eingestehn — pflegt die gtinstige Vermuthung zu erwecken,
dass man es mit etwas Gediegenem, Zeitgemassem oder Prak-
tischem zu thun hat. Auch dieses Unternehmen entbehrt von
den genannten Vorziigen nicht. Die alte Roma ist allerdings
schon weidlich abportraitirt, malerisch und topographisch, stick
weise und panoramisch, mit Oel- und Wasserfarben, Grabsti-
chel, Radirnadel und Sonnenstrahlen, auf Leinwand, Kupfer und
Stein; keine Spur, welche die Zeit ihrer welthistorischen Phi-
siognomie eingrabt, bleibt unregistrirt. Dennoch hat dieses
Werk neben den vorhandenen derartigen, grésstentheils so an-
erkennungswerthen Bildwerken ein sehr begriindeles Recht der
Existenz. Denn einmal wird man hier in bequemen Heften von
nicht zu grosser Ausdehnung die merkwirdigsten Monumente
des Alterthums bei einandér haben, und dann wird man sich auf
eine besondere Treuc der Darstellungen ziemlich sicher ver-
lassen kénnen. Spricht schon die vorliegende erste Lieferung
diese Eigenschaften aus (sie enthalt das Foro Romano, die
Porta di S. Paolo, Ninfa und Terracina), so dirfen wir viel-
leicht die weitere Gewahr in einer Nachricht des verstorbenen
Fr. Osten (im Kunstblatt von 1846) finden, der eine ganze
Folge der zu erwartenden Zeichnungen sahe und eine etwanige
Herausgabe derselben auf das nachdriicklichste empfahl, indem
er sie als mit eben so richligem Sinn fir das Charakteristische
wie fir das Malerische der wunderbaren Baureste aufgefasst
und mit Genauigkeit und Fleiss gezeichnet riihmle. Dieses Ur-
theil kénnen wir in dem, was vorliegt, durchaus nur bestatigen
und wollen dabei an Sprosse’s grosse Radirung eines Panorama
von Rom in drei Blatlern erinnern, welche, von der Villa Lu-
dovisi aus aufgenommen, im J. 1848 erschien. — Das ist freilich
nicht in Abrede zu stellen, dass die Ausfiihrung mit der Nadel
mitunter etwas hart erscheint und dadurch der malerische Cha-
rakter der Darstellungen mehr in dem gewahlten Standpunkt,
als in der Ausfihrung liegt; doch tragt dies auf der andern
Seite nicht unangenehm dazu bei, den Blattern einen elwas
strengen Stempel zu verleihen, der sich zu den Gegenstanden
recht gut passt. Text ist weiter nicht dabei gegeben und mit
yollem Recht; die einfache Unterschrift geniigt hinreichend und:
wie Kénig Ludwig von den Ruinen Roms sagt:
	Stumm nur stehet ihr da fir die Menge; jedoch dem Geweihten
	Redet ihr laut, so dass Alles dariber verstummt.

г. E,
	“Zeitung.
	jene Hauptkirche der Stadt erbaut und bietet bei mancher Aehn-
lichkeit mit derselben doch auch vielfach Verschiedenes. So
sind auch hier drei gleich hohe Schiffe, aber die Breitenver-
haltnisse und die Pfeilerabstande sind wesentlich anders. Wa-
ren dort die Schiffe fast von gleicher Breite, so ist dagegen
hier das Mittelschiff fast doppelt so breit wie das seitliche.
Da nun die Gewélbe des letzteren ungefahr Quadrate bilden,
so ergiebt sich ein niheres Zusammentreten der Pfeiler, eine
schmalrechteckige Form der mittleren Gewélbe, eine minder
lichte, freie, dafiir aber helebtere Perspektive, ein rascheres
Eintreten der Intervalle. Die Gewdlbe sind hier wie dort Kreuz-
gewolbe, aber auch ihre Trager haben einige Verschiedenheit.
Zwar sind die Rundpfeiler der Katharinenkirche ebenfalls mit
je acht Diensten, vier starkeren und vier schwacheren, aus-
gestattet, aber sie haben die in ganz Westfalen nicht wieder
vorkommende Ausbildung, dass die Zwischenrdume der Dienste
ausgekehlt sind. Hierdurch wird die aufstrebende Tendenz noch
entschiedner, das Zusammenhalten noch straffer, die Wirkung
durch energischeren Schatten- und Lichlwechsel noch gehobe-
ner. Dagegen erscheinen auch hier die Pfeiler wie in S. Ma-
rien ein wenig schwer im Verhaltniss zu ihrer Héhe. Von
groésserer Einfachheit zeugt, dass die Kapitale durchweg schlichte
Glockenform ohne Laubschmuck haben. Das Fenstermasswerk
14556 die ausgebildeten Formen guter gothischer Zeit sehen.

Oestlich sind die Seitenschiffe mit gerader Mauer geschlos-
sen, und dass ein solcher Schluss auch an S, Marien ehemals
bestand, erkennt man dort noch jetzt an der diagonalen Stel-
lung der Strebepfeiler. Der Chor liegt in kurzem, aus dem
Achteck beschricbenen Polygon dem Mittelschiffe vor und hat
weiter nichts Bemerkenswerthes. Auch das Aeussere ist
schmucklos, gleich dem von S. Marien und hat wie dort Sei-
tengiebel, um das hohe, breite Dach zu verdecken. Der Thurm
ist jedoch hier in einem Gusse mit der Kirche erbaut und legt
sich westlich vor das Mittelschiff. Er steigt in vier Geschos-
sen auf, die durch Gesimse getrennt und durch kleine spilzbo-
gige Schalléffmungen durchbrochen werden, entbehrt also der
reicheren Belebung, wie die spatere Zeit sie durch prachtiges
Masswerk zu. bieten wusste.
	Ein interessantes, wenngleich bei bedeutenden Verhaltnis—
gen ziemlich schlichtes Gebaude ist das am Markte nahe der
Marienkirche gelegene Rathhaus. Abweichend von der an
solchen Gebauden in Westfalen sonst tiblichen Giebelarchitektur
folgt es mehr jener Anordnung mit vorwiegend horizontaler
Tendenz, wie sie z.B. am Giirzenich zu Kéln vorliegt. Das
Gebiude bildet ein umfangreiches Viereck, auf dessen Ecken
und Mitte kleine, runde Erkerthirmchen aufsleigen. Die Fen-
ster haben eine breite, spalgothische Form. In der Anlage des
Ganzen ist der massenhafte Charakter vorherrschend.

Noch erblickt man am Markt eine Reihe hoher, allerthiim-
licher Giebelhauser mit treppenférmig gebildetem Giehel. So
einfach indess diese sind, so reich und brillant stellen sich
einige in Fachwerkbau ausgefiihrle Fagaden der Renaissancezeit
dar, die durch das Ueberkragen der Stockwerke tber einander
lebendige malerische Wirkung erreichen.
	Фаине.
	Perl. Zu der Bewerbung um den von dem Kénige von Baiern
ausgesetzten. Preis fir den Entwurf einer Bildungsanstalt waren im
Ganzen vierzehn Architekten (zehn deutsche und vier franzésische) auf
den Kampfplatz getreten. Mehrere Minchner und andere Architekten
und Fachmanner waren die Schiedsrichter und ihre Preiszuerkennung
geschah in der einmithigsten Weise. Demgemiss hat nun auch der
K6nig dem von ihnen bezeichneten Project den ersten von ihm aus~
gesetzten Preis im Betrage von 4000 FI. zugesprochen und bestimmt,
dass, da von den weiter eingelaufenen Concurrenz-Arbeilen keine den
gestellten Anforderungen vdllig entsprochen habe und daher ein zweiter
und dritter Preis nicht zuerkannt werden kénne, die hierfir ausge-
setzten Belrige von zusammen 3500 FI, zu dem Zwecke verwendet
werden sollen, um von diesen Planen die besseren drei oder vier kauf-
lich zu erwerben, Die gekrénte Preisarbeit trug das Motto: ,, Labor
quoque voluptas est“* und zeigte bei der Oeffnung des Namenzeltels
als Urheber unsern Professor der Architektur Wilhelm Stier.
	PHerlut. Se. Maj. der Konig hat dem Verlagsbuclihindler Riegel
in Potsdam, in Anerkennung der Verdienstlichkeit fir die Herausgabe
grésserer architektonischer Werke, die grosse goldene Medaille mit
Allerhochstseinem Bildniss als Andenken verliehen.
	Rom. 40 Oniginatradirungen von Carl Sprosse. In

zehn Lieferungen. Erste Lieferung. Pr.: 1Thir. Leipaig,
Verlag von Georg Wigand.
	Kin Georg Wigand’scher Verlagsartikcl — das muss man