Ich habe noch der siidlich gelegenen, sehr зспбпеп ипа
geriumigen Sakristei zu erwaihnen, deren vier KreuzgewOlbe
auf einer kraftigen romanischen Biindelsdule zusammentreffen.
Das Kapital der Séule, zwar vielfach tiberweisst, scheint eben
so reich als schén gearbeitet.

Sehr ausgedehnte Kreuzgiange schliessen sich in drei
Fliigeln an den stidlichen Theil der Kathedrale. Der dstliche,
ans Kreuzschiff stossende Theil ist der altere: rundbogige Kreuz-
gewélbe ohne Quergurten setzen auf einfachen Konsolen auf;
die kleinen Saulchen, welche die Durchsicht nach dem Garten
vermitteln, haben schlichte kubische Kapitéle und werden durch
Rundbégen verbunden. Dieser Theil wird also der ersten Halfte
des XII. Jahrh. angehéren. Die beiden anderen Fligel werden
mit dem Umbaue der Kirche gleichzeitig sein, also um 1200
fallen. Sie haben an den Schildbégen und den Verbindungen
der Sdulchen den friihen Spitzbogen, die Gewélbe werden durch
Quergurte getrennt, die auf zierlicheren Konsolen ruhen, und
die Kapitéle der Saulchen zeigen die Glockenform der Ueber-
	cangszeil.
	Piastih.
	denn gleich in die Augen, dass die westliche Fagade auf einen
etwas schmaleren Schiffbau berechnet ist, und in der That hat
sich an der Nordseite der dem Thurme angranzende Theil der
alten Umfassungsmauer erhalten. Sie ist einfach die Fortsetzung
der Thurmmauer, riickt aber alsbald um 3! Fuss heraus, so
dass kein Zweifel an der Richtigkeit der oben ausgesprochenen
Vermuthung mehr walten kann. Ich mache beilaufig darauf auf-
merksam, dass ein ganz ahnliches Verhaltniss am Paderborner
Dom staltfindet. Die ganze Behandlung der verschiedenen Theile
stimmt mit der Thatsache eines spiteren Umbaues tberein. Das
alte Seitenschiff, wie es offenbar schmaler war, scheint auch
niedriger gewesen zu sein als das jetzige: daher das Héher-
fiihren des alten Mauerwerks, das sich von dem Zusatze we-
sentlich unterscheidet. Ferner ist der alte Mauertheil schmuck-
los, wahrend die neueren eine ausgedehnte, schén und reich,
wenngleich etwas schwer gegliederte Detaillirung zeigen. Diese
besteht zundchst in kraftig profilirten Lisenen, welche aus einem
Sockel aufsteigen. Hier miissen wir es als besonders lobens-
‘werth bezeichnen, dass die verschiedene Slirke der Lisenen
durchaus der der inneren Schiffpfeiler entspricht, so dass die
umfangreicheren Trager der Mittelschiffgewdlbe auch die kraf-
tigere Lisene als Begleiterin haben. So wird auf streng con-
struclive Weise das Innere bereits am Aeusseren vorgedeutet.
Jedes der also gebildeten Felder wird durch eine in kaum merk—
lichem Spitzbogen gewdlbte Mauerblende eingerahmt und aus—
serdem gegen das Dach durch einen Rundbogenfries geschlos-
sen. Der wesilichste Theil, wo ein altes, jetzt vermauertes
Portal liegt, hat an allen diesen Gliederungen reichen Skulptur—
schmuck von Wiirfelornamenten, Palmelten u. dgl.

Wahrend dasselbe System der Mauergliederung auch am
Kreuzschiffe sich bemerklich macht, zeigt die obere Mauer des
Mittelschiffes eine etwas verschiedene Behandlung, die indess
ahnlicher Elemente sich bedient. Die Fenster, die paarweise
zusammengeordnet sind, haben als Einfassung Saiulchen mit zier-
lichen Kapitalen, aus denen Rundstabe sich aufschwingen. Da
nun hier die Lisenen den Abstand der Miltelschiffgewélbe inne
halten und zwischen ihnen und den gruppirten Fenstern noch
breite Mauerflachen iibrigblieben, so hat man diese durch Blend-
fenster ausgefiillt, so dass der obere Theil des Baues in be-
sonders reicher und edler Weise organisch belebt erscheint.
Das Ganze krént auch hier ein Bogenfries. Minder elegant ist
die dem Kreuzgange zugekehrte Siidseite behandelt; dass die
Nordseite die bevorzugte war, verdankt. sie ihrer Lage.. Der
siidliche Kreuzfligel hat zwei grosse Radfenster, und ein ahn-
liches liegt iber dem westlichen, in gothischer Zeit umgebau-
ten Portale. Die Thiirme haben vielfache Umgestaltung erlilten.
Der achteckige Thurm auf der Kreuzung, der aus einem leich-
ten, porésen, in der Gegend am Silberberg gefundenen Steine
gebaut ist, hat eine Erhéhung mit acht Giebeldreiecken erhalten,
deren Verzierungen den Stempel der Uebergangszeit tragen.
Aus derselben Zeit mag die Erhéhung des kleineren (nérdlichen)
der beiden Westthiirme datiren, sofern der spitzbogige Bekré-
nungsfries hinreichende Gewahr hierfiir bietet. Die abscheu-
liche Umgestaltung des siidwestlichen Thurmes, die den sonst
so imponirenden, ebenmassigen Charakter des Baues nicht we-
nig beeintrachtigt, mag spatgothischer Zeit angehéren. Beach-
lenswerth ist, dass dieser Thurm, gleich den Erhéhungen der
anderen Thirme aus einem ziemlich feinen, gyranlichen (Lii-
stringer) Sandsteine errichtet ist, wihrend der Kern des Baues
— Langhaus, Kreuzschiff und alterer Westthurm — aus einem
réthlichen, grobkérnigen, kiesartigen bei Iburg vorkommenden
Steine besteht. Das neue Listringer Material scheint gegen
Ende der Uebergangsperiode in Aufnahme gekommen zu sein
und bleibt in der Folgezeit ausschliesslich in Anwendung.
	Portrait-Medaillon Kaulbach’s. Von Bernhard A fing er.
5 Zoll Durchmesser. Preis: in Bronze 3 Fr.d’or. In Elfen-
	heinmasse mit Holzrahmen £Thir. т Gips 13 Sgr.
	Auf eine meisterhafte Art hat der geschickte Ktinstler in
Form und Ausdruck den interessanten Kopf des berithmten
Malers wiederzugeben verstanden. Es war dies bei der Be-
weglichkeit des Ausdrucks, der den tiefsten, ja schmerzvollen
Ernst, den lustigsten Humor und Reinecke-Ironie nacheinander
abzuspiegeln im Stande ist, keine geringe Aufgabe. Afinger
aber hat mit sicherem Auge und kundiger Hand diejenigen
Linien und Formen aufgefasst, welche das Genie gezeichnet
und modellirt hat und so in dem Kopfe einen Abglanz dessen
gegeben, was auch in den Werken des Kiinstlers ewig sein
wird. Das Relief bildet in Grésse und Richtung des Gesichis
ein vorireffliches Gegenstiick zu dem, welches den Meister Rauch
vorstellt und womit Afinger im vorigen Jahre die Verehrer und
Kunstfreunde erfreute. An dem guten Gelingen der Bronze-
giisse hat, wie wir vernehmen, der Ciseleur August Mertens
einen anerkennungswerthen Antheil. Wir erwahnen dies um
so lieber, als dieser geschickte und bescheidene Mann neben
einem schénen bildnerischen Talent, das er in Rom, Wien und
Paris zu férdern suchte, auch das seltene Talent besitzt, mit
Fleiss und Hingabe und mit Achtung vor der Originalitat das
	Kunsiwerk des Andern zu erfassen und zur Erscheinung zu helten.
Е. EK.
	О.А воотарте.
	Die Ruhe auf der Flucht nach Egypten, Jo-
seph Heinemann inv., V. Schertle lith. Verlag und
	Eigenthum von V. Scherile in Frankfurt a. M.
	Eine weibliche Gestalt, zart und edel, langgewandet, bar-
fiissis, das Haar mit einem Schleier bedeckt, liegt schlafend,
	gegen cin Felsstiick gelehnt, das Haupt ein wenig zurlickge-
wandt. In den Armen, mit ineinander gefalteten Handen, halt
	sie ein schlafendes Kindchen, dessen Unterkérper in ein 4eug-
stiick gewickelt ist. Yhr zur Seite, auf den linken Arm sich
aufstiitzend, silzt eine gleichfalls langgewandete Fligelgestalt,
die liebevoll auf die schlafende Frau blickt und mit der Rechten
einen Palmzweig tiber ihrem Gesichle halt, sie damit gegen die