tive zu Statten kommt, indem das Auge an den reich geglie- derten Pfeilermassen, durch keine weiten Zwischenraume ge- hemmt, leicht vorwarts dringt, bis es einen Augenblick von der weiten, hohen Kuppel der Kreuzung gefesselt wird und dann im hohen Chor den Endpunkt der Bewegung erreicht. Auffallend ist, dass die drei Gew6lbe des Langhauses eben- falls Kuppeln sind, die jedoch durch vorgelegte Verzierungs- Kreuzrippen, wie oft in Westfalen geschieht, den Anschein von Kreuzgewélben gewinnen. Jede obere Schildwand schliesst zwei Fenster ein, die gleich den &brigen Fenster- und Thiiréffnungen noch rundbogig geschlossen sind. Die Seitenschiffe dagegen, die durch Kreuzgewdlbe mit rundstabigen Rippen und kraftigen Quergurten bedeckt werden, haben in jeder Schildwand ein Fenster. Die Steigung, die zum hohen Chore fihrt, besteht aus zehn Stufen und lasst das ehemalige Vorhandensein einer Krypta vermuthen. Dass das milttlere Quadrat des Kreuzschiffes zum Chore gehérte, erkennt man aus den niedrigen steinernen Balustraden, welche dasselbe von den Seitenarmen sondern. An der Aussenseite haben diese Briistungsmauern eine Reihe von Saulchen mit sehr reich.und zierlich gearbeiteten Kapitélen im Style spatromanischer Zeit. Leider ist dies der einzige Rest alter Skulptur im Dome, der indess einen Schluss gestattet auf die Behandlung der um die Milte des vorigen Jahrhunderts ganz mit Stuck in Rococoformen tiberzogenen Kapitéle des tbrigen Baues. Dies Schicksal theilt der Osnabriicker Dom mit dem Hildesheimischen, Nur die Pfeilerbasen sind unangetastet ge- blieben. Sie bestehen aus den Elementen einer breitgedrick- ten, tiefausgekehlten altischen Basis, die mit Eckblattern ver- sehen ist und noch mehrere andre Gliederungen unter sich hat. Die Durchfiihrung des Chores und Kreuzschiffes unterschei- det sich in manchen Punkten von der Behandlung des Lang- hauses derart, dass man die dstlichen Theile als die zuletzt umgebauten zu betrachten geneigt ist. Zundchst sind alle For- men schlanker, aufstrebender, was auch mit der grésseren Hohe der Gewdlbe zusammenstimmt. Die Pilasterecken des Chores haben eine feine Einkerbung, die Gewdlbtrager beste- hen aus gebiindelten Sdulen (nur im nérdlichen Kreuzfliigel sind es einfache Ecksdéulen), die Fenster der Chorwande sind weit schlanker, wenngleich noch rundbogig, und das mitllere der zu je drei gruppirten ist betraéchtlich héher; die Siulchen und Rundstébe, welche dieselben umfassen, haben jene Ringe im Scheitel, welche cin Zeichen spater Uebergangszcit sind; die Gewélbe selbst sind achttheilig, indem vom Schlusssteine noch vier Rippen ausgehen, die jede Kappe halbiren; endlich haben die Rippen des Chores und der Vierung jene schildartigen Ver- zierungen der Uehergangszeit. Auch. das muss hier erwahnt werden, dass der Chor quadratisch schliesst, wie in Westfalen fast alle Bauwerke dieser Periode. Die Wande des Chores sind unten durch Arkaden belebt, welche auf Wandsaulen ruhen, oben durch eine Galerie durchbrochen in der Art, wie man im Chore des Doms zu Minster und zu Minden und an vielen andern Orten findet. Dies sind Zeichen yon einem Streben nach leich- teren, schlankeren Verhaltnissen. In spatgothischer Zeit hat gerade die dstliche Partie des Gebiudes vielfache Umgestal- tungen erfahren. Die hauptsachlichsten bestanden darin, dass man den Giebelwinden des Kreuzschiffes ein grosses Spitzbo- genfenster gab, die Seitenapsiden abriss und dem Chor einen Umgang sammt Kapellen anfiigte, wodurch wohl die Grésse, nicht aber die Wiirde des Baues vermehrt wurde. Gchen wir nun zur Betrachlung des Aeusseren Uber, so wird es zunachst von Interesse sein, das verschiedene Alter der einzelnen Bautheile mit neuen Beweisen zu erharten. Der wichtigste muss aus der Art geschépft werden, wie der wesl- liche Thurmbau mit dem Langhause zusammenhingt. Da springt nischen und dekorativen Inhalts ganz anspruchlos versteckt, aus den Handen des einen zum andern der verschiedenen Con- servatoren des Museums bei mehreren Inventirungen beach- iungslos ibergegangen, ist es so ein Jahrhundert lang stehen ge- blieben, bis die Wissbegierde eines schwedischen Kunstlieb- habers, der neulich diese in Vergessenheit gerathenen Facher der Sammlung zu untersuchen sich vornahm, die erfreuliche Entdeckung veranlasste und somit diesen verborgenen Schatz ans Tageslicht brachte. — Auf der einen Seite des ledernen Bandes steht in Gold gedruckt: ,Carl Gustaf Tessin“. Der Graf Tessin, in seiner Zeit als ein beriihmter Kunstfreund bekannt, war zuerst Gouverneur des schwedischen Kronprinzen, des nachherigen Kénigs Gustav III., wurde spater (1739 —41) als Gesandter bei dem franzésischen Hofe angestellt, wo er in Pa- ris eine sehr bedeutende Sammlung von Kupferstichen und Hand- zeichnungen sich zu erwerben wusste, die letzteren meistens aus der bertihmten Sammlung des Marquis de Crozat, welche um dieselbe Zeit in Paris versteigert wurde. Ob der Graf das hier erwahnte Exemplar der Direr’schen Ehrenpforte aus Paris mitgebracht, oder ob er es anderswo, frither oder spater er- ВаНеп hat, lasst sich jetzt nicht mehr ermiltelIn; da nachher der grésste Theil der Sammlung des Grafen Tessin in Besitz des kénigl. Museums durch Ankauf tbergegangen ist, war die Eh- renpforte wahrscheinlich mit dabei. Aus derselhen Sammlung ist zugleich ein anderes Werk von beinahe eben so grosser Seltenheit in das schwedische Mu- seum gekommen: der ,Triumph* von Hans Burgkmair, wovon sich ebendaselbst zwei Exemplare befinden, das eine aus 76, das andere aus 40 Blattern bestehend, das letztere leider co~ Jorirt, aber von trefflicher Conservation, die Colorirung mit grésster Sorgfalt ausgefihrt und in schénen Farben mit Gold belegt, vielleicht nach dem in der kaiserl. Bibliothek in Wien befindlichen, auf Pergament gemalten Exemplare, welches jedoch der Referent nicht gesehen hat. Basan, in seinem Catalog iiber die Sammlung Marielte’s, hat schon das hier besprochene Exem- plar erwahnt, wie auch Bartsch in seinem Peintre Graveur Vol. 7 pag. 234 angegeben hat. Stockholm. Graf Axel Bielke. Kunstwerke des Mittelalters in Osnabriick. Von W. Lithke. 1. (Schluss.) Das Pfeilersystem des Langhauses ist zwar ein ausgebildet romanisches, weicht aber in der Gliederung von den in jener Zeit ablichen Zusammensetzungen in wesentlichen Punkten ab. Charakteristisch ist némlich, dass eine Menge von Pilasterecken auf cinander folgen, waihrend der Gebrauch der Saulen dagegen beschrankt erscheint. Nur nach der inneren Pfeilerseite ist eine krafiige Halbsdule vorgelegt, deren Rundung als Wulst auch den Arkadenbogen begleitet; sodann sind schlanke Eck- sdulchen als Trager sowohl der Kreuzrippen, des Mittelschiffes als auch des Seitenschiffes angeordnet. Von den Pilasterecken aber geht eine Vorlage des Arkadenbogens aus, sodann noch ein grosser Rundbogen, der je zwei der spitzbogigen Arkaden umfasst. Diese selten gefundene Anordnung belebt in schéner, organischer Weise die sonst etwas monotone Flache der Ober- wand. Durch alle diese Vorlagen haben aber die Pfeiler eine Stérke bekommen, die besonders bei den zugleich als Trager der Miltelschiffgewélbe fungirenden fast der Breite des Seiten- schiffes gleichkommt und dem Baue den Charakter der Strenge und Herbigkeit aufdriickt, zugleich freilich der Langenperspec-