welche ihre Motive den kleinen Zustinden und Handlungen des werkel- oder sonntiglichen Lebens entlehnen und sie in ern- ster, oder, was éfter der Fall ist, in humoristischer Weise dar- stellen, heben wir nur wenige bemerkenswerthe hervor. H. Ritter, der sich bekannilich in lelzterer Zeit fast ausschliess- lich den Stoffen aus dem Leben der nordischen Strandbewohner zugewandt hat, und sie ebenso gut von ihrer tragischen wie yon ihrer heitren Seite aufzufassen weiss, gleicht hierin eini- germassen dem bekannten R. Jordan, obwohl er in der Tech- nik wesentlich von ihm abweicht. Gerade in dieser Beziehung verdient das Genrebild ,, Auch ein absoluter Monarch“ eben keine rihmliche Erwihnung. Auf cinem Stuhle sitzt ein lllicher Schiffer, der, mit der Brille auf der Nase und einem Zeitungs- blatte in der Hand, den Blick auf die zu seinen Fiissen aus einem Napfe fressenden Thiere richtet. Es sind Katze und Hund, Eichhorn und Papagei.. Rechts, einige Schritte entfernt, pickt ein Hahn Brolkrumen von der Erde. In dieser bunten Gesell- schaft schaltet der Monarch insofern unumschrankt, als er sie eintrachtig zu seinen Fiissen versammelt hat und jedem so viel bekommen lasst, als es ohne Streit méglich ist. Eine andere Idee wollte uns aus dem Bilde nicht hervorleuchten. Was aber die technische Behandlung anlangt, so ist der Kinstler bei bunt- scheckigen Farben in jener Manier der Zerrissenheit, die alle Scharfe der Contouren vermeidet, sehr weit gegangen, und hatte besser gethan, sowohl hierin sich zu beschrénken, als auch auf die Zeichnung der einzelnen Thiere, unter denen Katze und Eichhorn vollig misslungen sind, mehr Sorgfalt zu verwenden, — Auch Wieschebrink in Disseldorf, von dem ein in Mo- tiv und Zeichnung viel besseres Werk , der Genesende* auf der letzten grossen Ausstellung vom hiesigen Kunstverein angekauft wurde, ist in seinem Bildchen ,die beiden Freunde“ wiederum in den schon friiher an ihm bemerkten Fehler der Plumpheit in den Gestalten und der Wohlfeiiheit der Motive gerathen. Es stellt ein Kind dar, das in einem vorn verschliessbaren Roll- stuhle sitzt und einem vor ihm silzenden Hunde von seinem Bulterbrote abgiebf. Weit anziehender in der Erfindung und erfreulicher in der Darstellung ist Joseph Hoegg in Dissel- dorf, dessen ,heimlicher Raucher“, ein rothhaariger Junge, sich das Pfeifchen anziindet, welches ein schlafender, im Ausdruck hichst gemiithlicher Alter, vermuthlich sein Grossvater, in der auf dem Knie liegenden Hand halt. Man sieht’s dem Jungen an, wie ihn der erreichte Genuss des verbotenen, wenn auch vielleicht noch schlecht schmeckenden Krautes erfreut, und dem Alten sieht man’s an, dass schwerlich eine derbe Ziichligung erfolgen wird. Das Colorit der Wand des Hintergrundes halte bei dem im Bilde vorherrschenden réthlichen Grund\on warmer sein miissen. Unter den zwei kleinen Genrebildern von Gesellschap in Diisseldorf, ,das einsame Mitterchen* und , die erzdhlende Grossmutter*, gefiel uns besonders letzteres wegen der liebe- vollen Behandlung der von einem Oecellampchen beleuchteten Gruppe, die aus der Alten mit drei sie umgebenden Enkeln besteht. Aber in dem Beleuchtungscolorit ist der Kiinstler einestheils in den haufig bemerkten Fehler verfallen, dass das- selbe durch seine unnatiirliche Réthe sich von der Wahrheit entfernt; denn Lampen- und Kerzenbeleuchtung ist nie im Stande, weder den nahen, noch den entfernten Gegenstinden eine sol- che Rothe zu verleihen; andererscits auch in den Fehler, dass das Licht sich zu sehr auf die nichste Gruppe beschrankt und alle iibrigen Gegenstande des Zimmers zu dunkel erscheinen 18591, Ganz anderer Art ist der Fehler, auf den wir in den kinst- Jerisch und poetisch meistens unbedeutenden Bildern yon v. d. Emde aus Cassel aufmerksam zu machen haben. Seine ,Kin- der mit Feldblumen® sind mindestens noch besser charakteri- sirt, als die nichtssagenden , Kinder mit ihrem Thierkomidien- zettel*; in beiden Arbeiten aber ist das Landschaftliche so sichtbar zur Nebensache gestempelt, dass, wenn den Kindern nur etwas individuellere Ziige gegeben waren, man auf den Gedanken kame, es seien Portraits. Was die Farbung der Luft anlangt, so wollen wir uns bemihen, in der Wirklichkeit das violett-graue Gew6lk aufzufinden. Auch iber die beiden Genre- bilder von Lotz in Dusseldorf eilen wir lieber hinweg, weil sie fast ganz unter dem Niveau der ersten kinstlerischen An~ forderungen blieben, und machen mit dem freundlich anspre- chenden Bilde Plaschke’s ,,der Sonntag Morgen“ den Ueber- gang zur Landschaft. In Zeichnung und Farbung der auf dem Hofe vor ihrem Hause noch conversirenden Bauerngruppen, die sich zum Gange in die im Hinlergrunde sichtbare Kirche an- schicken, beweist sich der Kunstler als ein tichtiger, fleissiger Schiiler Carl Hiibner’s, von dem er bei mancher Aehnilichkeit in der Behandlung durch eine gewisse Sauberkeit, sowie durch den Mangel an crass aufgesetzten Lichtern, die sich bei Hiib- ner oft finden, abweicht, dessen geistreiche Darstellungsweise ihm freilich auch noch fehlt. In Bezug auf den allzu klar und scharf markirten Hintergrund kann man die Luftperspective nicht gelungen nennen. (Schluss folgt.) Kunstwerke des Mittelaiters in Osnabriick. Von W. Lithke. Тгаеп ии Бош @е Spuren eines Hinneigens zu schlanke- ren Uebergangsformen nur untergeordnet und gleichsam andeu- tungsweise auf, so begegnen wir demselben Streben in ent- schiednerer, mehr entwickelter Weise in der Tochterkirche des Domes, der Collegiatkirche р. Johannis. Gegriindet wurde dieselbe im Jahre 1011 durch Bischof Thetmar ). Es scheint aber, dass von jener frihen Anlage kein Rest sich erhalten habe; vielmehr muss die ganze Kirche vor und nach der Mitte des XIII. Jahrhunderts neu aufgefihrt worden sein. Daftir spricht wenigstens, beim Schweigen sammt- licher geschichtlicher Nachrichten, der Styl des Gebaiudes; ver- muthlich ging der Umbau des Domes dem Neubau der Johan- niskirche unmittelbar voran, wie die Vergleichung beider Kir- chen wahrscheinlich macht. Jedenfalls wird man unsre iiber die Bauzeit des Doms aufgestellten Vermuthungen nicht dadurch zuriickweisen kdnnen, dass man auf die Unwahrscheinlichkeit eines Verstummens der urkundlichen Aufzeichnungen hindeutet ; denn es ist tber alle Bauunternehmungen, die in Osnabriick nachweislich im Laufe 4ез ХШ. Jahrhunderts im Gange waren, — wie wir nachher noch mehrfach erkennen werden — keine Spur irgend einer chronikalischen Erwahnung aufgefunden. Der wie am Dome rechtwinklig geschlossene Chor und das kraflig ausladende Kreuzschiff tragen, namentlich in den Fenstern, Zeicher der Uebergangsarchitektur, wahrend das Lang- haus manche Merkmale fortgeschrittener Entwicklung bietet. Die Fenster der ostlichen Theile sind jene schmalen, jedoch schon spitzbogig iberwilbten, wie wir sie auch im Dome fanden, und zwar in Gruppen zu je dreien und — im Kreuzschiffe — je zweien angeordnet. Getrennt wird auch hier die Vierung von den Kreuzfliigein durch cine niedrige steinerne Brustwehr, de- 1) Erhard, Regesta hist. Westphal., dem auca die Daten wber den Dom entlehnt sind.