Aeitung
	fir bildende Kunst und Bankunst,
	Or gan
der deutschen Kunstvereine,
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlm — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Schnaase
in Berlin — Frster in Miinchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
	herausgegeben von Dr. F.. Begers in Beflin.
	Sonnabend, den 22. Januar.

1853.
	 

 

 

 

ЕЕ TE A вании
Inhalt: Die sonntaglichen Ausstellungen in der Kunsthalle zu Bremen. (Schluss.) — Ueber den Gang der christlichen Kunst in Spanien, von J. D.

Passavant. — §teindruck. Luther die Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg anschlagend, yon Hermann Heidel. F. E. — Kunstliteratur.

Notice de Emaux exposés dans les Galeries du Musée du Louvre, par M. de Laborde. F. Kugler. — Zeitung. Diisseldorf. Kéln. Dessau, Leipzig.
Newyork. — Kunstvereine. An die Redaktion des deutschen Kunstblattes in Berlin > von Franz Grafen von Thun in Wien.
	Die sonntaglichen Ausstellungen in der Kunsthalle
zu Bremen.
(Schluss.)
	Landschaft: Kalkreuth. Rausch. K. Hilgers. Triebel. v. d. Eycken.

Pape. Burnier. A. Weber. Scheins. — Marine: Hulk. Weiss. Ed. Schmidt.

H. Mevius. — Architekturbilder: Minjon. Hermann. — Thiergenre:
E. Verboeckhoven, — Fruchtstick: Preyer.
	Wen wir das Gebiet der Landschaft von der Seite der
subjectiven Lyrik betreten, so gedenken wir billigerweise zu-
naichst des Grafen Kalkreuth, in dessen , Schloss Gotting bei
Salzburg“ wir abermals die Einfachheit und Lieblichkeit der
Conlouren, die Feinheit der Betonung und die Trefflichkeit der
Lufiperspective bewundern, wenn wir auch die Detaillirung der
einzelnen Flachen ausdrucksvoller und belebender und den auch
hier vorherrschenden grinlichen Grundton geringer gewiinscht
hatten. Ihm einigermassen verwandt ist Rausch in Dissel-
dorf, dessen diesmalige Schweizerlandschaft, worin die harte,
undurchsichtige Wasserflache mit ihren unnatirlichen Lichtre-
flexen die schwachste Seite ist, von mehreren seiner friheren
Bilder tibertroffen wird. — Eine wahrhaft poetische Stimmung,
sowie ein nicht minder feiner Takt fir Schénheit der Modelli-
rung und angemessene Detaillirung der Flichen spricht sich in
K. Hilgers’ ,Gebirgslandschaft, Motiv aus Helsungen am Harze“
aus. Nur ein Felsen ,kahl und bloss* nimmt den ganzen Mit-
ielgrund ein, aber wie er da liegt in seiner Form und Farbe
und seiner, ndchsten Umgebung des Vordergrundes ist es ein
ganzes Bild. Nur ein Ton in der naturwahren, wir méchten
sagen Leu’schen Farbung des Vordergrundes, namlich der des
abgebrochenen Baumstammes, scheint uns ebenso sehr mit der
Naturwahrheit, als mit den tibrigen Ténen des Bildes im Wider-
spruch zu stehen.

An diese Subjectivitit der Empfindung schliesst sich eine
Subjectivitat ganz anderer, unerfreulicherer Art an, namlich
die rein selbst geschaffene Darstellungs— und Betonungsweise
	Triebel’s, der zwar dieses Mal, in der ,Partie bei Salzburg“,
	weniger bunt im Vordergrunde, aber dafiir in den Motiven et-
	was plump und unerquicklich ist und in der Farbung einen fast
ТУ Jahrgang,
	noch ungesunderen, schleimig griineren Grundton herrschen
lasst als friher. Auch v. d. Eycken in Briissel erscheint uns
abermals (,,Landschaft mit Viehtrift*) in seiner ihm eigenen,
scharf ausgepragten Voriragsweise, aber in einer ungleich ge-
sunderen und erfreulicheren. Mit der héchsten Zartheit und
Feinheit der Linien und einer poetischen Auffassung des Ganzen
verbindet er einen gewissen herbstlich gelben Grundton. Wenn
nur die Behandlung des Laubes der Baume im Vordergrunde
	‘weniger kKleinlich und prickelig ware!
	* Kine objective Saite schlagt dagegen Pape in seiner ,,Wald-
Jandschaft** an, da er es sich hier, wie in seinen friheren Bil-
dern, mit denen er uns erfreute, zur Aufgabe geseizt hat, mit
der erhabenen Schénheit der einsamen Waldgegend die getreuste,
aber dabei auch acht kiinstlerische Naturwahrheit im Colorit
der Baume zu verbinden. Zu diesen beiden Momenten der
Darstellung kommt sodann als drittes bei ihm eine meisterhafte
Technik im Ton wie in der Perspective. — Fast ebenso ge-
lungen méchten wir R. Burnier’s ,,Landschaft, Motiv aus
Gelderland“ bezeichnen, wo wir nicht nur den Staub, den die
von einer kleinen Anhéhe heruntergetriebene Schaafheerde ver-
ursacht, sondern mehr noch die treffliche Beleuchtung lobend
erwahnen, uns aber zugleich gegen die bizarre Zeichnung und
den sculpturartigen Farbenauftrag des Gewolks entschieden er-
kidren miissen.

Die uns auf dem Gebiete des Landschaftlichen noch tbrig
bleibenden zwei Mondbeleuchtungen sind um so beachtenswer-
ther, weil beide Kinstler darin, wenn auch auf verschiedene
Weise, aus ihrer gewohnten Sphare herausgetreten sind. Dass
nimlich A. Weber seiner winterlichen Mondscheinlandschaft
so grosse Dimensionen gegeben hat, ist unsres Erachtens kein
gliicklicher Griff. So sehr wir auch das Licht des in der
Mitte des Bildes durch die Waldéffnung scheinenden Mondes
und den tiberaus zarten, naturwahren Duft des Hintergrundes,
so wie die Zeichnung und Silhoueltirung der Baume bewundern
miissen, so tibertrieben ist die blaue Schneeflache des ganzen
Vordergrundes, so unangemessen sind auch, im Verhiltniss zu
dem Dargestellten, die Dimensionen des Bildes. Scheins da-
gegen, der sich unsres Wissens zu dieser Art landschaftlicher
	Darstellungen selfen versteht, hietet uns eine Waldpartie bei
a