen, Die Beschafligung des Kunsllers besteht jetzt ТУ. Jahrgang.