Kuvtiblort.
	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	де1тЦи &
	fiir bildende Kunst по Baukunst,
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wicn
	herausgegeben von Dr. Е. Hegers in Berlin.
	Sonnabend, den 15. Januar.
	Anhalt; Die sonntaglichen Aysstellungen in der Kunsthalle zu Bremen. — Kunstwerke des Mittelalters in Osnabrick. Ul. W. Libke. — Radirung.
	Hom, von Carl Sprosse. F. E. — Zeitung. Berlin, Dusseldorf. Bremen. Paris, London. — Kunstvereine. Einladung des Rheinischen Kunst-
	vereins zu der Kunstausstellung in dem Jahre 18532.
	Die sonntaglichen Ausstellungen in der Kunsthalle
zu Bremen.
	Hlistorie: Steinbriick. Volckhardt. — Historisches Genre: A. Nor-
then. Wittkamp. — Genre: Camphausen. Houze. Canta. H. Ritter. Wie-
schebrink, Hoege. Gesellschap. v. d. Emde. Plischke.
	0. das Einzige, was ausser dem Slimmrechte in den Ge-
neralyersammlungen den Mitgliedern des Bremer Kunstvereins
(deren Zahl sich gegenwartig tiber 700 belauft) fir ihren jahr-
lichen Beitrag von 1 Friedrichsd’or geboten wird, die kleinen
sonntaglichen Aussiellungen sind, so ist es begreiflich, dass
von Seilen der Direction viel geschieht, um denselben durch
Herbeischaffung neuer Bilder oder Sculpturen, sei es unmittel-
bar aus dem Atelier der Kiinstler, oder aus anderen Ausstel-
lungen, oder aus hiesigem Privatbesitze Reiz und Interesse zu
gewihren. Auf diese Weise haben die letzten Winter dem Pu-
blikum, das wenigstens durch zahlreichen, sich auch tiber die
Graénzen der Milgliedschaft weit hinaus erstreckenden Besuch
die Bemtihungen der Direction vergilt, bereits eine ansehnliche
Zahl von Kunsischépfungen und darunter einige von hervorra-
gender Bedeutung vorgefiihrt, ja es scheint, als wenn, mit Aus-
nahme der den grésseren Ausstellungen vorangehenden Monate,
jeder Winter seinen Vorginger zu itbertreffen sucht. So hat
uns die erste Halfte des diesmaligen, neben einigen bemer-
kenswerthen historischen Bildern, die uns nach dem Schluss
der Berliner Ausstellung zugesandt wurden, vorzugsweise im
Gebiete des Genre und der Landschaft bedacht,

Ausser der bereits in Berlin (vgl. Vischer-Jahrg. No. 39)
ausgestellt gewesenen , Episode aus der Zerstérung Magde-
burgs* von Eduard Steinbrick, einem Bilde, dessen grosse
Schénheiten wir sowohl in der ganzen Composition, als nament-
lich in Gruppirung, Hallung und Ausdruck der sechs Jungfrauen
anerkennen, dessen einzelne Schwichen aber, 2. B. die Ver-
zeichnung beider Beine des vordersten Madchens mit gelbem
Gewande, und Unerklairlichkeiten, z.B. die halb ideale, der
damaligen Zeit wenig angemessene Bekleidung der Madchen,
‘uns nicht enlgangen sind, — hatte das historische Fach nur
	ein bedeutendes Werk aufzuweisen, namlich Volckhardt’s
1Y. Jabrgang. Л
	„осепе апз dem Bauernkriege 1925%, in welcher nach der Er-
stiirmung der Festung Weinsberg am sogenannten blutigen Oster-
tage die Vertheidiger der Stadt von den Bauern in die Spiesse
gestiirzt werden und die Gemahlin des Anfihrers der Ritter,
die Grafin Helfenstein, eine nattirliche Tochter des Kaisers Maxi-
milian, den Bauernanfithrer Jacob Rohrbach um das Leben ih-
res Galten anfleht, Beide erscheinen im vollen Profil. Mit dem
Kndblein auf dem Arme ist sie vor ihm hingesunken und er-
greift in ihrem Jammer seine Kniee. Man sieht an der Bewe-
gung und am Ausdrucke Rohrbach’s, der auf die im Mittel-
grunde bereits vor sich gehende Execution hochmithig hindeutet,
dass ihre Bitten vergeblich sind. Hinter ihr steht der tiber die
Demiithigung seiner Gemahlin erziirnte Graf; er ist bemiiht,
seine Bande zu zerreissen, wird aber von zweien der Aufstén-
dischen fortgezogen, in denen der Kiinstler seiner eigenen An-
gabe nach einerscits die gemeine Mordlust, andererseits den
religiésen Fanatismus zu charakterisiren suchte. Denn der Eine
ist zwar cin roher, wilder Mensch, mil einer blutbefieckten
Binde um den Kopf, doch tragt er unsers Erachtens den Cha-
rakter der Mordtust in den Gesichtsziigen weniger zur Schau,
als er miisste. In dem Anderen erblicken wir einen auch nicht
hinlinglich ausdrucksvollen Geistlichen, mit der bezeichnenden
Fahne, — eine Sonne mit Dreschflegel und Mistgabel, darunter
ein Bundschuh. Hinter den ebenfalls im Profil dargestellten
Grafen weiter rechts sehen wir dessen Pfeifer, Melchior Non-
nenmacher, der héhnend hinter ihm tanzt, in Miene und Be-
wegung aber auf seinen Herrn keineswegs hindeutet. Dann
macht rechts den Schluss die sogenannte schwarze Hofmannin,
jene fanatische Hexe, die bald darauf dem todten Grafen noch
das Messer in den Leib stésst; wahrend, gleichsam als Gegen-
gewicht gegen den Pfeifer, hinter dem Bauernanfithrer die Kam-
merfrau der Grafin kniet. Das sind die Figuren der Hauptgruppe
im Vordergrunde, wo wir, etwas gelrennt von den anderen, ganz
links noch eine knieende mannliche Gestalt finden, welche die
der Grafin geraublen Schmucksachen habgierig mustert und zu-
sammenpackt. Im Miltelgrunde rechis geht der Weg eine kleine
Anhéhe hinauf zum Thor der Festung, wahrend sich links im
Mittelgrunde das Sladtchen Weinsberg zeigt, vor dem in blau-
nebliger Ferne die Scene der Execution staitfindet, — So sehr
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