k6érperlicher Erscheinung, ist wenigstens eine untergeordnete und zweideutige Kunst. Wenn Plastik und Malerei sich ver- schmelzen, Kérperlichkeit und Farbe in vollem Maasse verbin-~ den wollen, gelangen sie nur zu einer geistlosen Nachahmung der Natur, wie dies bekanntlich in den Wachsfiguren in einer jedem feineren Gefihle widerstrebenden Weise geschieht. Die Poesie steht allerdings auf der Hihe des entwickelten indivi- duellen und geistigen Lebens. Aber auch fiir sie giebt es Schranken. Sie kann die Begriffe und Gefihle nicht in der Reinheit und Allgemeinheit geben wie die strengeren Kiinste; sie wird trocken und prosaisch, wenn sie dies unternimmt. Ein merkwirdiges Beispiel endlich fir die geistigen Granzen der Kiinste giebt die Oper. In ihr nahert sich die Musik nicht bloss der Poesie, sie bedient sich ihrer selbst, braucht sie als Text. Dessen ungeachtet aber wird dieser Text durch ganz andre Ge- seize bestimmt als die Poesie, durch rein musikalische. Es ist nicht bloss cin Zufall, nicht bloss eine Folge des Zurtickzie- hens der bedeutenden Dichter von diesen Arbeiten, dass die Operniexte immer schwache Poesien sind. Es entsteht noth- wendig dadurch, dass der Verfasser des Operntextes sich der Musik fiigen muss, nicht weiter gehn darf, als diese ihm ge- stattel, und daher hinter den Erfordernissen seiner Kunst zu- rlickbleibt. Der Dichter braucht héchst individualisirte Verhalt- nisse, feine’ und scharf gezeichnete moralische Ziige, der Mu- siker* muss in einer gewissen Allgemeinheit bleiben; er fihrt die Empfindung weiter aus als der Dichter, aber nur die allge- meine, er weiss die Leidenschaft zu schildern, aber keine Cha- raktere. Der Componist, der ein wahrhaft dichterisches Drama zur Oper umgestalten will, muss dariiber verzweifeln, der wahre Dichter ist nicht leicht im Stande, seine Phantasie so weit zu beschrinken, wie es die Musik erfordert. Und ahnlich, nur umgekehrt, verhalt es sich mit dem poetischen Inhalt der dra~ matischen Stufe der Malerei, der Historienmalerei. Auch sie kann die héchste Poesie nicht brauchen, sie verlangt gemassig- tere Leidenschaft, minder individualisirte Charaktere, getin- gere Verwickelungen, scharfere aber einfachere Gegensiize. Wie sehn also, es besteht eine Verschiedenheit der Kiinste ebensowohl in dem geistigen Inhalt ihrer Stoffe, als in ihren materiellen Mitteln. Es gentigt mithin nicht, wenn man zugibt, dass ,die ktinstlerischen Ideen nicht allen Kunstarten gleich formgerecht sind, dass die eine das Wort, die andre den Ton, wieder andre Stein oder Farbe verlangen*. Man muss vielmehr anerkennen, dass diese Verschiedenheit auf einem Gesetze be- ruht, dass die Kiinste in dieser Bezichung eine Stufenleiter bilden, die vom objectiv oder subjectiv Aigemeinen zu grésst- méglichster Bestimmtheit und Individualitaét aufsteigt, dass zwar oft Granzverlelzungen statifinden, dass vielleicht nur die schén- sten Kunstepochen so feinen Takt haben, um immer in den rech- ten Griinzen zu bleiben, dass man aber jede Ueberschreitung als gefahrlich erkennen und sie nicht befordern sollte. (Schluss folgt.) Ueber den Gang der christlichen Konst in Spanien. Von J. D. Passavant, (Fortsetzung.) Im siidlichen Spanien, in Sevilla, zeichneten sich als Ar- chitekten und Bildhauer des Renaissancestyls besonders Diego de Riafio und Martin de Gainza aus. Ersterer erhielt 1530 vom Capitel der Kathedrale zu Sevilla den Auftrag Plaine zu entwerfen fair die Sacristia mayor und der de los Са- Jices, so wie zu der Sala capitular. Da er indessen schon 15338 starb, so wurde Letzterer beaufiragt, nach des Riaho Pla- nen Modelle zu fertigen. Im Jahr 1535 wurden sie der Begut- achtung des Architekten der Kathedrale 2u Cordova, Ferman Ruis und dem der zu Cadix, Francisco Cumplido unter- worfen und von diesen fiir gut befunden. Im Jahr 1543 war die grosse, ganz in Quader gebaute, Sakristei mit allen ihren Sculpturen vollendet. Sie hat eine Kuppel mit Laterne, in de- ren Wélbung im Relief ein Gott Vater. In der Kuppel befinden sich die Gestalten des segnenden Heilandes mit Maria, den ein- zeln stehenden Aposteln und andern Heiligen in zwei iiberein- ander befindlichen Reihen. Im untern Theil des Kreises ist dic Holle dargestellt, wo die Teufel in lustigem Reigen tiber den armen geidngsteten Seelen schweben. In den Pentativen befin- den sich immer zwei Propheten und im Fries tiber den drei Viertheile vorstehenden Sdulen ringsherum frdhlich Tanzende und Reiter, ganz nach antiker Weise. Diese von Sculpturen strotzende Architektur ist jedoch von schéner Anordnung und ruhig in der Wirkung. Die Sala capitular wurde erst im Jahr 1561, aber mit Abweichungen vom urspriinglichen Plane vollendet. Sie ist von elliptischer Form und mit einer doppelten Sdéulenordnung, unten Dorisch oben Jonisch nach damals italienischer Weise, bekleidet. In der obern Reihe befinden sich Reliefs in Stuck mit Dar-~ stellungen aus dem alten Testament, in der Mitte die Himmel- fahrt Marié. Dieses Werk steht dem der grossen Sakristei bei weilem nach, Merkwiirdiger Weise ist die Sacristia de los Calices in einem reichen gothischen Styl ausgefiihrt, so dass, wenn die Documente dariiber kein zuverlassiges Zeugniss ge- ben, man nicht glauben kénnte, dass -zu jener Zeit Gainza in diesem Style wirde gebaut haben. Ein ausgezeichneter Bau desselben Meisiers, im Renaissancestyl vom Jahr 1541, ist die Capilla real, beinahe eine Kirche fiir sich, aber zur Kathe- drale gehérig. Auch sie ist mit Sculpturen reich geschmiickt. Ausgezeichnet ist namentlich ein Fries von einzeln stehenden Knaben, welche Lanzen und andere Gerdathschaften halten. Sie sind von etwas gedrangten Verhaltnissen, sonst schon in der Zeichnung. Das schénste Gebaude im Renaissancestyl zu Sevilla ist das Stadthaus Casa del Ayuntamento, dessen Bau Karl V im Jahr 1545 hat beginnen lassen; vollendet wurde es aber erst 1564. Der Architekt davon ist nicht bekannt, wahrscheinlich aber ein Italiener. In einem ahnlichen Styl, aber weit einfacher gehalten, ist das vor Sevilla gelegene, grosse Hospital de la Sangre nach den Plinen des Martin de Gainza und Her~ nan Ruiz im Jahr 1546 angefangen. Von dem letztern Bau- meister scheint der Plan zur Kirche gefertigt zu sein, da er in der niichternen Architektur behandelt ist, welche unter Philipp IL in Aufnahme kam und gewohnlich der Herrerastyl genannt wird, da der Architekt jenes Kinigs Juan de Herrera viele Kir- chen und Paldste in diesem Baustyl in Spanien gebaut hat. Das friihste Beispiel der Anwendung dieser massiven, der antik-ré- mischen Architektur, wie sie zuerst in Italien von Serlio und Palladio in Aufnahme kam, treffen wir an dem Palast, welchen Karl V mitten in der Alhambra hat auffiihren lassen, indem er barbarischer Weise einen Theil des alten maurischen Palastes, namentlich dessen Hauptfagade niederreissen liess. Den Plan dazu fertigte Pedro Mechuca im Jahr 1527, allein obgleich bis 1633 daran gebaut wurde, erhielt er dennoch nie seine Vollendung und ist bis auf den heutigen Tag unbewohnbar. Er bildet ein grosses Viereck, mit einem kreisformigen Hof von einer dorischen Saulenhalle umgeben, auf der eine Terrasse fir Zuschauer der Spiele, welche man in dieser Arena zu ge~ ben beabsichtigen mochte. Das Acussere des Palastes ist ein schwerfalliger Bau, von groben Profilirungen und rohen Sculp- turen. Die Arena dagegen, obgleich auch sehr massiv gehalten, erfreut durch eine feierliche Eleganz. 6 *#